Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.um zu erfahren, wo ich eigentlich sey? Ich stand Den 5ten. Mit der lieblichen kleinen Fanny, der jüngsten Ich schrieb Dir schon, daß der Milchkeller hier im- *) To come out heißt bei den jungen Mädchen in
England: in die Welt treten. Die Eltern lassen manche dieses Glück bis ins zwanzigste Jahr und noch länger erwarten. Bis dahin lernen sie die Welt nur aus Romanen kennen, und später geht es auch dar- nach, wo nicht die Häuslichkeit und Tugend (denn ein solches Ding giebt es zuweilen in England) einen zu festen Grund gelegt haben. A. d. H. um zu erfahren, wo ich eigentlich ſey? Ich ſtand Den 5ten. Mit der lieblichen kleinen Fanny, der jüngſten Ich ſchrieb Dir ſchon, daß der Milchkeller hier im- *) To come out heißt bei den jungen Mädchen in
England: in die Welt treten. Die Eltern laſſen manche dieſes Glück bis ins zwanzigſte Jahr und noch länger erwarten. Bis dahin lernen ſie die Welt nur aus Romanen kennen, und ſpäter geht es auch dar- nach, wo nicht die Häuslichkeit und Tugend (denn ein ſolches Ding giebt es zuweilen in England) einen zu feſten Grund gelegt haben. A. d. H. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0165" n="141"/> um zu erfahren, wo ich eigentlich ſey? Ich ſtand<lb/> grade über der Bucht und dem weiten ſtillen Meer,<lb/> das die ſanften <choice><sic>Bergabhȧnge</sic><corr>Bergabhänge</corr></choice> vor mir näher zu rük-<lb/> ken ſchienen als es wirklich war. Nach einiger An-<lb/> ſtrengung entdeckte ich, unter den Baumgruppen der<lb/> Ebne, auch das Schloß von K … Park, und raſch<lb/> darauf zutrabend, erreichte ich es noch zur rechten<lb/> Zeit für die Mittags-Toilette.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <opener> <dateline> <hi rendition="#et">Den 5<hi rendition="#sup">ten.</hi></hi> </dateline> </opener><lb/> <p>Mit der lieblichen kleinen Fanny, der jüngſten<lb/> Tochter des Hauſes, die noch nicht <hi rendition="#aq">out</hi> iſt, <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">To come out</hi> heißt bei den jungen Mädchen in<lb/> England: in die Welt treten. Die Eltern laſſen<lb/> manche dieſes Glück bis ins zwanzigſte Jahr und noch<lb/> länger erwarten. Bis dahin lernen ſie die Welt nur<lb/> aus Romanen kennen, und ſpäter geht es auch dar-<lb/> nach, wo nicht die Häuslichkeit und Tugend (denn<lb/> ein ſolches Ding giebt es zuweilen in England) einen<lb/> zu feſten Grund gelegt haben.<lb/><hi rendition="#et">A. d. H.</hi></note> ſpa-<lb/> zierte ich dieſen Morgen, als Alle noch ſchliefen, im<lb/> Park und Garten umher, wo ſie mir ihre <hi rendition="#aq">dairy</hi><lb/> (Milchkeller) und ihre <hi rendition="#aq">aviary</hi> (Etabliſſement für Ge-<lb/> flügel) zeigte.</p><lb/> <p>Ich ſchrieb Dir ſchon, daß der Milchkeller hier im-<lb/> mer eine der Hauptzierden jedes Parkes ausmacht<lb/> und von den Kuhſtällen ganz entfernt, für ſich, in<lb/> der Form eines eleganten Pavillons beſteht, mit Fon-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0165]
um zu erfahren, wo ich eigentlich ſey? Ich ſtand
grade über der Bucht und dem weiten ſtillen Meer,
das die ſanften Bergabhänge vor mir näher zu rük-
ken ſchienen als es wirklich war. Nach einiger An-
ſtrengung entdeckte ich, unter den Baumgruppen der
Ebne, auch das Schloß von K … Park, und raſch
darauf zutrabend, erreichte ich es noch zur rechten
Zeit für die Mittags-Toilette.
Den 5ten.
Mit der lieblichen kleinen Fanny, der jüngſten
Tochter des Hauſes, die noch nicht out iſt, *) ſpa-
zierte ich dieſen Morgen, als Alle noch ſchliefen, im
Park und Garten umher, wo ſie mir ihre dairy
(Milchkeller) und ihre aviary (Etabliſſement für Ge-
flügel) zeigte.
Ich ſchrieb Dir ſchon, daß der Milchkeller hier im-
mer eine der Hauptzierden jedes Parkes ausmacht
und von den Kuhſtällen ganz entfernt, für ſich, in
der Form eines eleganten Pavillons beſteht, mit Fon-
*) To come out heißt bei den jungen Mädchen in
England: in die Welt treten. Die Eltern laſſen
manche dieſes Glück bis ins zwanzigſte Jahr und noch
länger erwarten. Bis dahin lernen ſie die Welt nur
aus Romanen kennen, und ſpäter geht es auch dar-
nach, wo nicht die Häuslichkeit und Tugend (denn
ein ſolches Ding giebt es zuweilen in England) einen
zu feſten Grund gelegt haben.
A. d. H.
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