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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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doch erwähnen, was der bekannte Ausdruck "Gentleman"
eigentlich sagen will, da die Bedeutung welche man
ihm im Lande giebt, die Engländer ungemein gut
charakterisirt. Ein Gentleman heißt weder ein Edel-
mann, noch ein edler Mann, sondern, wenn man es
streng betrachtet, *) nur: ein durch Vermögen, und
genaue Bekanntschaft mit den Gebräuchen der guten
Gesellschaft unabhängiger Mann. Wer dem Pu-
blikum in irgend einer Art dient, oder für dasselbe
arbeitet, höhere Staatsdiener und etwa Dichter und
Künstler erster Cathegorie ausgenommen, ist kein,
oder höchstens nur zur Hälfte Gentleman. Ich war
noch vor kurzem sehr erstaunt, einen bekannten Herrn,
den wenigstens alle Pferdeliebhaber im In- und Aus-
lande kennen, der reich ist, mit manchem Herzog und
Lord auf vertrautem Fuße steht, und überhaupt recht
viel Ansehn genießt, aber dennoch wöchentlich in einer
großen Anstalt Pferde verauctionirt, wodurch er dem
Publikum gewissermaßen verpflichtet wird -- von sich
selbst sagen zu hören: "Ich kann nicht begreifen, wie
"mir der Herzog von B ... den Auftrag geben konnte,
"dem Grafen M ... eine Ausforderung zu überrei-
"chen, dazu hätte er einen Gentleman wählen
"müssen -- meine Sache ist so etwas nicht."

Ein wirklich armer Mann, der auch keine Schul-
den zu machen im Stande ist, kann unter keiner Be-

*) (Denn im Allgemeinen wird freilich jeder anständig er-
scheinende Mann ein Gentleman genannt.)
A. d. H.

doch erwähnen, was der bekannte Ausdruck „Gentleman“
eigentlich ſagen will, da die Bedeutung welche man
ihm im Lande giebt, die Engländer ungemein gut
charakteriſirt. Ein Gentleman heißt weder ein Edel-
mann, noch ein edler Mann, ſondern, wenn man es
ſtreng betrachtet, *) nur: ein durch Vermögen, und
genaue Bekanntſchaft mit den Gebräuchen der guten
Geſellſchaft unabhängiger Mann. Wer dem Pu-
blikum in irgend einer Art dient, oder für daſſelbe
arbeitet, höhere Staatsdiener und etwa Dichter und
Künſtler erſter Cathegorie ausgenommen, iſt kein,
oder höchſtens nur zur Hälfte Gentleman. Ich war
noch vor kurzem ſehr erſtaunt, einen bekannten Herrn,
den wenigſtens alle Pferdeliebhaber im In- und Aus-
lande kennen, der reich iſt, mit manchem Herzog und
Lord auf vertrautem Fuße ſteht, und überhaupt recht
viel Anſehn genießt, aber dennoch wöchentlich in einer
großen Anſtalt Pferde verauctionirt, wodurch er dem
Publikum gewiſſermaßen verpflichtet wird — von ſich
ſelbſt ſagen zu hören: „Ich kann nicht begreifen, wie
„mir der Herzog von B … den Auftrag geben konnte,
„dem Grafen M … eine Ausforderung zu überrei-
„chen, dazu hätte er einen Gentleman wählen
„müſſen — meine Sache iſt ſo etwas nicht.“

Ein wirklich armer Mann, der auch keine Schul-
den zu machen im Stande iſt, kann unter keiner Be-

*) (Denn im Allgemeinen wird freilich jeder anſtändig er-
ſcheinende Mann ein Gentleman genannt.)
A. d. H.
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[186/0210] doch erwähnen, was der bekannte Ausdruck „Gentleman“ eigentlich ſagen will, da die Bedeutung welche man ihm im Lande giebt, die Engländer ungemein gut charakteriſirt. Ein Gentleman heißt weder ein Edel- mann, noch ein edler Mann, ſondern, wenn man es ſtreng betrachtet, *) nur: ein durch Vermögen, und genaue Bekanntſchaft mit den Gebräuchen der guten Geſellſchaft unabhängiger Mann. Wer dem Pu- blikum in irgend einer Art dient, oder für daſſelbe arbeitet, höhere Staatsdiener und etwa Dichter und Künſtler erſter Cathegorie ausgenommen, iſt kein, oder höchſtens nur zur Hälfte Gentleman. Ich war noch vor kurzem ſehr erſtaunt, einen bekannten Herrn, den wenigſtens alle Pferdeliebhaber im In- und Aus- lande kennen, der reich iſt, mit manchem Herzog und Lord auf vertrautem Fuße ſteht, und überhaupt recht viel Anſehn genießt, aber dennoch wöchentlich in einer großen Anſtalt Pferde verauctionirt, wodurch er dem Publikum gewiſſermaßen verpflichtet wird — von ſich ſelbſt ſagen zu hören: „Ich kann nicht begreifen, wie „mir der Herzog von B … den Auftrag geben konnte, „dem Grafen M … eine Ausforderung zu überrei- „chen, dazu hätte er einen Gentleman wählen „müſſen — meine Sache iſt ſo etwas nicht.“ Ein wirklich armer Mann, der auch keine Schul- den zu machen im Stande iſt, kann unter keiner Be- *) (Denn im Allgemeinen wird freilich jeder anſtändig er- ſcheinende Mann ein Gentleman genannt.) A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/210>, abgerufen am 25.11.2024.