ich an ein großes rundes Gebäude, wo das Volk sich drängte, und Wache vor dem Eingang stand. Auf meine Nachfrage erfuhr ich, daß hier die jährliche Ausstellung von Blumen und Früchten statt finde. Man trug die ersteren zum Theil schon hinweg, als ich eintrat, demohngeachtet sah ich noch viel ausge- zeichnet schöne Exemplare. In der Mitte dieser Blu- men, die eine Art Tempel bildeten, befand sich ein durch Barrieren verschlossener Raum für die Früchte, welche zwölf daselbst sitzende Richter mit Wohlbehagen und ernster Amtsmiene schmatzend verzehrten, um zu entscheiden, welcher von ihnen die ausgesetzten Preise zukämen. Sie mußten lange unschlüssig gewesen seyn, denn Melonen, Birnen und Aepfelschalen, Ueberbleib- fel von Ananas, Pfirsich-, Pflaumen- und Aprikosen- kerne bildeten Berge auf den danebenstehenden Ti- schen, und obgleich die Blumen von den Eigenthü- mern nach und nach alle fortgeschafft wurden, so schien doch keine der Früchte ihren Ausgang aus dem Pomonatempel wieder zu finden.
Den 12ten.
Da ich nichts anderes zu thun wußte (denn alle notablen Bewohner der Stadt sind auf dem Lande) so besah ich eine Menge show places. Zuerst das Schloß, wo der Vicekönig wenn er hier ist, residirt, und dessen ärmliche Staatszimmer, mit groben Bret- terdielen, nicht viel Anziehendes darbieten. Schöner
ich an ein großes rundes Gebäude, wo das Volk ſich drängte, und Wache vor dem Eingang ſtand. Auf meine Nachfrage erfuhr ich, daß hier die jährliche Ausſtellung von Blumen und Früchten ſtatt finde. Man trug die erſteren zum Theil ſchon hinweg, als ich eintrat, demohngeachtet ſah ich noch viel ausge- zeichnet ſchöne Exemplare. In der Mitte dieſer Blu- men, die eine Art Tempel bildeten, befand ſich ein durch Barrieren verſchloſſener Raum für die Früchte, welche zwölf daſelbſt ſitzende Richter mit Wohlbehagen und ernſter Amtsmiene ſchmatzend verzehrten, um zu entſcheiden, welcher von ihnen die ausgeſetzten Preiſe zukämen. Sie mußten lange unſchlüſſig geweſen ſeyn, denn Melonen, Birnen und Aepfelſchalen, Ueberbleib- fel von Ananas, Pfirſich-, Pflaumen- und Aprikoſen- kerne bildeten Berge auf den danebenſtehenden Ti- ſchen, und obgleich die Blumen von den Eigenthü- mern nach und nach alle fortgeſchafft wurden, ſo ſchien doch keine der Früchte ihren Ausgang aus dem Pomonatempel wieder zu finden.
Den 12ten.
Da ich nichts anderes zu thun wußte (denn alle notablen Bewohner der Stadt ſind auf dem Lande) ſo beſah ich eine Menge show places. Zuerſt das Schloß, wo der Vicekönig wenn er hier iſt, reſidirt, und deſſen ärmliche Staatszimmer, mit groben Bret- terdielen, nicht viel Anziehendes darbieten. Schöner
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0180"n="156"/>
ich an ein großes rundes Gebäude, wo das Volk ſich<lb/>
drängte, und Wache vor dem Eingang ſtand. Auf<lb/>
meine Nachfrage erfuhr ich, daß hier die jährliche<lb/>
Ausſtellung von Blumen und Früchten ſtatt finde.<lb/>
Man trug die erſteren zum Theil ſchon hinweg, als<lb/>
ich eintrat, demohngeachtet ſah ich noch viel ausge-<lb/>
zeichnet ſchöne Exemplare. In der Mitte dieſer Blu-<lb/>
men, die eine Art Tempel bildeten, befand ſich ein<lb/>
durch Barrieren verſchloſſener Raum für die Früchte,<lb/>
welche zwölf daſelbſt ſitzende Richter mit Wohlbehagen<lb/>
und ernſter Amtsmiene ſchmatzend verzehrten, um zu<lb/>
entſcheiden, welcher von ihnen die ausgeſetzten Preiſe<lb/>
zukämen. Sie mußten lange unſchlüſſig geweſen ſeyn,<lb/>
denn Melonen, Birnen und Aepfelſchalen, Ueberbleib-<lb/>
fel von Ananas, Pfirſich-, Pflaumen- und Aprikoſen-<lb/>
kerne bildeten Berge auf den danebenſtehenden Ti-<lb/>ſchen, und obgleich die Blumen von den Eigenthü-<lb/>
mern nach und nach alle fortgeſchafft wurden, ſo<lb/>ſchien doch keine der Früchte ihren Ausgang aus dem<lb/>
Pomonatempel wieder zu finden.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 12<hirendition="#sup">ten.</hi></hi></dateline></opener><lb/><p>Da ich nichts anderes zu thun wußte (denn alle<lb/>
notablen Bewohner der Stadt ſind auf dem Lande)<lb/>ſo beſah ich eine Menge <hirendition="#aq">show places</hi>. Zuerſt das<lb/>
Schloß, wo der Vicekönig wenn er hier iſt, reſidirt,<lb/>
und deſſen ärmliche Staatszimmer, mit groben Bret-<lb/>
terdielen, nicht viel Anziehendes darbieten. Schöner<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[156/0180]
ich an ein großes rundes Gebäude, wo das Volk ſich
drängte, und Wache vor dem Eingang ſtand. Auf
meine Nachfrage erfuhr ich, daß hier die jährliche
Ausſtellung von Blumen und Früchten ſtatt finde.
Man trug die erſteren zum Theil ſchon hinweg, als
ich eintrat, demohngeachtet ſah ich noch viel ausge-
zeichnet ſchöne Exemplare. In der Mitte dieſer Blu-
men, die eine Art Tempel bildeten, befand ſich ein
durch Barrieren verſchloſſener Raum für die Früchte,
welche zwölf daſelbſt ſitzende Richter mit Wohlbehagen
und ernſter Amtsmiene ſchmatzend verzehrten, um zu
entſcheiden, welcher von ihnen die ausgeſetzten Preiſe
zukämen. Sie mußten lange unſchlüſſig geweſen ſeyn,
denn Melonen, Birnen und Aepfelſchalen, Ueberbleib-
fel von Ananas, Pfirſich-, Pflaumen- und Aprikoſen-
kerne bildeten Berge auf den danebenſtehenden Ti-
ſchen, und obgleich die Blumen von den Eigenthü-
mern nach und nach alle fortgeſchafft wurden, ſo
ſchien doch keine der Früchte ihren Ausgang aus dem
Pomonatempel wieder zu finden.
Den 12ten.
Da ich nichts anderes zu thun wußte (denn alle
notablen Bewohner der Stadt ſind auf dem Lande)
ſo beſah ich eine Menge show places. Zuerſt das
Schloß, wo der Vicekönig wenn er hier iſt, reſidirt,
und deſſen ärmliche Staatszimmer, mit groben Bret-
terdielen, nicht viel Anziehendes darbieten. Schöner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/180>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.