Besinnung nicht wieder, und wurde vom gegenwär- tigen Chirurgus für hoffnunglos erklärt, da Brust- knochen und Schädel zerschmettert waren. Sein al- ter Vater, der dabei stand als das Unglück geschah, fiel ohnmächtig auf den Boden, und seine Schwester warf sich über den zitternden, aber bewußtlosen Körper, dem der Schaum auf dem Munde stand, mit herzzerbrechendem Wehklagen hin. Dagegen war die allgemeine Theilnahme sehr gering. Nachdem man schnell dem armen jungen Mann mehrmals zur Ader gelassen, so daß er auf dem Rasen ganz in sei- nem Blute schwamm, schaffte man ihn weg, und das race begann von Neuem zu der bestimmten Zeit, als wenn nichts vorgefallen wäre. Der braune Mann war im vorigen Rennen der erste gewesen, und hoffte jetzt den entscheidenden und letzten Lauf zu be- ginnen. Es war was die Engländer ein hartes race nennen. Beide, Pferde und Reiter, machten ihre Sache vortrefflich, liefen und sprangen fast wie in Reih und Glied. Nur um einen Viertelspferdekopf kam endlich Killarney am Ziele vor. Es mußte also noch einmal gerannt werden. Dieser letzte Contest war natürlich der interessanteste, da nun einer von Beiden das Ganze gewinnen mußte, und gab Ge- legenheit zu großen Wetten, die im Anfang al pari standen. Zweimal schien der Sieg entschieden und endigte dennoch entgegengesetzt. Beim ersten Sprung, waren beide Pferde neben einander. Ehe sie aber an den zweiten kamen, sah man daß das braune matt wurde, und Killarney so viel Terrain gewann,
Beſinnung nicht wieder, und wurde vom gegenwär- tigen Chirurgus für hoffnunglos erklärt, da Bruſt- knochen und Schädel zerſchmettert waren. Sein al- ter Vater, der dabei ſtand als das Unglück geſchah, fiel ohnmächtig auf den Boden, und ſeine Schweſter warf ſich über den zitternden, aber bewußtloſen Körper, dem der Schaum auf dem Munde ſtand, mit herzzerbrechendem Wehklagen hin. Dagegen war die allgemeine Theilnahme ſehr gering. Nachdem man ſchnell dem armen jungen Mann mehrmals zur Ader gelaſſen, ſo daß er auf dem Raſen ganz in ſei- nem Blute ſchwamm, ſchaffte man ihn weg, und das race begann von Neuem zu der beſtimmten Zeit, als wenn nichts vorgefallen wäre. Der braune Mann war im vorigen Rennen der erſte geweſen, und hoffte jetzt den entſcheidenden und letzten Lauf zu be- ginnen. Es war was die Engländer ein hartes race nennen. Beide, Pferde und Reiter, machten ihre Sache vortrefflich, liefen und ſprangen faſt wie in Reih und Glied. Nur um einen Viertelspferdekopf kam endlich Killarney am Ziele vor. Es mußte alſo noch einmal gerannt werden. Dieſer letzte Conteſt war natürlich der intereſſanteſte, da nun einer von Beiden das Ganze gewinnen mußte, und gab Ge- legenheit zu großen Wetten, die im Anfang al pari ſtanden. Zweimal ſchien der Sieg entſchieden und endigte dennoch entgegengeſetzt. Beim erſten Sprung, waren beide Pferde neben einander. Ehe ſie aber an den zweiten kamen, ſah man daß das braune matt wurde, und Killarney ſo viel Terrain gewann,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="230"/>
Beſinnung nicht wieder, und wurde vom gegenwär-<lb/>
tigen Chirurgus für hoffnunglos erklärt, da Bruſt-<lb/>
knochen und Schädel zerſchmettert waren. Sein al-<lb/>
