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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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der jung werden und aussehn! Auch ich fange schon
an dies zu spüren, doch nur da, wo mir die Ketten
der Welt angelegt sind -- bin ich mit meinem Gott
und der Natur allein, so kann selbst der dunkelste
Horizont des Lebens meine innere Sonne noch nicht
verfinstern.

Ich frühstückte heute auf dem Lande bei einer sehr
gefeierten jungen Dame, mit der schon erwähnten
Lady B. Der Hausherr gab Migraine vor, und ich
mußte daher allein mit den Damen einen langen
Spaziergang in den Anlagen machen. Als wir je-
doch an das Gartenthor kamen, welches uns in die
schönste Waldparthie führen sollte, war es verschlos-
sen, und kein Schlüssel zu bekommen, da nach Ver-
sicherung des alten Gärtners, die Kammerjungfer
der gnädigen Frau hereingegangen und ihn abgezo-
gen habe. Ein Diener mußte über die Mauer sprin-
gen, um die Schuldige aufzusuchen, kam aber unver-
richteter Sache zurück. Nun ließ ich eine Leiter brin-
gen, und vermochte die lachenden Weiber hinüber
zu klettern, wobei sie sich sehr ungeschickt anstellten,
aber doch allerliebst ausnahmen. Nach einer Viertel-
stunde begegneten wir dem unglücklichen Kammer-
mädchen, und zwar, da sie sich sicher glaubte --
nicht allein, man kann sich denken in wessen Gesell-
schaft. -- Eine stumme häusliche Scene erfolgte,
und zu gutmüthig um zu lachen, that es mir von
Herzen leid, durch meine Leiter solches Unglück an-
gerichtet zu haben. Ich refüsirte das Diner, und
eilte in die Stadt zurück, um Lady M . . . . . zu

der jung werden und ausſehn! Auch ich fange ſchon
an dies zu ſpüren, doch nur da, wo mir die Ketten
der Welt angelegt ſind — bin ich mit meinem Gott
und der Natur allein, ſo kann ſelbſt der dunkelſte
Horizont des Lebens meine innere Sonne noch nicht
verfinſtern.

Ich frühſtückte heute auf dem Lande bei einer ſehr
gefeierten jungen Dame, mit der ſchon erwähnten
Lady B. Der Hausherr gab Migraine vor, und ich
mußte daher allein mit den Damen einen langen
Spaziergang in den Anlagen machen. Als wir je-
doch an das Gartenthor kamen, welches uns in die
ſchönſte Waldparthie führen ſollte, war es verſchloſ-
ſen, und kein Schlüſſel zu bekommen, da nach Ver-
ſicherung des alten Gärtners, die Kammerjungfer
der gnädigen Frau hereingegangen und ihn abgezo-
gen habe. Ein Diener mußte über die Mauer ſprin-
gen, um die Schuldige aufzuſuchen, kam aber unver-
richteter Sache zurück. Nun ließ ich eine Leiter brin-
gen, und vermochte die lachenden Weiber hinüber
zu klettern, wobei ſie ſich ſehr ungeſchickt anſtellten,
aber doch allerliebſt ausnahmen. Nach einer Viertel-
ſtunde begegneten wir dem unglücklichen Kammer-
mädchen, und zwar, da ſie ſich ſicher glaubte —
nicht allein, man kann ſich denken in weſſen Geſell-
ſchaft. — Eine ſtumme häusliche Scene erfolgte,
und zu gutmüthig um zu lachen, that es mir von
Herzen leid, durch meine Leiter ſolches Unglück an-
gerichtet zu haben. Ich refüſirte das Diner, und
eilte in die Stadt zurück, um Lady M . . . . . zu

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[171/0195] der jung werden und ausſehn! Auch ich fange ſchon an dies zu ſpüren, doch nur da, wo mir die Ketten der Welt angelegt ſind — bin ich mit meinem Gott und der Natur allein, ſo kann ſelbſt der dunkelſte Horizont des Lebens meine innere Sonne noch nicht verfinſtern. Ich frühſtückte heute auf dem Lande bei einer ſehr gefeierten jungen Dame, mit der ſchon erwähnten Lady B. Der Hausherr gab Migraine vor, und ich mußte daher allein mit den Damen einen langen Spaziergang in den Anlagen machen. Als wir je- doch an das Gartenthor kamen, welches uns in die ſchönſte Waldparthie führen ſollte, war es verſchloſ- ſen, und kein Schlüſſel zu bekommen, da nach Ver- ſicherung des alten Gärtners, die Kammerjungfer der gnädigen Frau hereingegangen und ihn abgezo- gen habe. Ein Diener mußte über die Mauer ſprin- gen, um die Schuldige aufzuſuchen, kam aber unver- richteter Sache zurück. Nun ließ ich eine Leiter brin- gen, und vermochte die lachenden Weiber hinüber zu klettern, wobei ſie ſich ſehr ungeſchickt anſtellten, aber doch allerliebſt ausnahmen. Nach einer Viertel- ſtunde begegneten wir dem unglücklichen Kammer- mädchen, und zwar, da ſie ſich ſicher glaubte — nicht allein, man kann ſich denken in weſſen Geſell- ſchaft. — Eine ſtumme häusliche Scene erfolgte, und zu gutmüthig um zu lachen, that es mir von Herzen leid, durch meine Leiter ſolches Unglück an- gerichtet zu haben. Ich refüſirte das Diner, und eilte in die Stadt zurück, um Lady M . . . . . zu

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/195>, abgerufen am 21.11.2024.