ter Vater, der dabei ſtand als das Unglück geſchah,<lb/>
fiel ohnmächtig auf den Boden, und ſeine Schweſter<lb/>
warf ſich über den zitternden, aber bewußtloſen<lb/>
Körper, dem der Schaum auf dem Munde ſtand,<lb/>
mit herzzerbrechendem Wehklagen hin. Dagegen war<lb/>
die allgemeine Theilnahme ſehr gering. Nachdem<lb/>
man ſchnell dem armen jungen Mann mehrmals zur<lb/>
Ader gelaſſen, ſo daß er auf dem Raſen ganz in ſei-<lb/>
nem Blute ſchwamm, ſchaffte man ihn weg, und das<lb/><hirendition="#aq">race</hi> begann von Neuem zu der beſtimmten Zeit, als<lb/>
wenn nichts vorgefallen wäre. Der braune Mann<lb/>
war im vorigen Rennen der erſte geweſen, und<lb/>
hoffte jetzt den entſcheidenden und letzten Lauf zu be-<lb/>
ginnen. Es war was die Engländer ein hartes <hirendition="#aq">race</hi><lb/>
nennen. Beide, Pferde und Reiter, machten ihre<lb/>
Sache vortrefflich, liefen und ſprangen faſt wie in<lb/>
Reih und Glied. Nur um einen Viertelspferdekopf<lb/>
kam endlich Killarney am Ziele vor. Es mußte alſo<lb/>
noch einmal gerannt werden. Dieſer letzte Conteſt<lb/>
war natürlich der intereſſanteſte, da nun einer von<lb/>
Beiden das Ganze gewinnen <hirendition="#g">mußte</hi>, und gab Ge-<lb/>
legenheit zu großen Wetten, die im Anfang <hirendition="#aq">al pari</hi><lb/>ſtanden. Zweimal ſchien der Sieg entſchieden und<lb/>
endigte dennoch entgegengeſetzt. Beim erſten Sprung,<lb/>
waren beide Pferde neben einander. Ehe ſie aber<lb/>
an den zweiten kamen, ſah man daß das braune<lb/>
matt wurde, und Killarney ſo viel Terrain gewann,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[230/0254]
Beſinnung nicht wieder, und wurde vom gegenwär-
tigen Chirurgus für hoffnunglos erklärt, da Bruſt-
knochen und Schädel zerſchmettert waren. Sein al-
ter Vater, der dabei ſtand als das Unglück geſchah,
fiel ohnmächtig auf den Boden, und ſeine Schweſter
warf ſich über den zitternden, aber bewußtloſen
Körper, dem der Schaum auf dem Munde ſtand,
mit herzzerbrechendem Wehklagen hin. Dagegen war
die allgemeine Theilnahme ſehr gering. Nachdem
man ſchnell dem armen jungen Mann mehrmals zur
Ader gelaſſen, ſo daß er auf dem Raſen ganz in ſei-
nem Blute ſchwamm, ſchaffte man ihn weg, und das
race begann von Neuem zu der beſtimmten Zeit, als
wenn nichts vorgefallen wäre. Der braune Mann
war im vorigen Rennen der erſte geweſen, und
hoffte jetzt den entſcheidenden und letzten Lauf zu be-
ginnen. Es war was die Engländer ein hartes race
nennen. Beide, Pferde und Reiter, machten ihre
Sache vortrefflich, liefen und ſprangen faſt wie in
Reih und Glied. Nur um einen Viertelspferdekopf
kam endlich Killarney am Ziele vor. Es mußte alſo
noch einmal gerannt werden. Dieſer letzte Conteſt
war natürlich der intereſſanteſte, da nun einer von
Beiden das Ganze gewinnen mußte, und gab Ge-
legenheit zu großen Wetten, die im Anfang al pari
ſtanden. Zweimal ſchien der Sieg entſchieden und
endigte dennoch entgegengeſetzt. Beim erſten Sprung,
waren beide Pferde neben einander. Ehe ſie aber
an den zweiten kamen, ſah man daß das braune
matt wurde, und Killarney ſo viel Terrain gewann,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/254>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.