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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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ren von der köstlichen Art, die angeboren ist, und
daher eben so sicher in Paris, wie in Peking, in
der Stadt, wie auf dem Dorfe, gefallen muß. Die
größte Erfahrung könnte nicht mehr Gewandheit
geben, und kein Mädchen von 15 Jahren lieblicher
erröthen, und freudiger scherzen. Demohngeachtet
war ihr Leben das einfachste gewesen, und ihre Ju-
gend mehr noch die unverblühbare der Seele, als
die des Körpers, denn sie war Mutter von 4 Kin-
dern, den Dreißigen ziemlich nahe, und eben jetzt
erst, kaum von einer ihr Leben bedrohenden Brust-
krankheit genesen. Aber das Feuer aller ihrer Be-
wegungen, die blitzesschnelle Lebhaftigkeit ihrer Un-
terhaltung, waren ganz jugendlich frisch, und rissen
jugendlich hin, indem sie zugleich der innern Sanft-
muth ihres Wesens einen unwiderstehlichen Reiz
gaben. Man fühlte, daß diese Natur unter einer
heißeren und glücklicheren Sonne, auf einem üppige-
ren Flecke der Erde, als unsere Nebelländer es sind,
geboren war! Auch empfand sie selbst die wehmü-
thigste Sehnsucht nach dieser Heimath, und Schmerz
verbreitete sich augenblicklich über alle ihre Züge,
als sie erwähnte, daß sie wohl nie jene linde, von
Wohlgerüchen geschwängerte Luft, wieder einathmen
würde. Ich war zu sehr in ihrem Anblick verloren,
um an leibliche Nahrung zu denken, wenn sie nicht
selbst, mit aller gütigen Emsigkeit einer Haus-
frau, Anstalt gemacht hätte, uns in ihrer kleinen
Hütte, so gut es sich thun ließ, zu bewirthen. Man
deckte nun einen Tisch in derselben Stube, so daß

ren von der köſtlichen Art, die angeboren iſt, und
daher eben ſo ſicher in Paris, wie in Peking, in
der Stadt, wie auf dem Dorfe, gefallen muß. Die
größte Erfahrung könnte nicht mehr Gewandheit
geben, und kein Mädchen von 15 Jahren lieblicher
erröthen, und freudiger ſcherzen. Demohngeachtet
war ihr Leben das einfachſte geweſen, und ihre Ju-
gend mehr noch die unverblühbare der Seele, als
die des Körpers, denn ſie war Mutter von 4 Kin-
dern, den Dreißigen ziemlich nahe, und eben jetzt
erſt, kaum von einer ihr Leben bedrohenden Bruſt-
krankheit geneſen. Aber das Feuer aller ihrer Be-
wegungen, die blitzesſchnelle Lebhaftigkeit ihrer Un-
terhaltung, waren ganz jugendlich friſch, und riſſen
jugendlich hin, indem ſie zugleich der innern Sanft-
muth ihres Weſens einen unwiderſtehlichen Reiz
gaben. Man fühlte, daß dieſe Natur unter einer
heißeren und glücklicheren Sonne, auf einem üppige-
ren Flecke der Erde, als unſere Nebelländer es ſind,
geboren war! Auch empfand ſie ſelbſt die wehmü-
thigſte Sehnſucht nach dieſer Heimath, und Schmerz
verbreitete ſich augenblicklich über alle ihre Züge,
als ſie erwähnte, daß ſie wohl nie jene linde, von
Wohlgerüchen geſchwängerte Luft, wieder einathmen
würde. Ich war zu ſehr in ihrem Anblick verloren,
um an leibliche Nahrung zu denken, wenn ſie nicht
ſelbſt, mit aller gütigen Emſigkeit einer Haus-
frau, Anſtalt gemacht hätte, uns in ihrer kleinen
Hütte, ſo gut es ſich thun ließ, zu bewirthen. Man
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[233/0257] ren von der köſtlichen Art, die angeboren iſt, und daher eben ſo ſicher in Paris, wie in Peking, in der Stadt, wie auf dem Dorfe, gefallen muß. Die größte Erfahrung könnte nicht mehr Gewandheit geben, und kein Mädchen von 15 Jahren lieblicher erröthen, und freudiger ſcherzen. Demohngeachtet war ihr Leben das einfachſte geweſen, und ihre Ju- gend mehr noch die unverblühbare der Seele, als die des Körpers, denn ſie war Mutter von 4 Kin- dern, den Dreißigen ziemlich nahe, und eben jetzt erſt, kaum von einer ihr Leben bedrohenden Bruſt- krankheit geneſen. Aber das Feuer aller ihrer Be- wegungen, die blitzesſchnelle Lebhaftigkeit ihrer Un- terhaltung, waren ganz jugendlich friſch, und riſſen jugendlich hin, indem ſie zugleich der innern Sanft- muth ihres Weſens einen unwiderſtehlichen Reiz gaben. Man fühlte, daß dieſe Natur unter einer heißeren und glücklicheren Sonne, auf einem üppige- ren Flecke der Erde, als unſere Nebelländer es ſind, geboren war! Auch empfand ſie ſelbſt die wehmü- thigſte Sehnſucht nach dieſer Heimath, und Schmerz verbreitete ſich augenblicklich über alle ihre Züge, als ſie erwähnte, daß ſie wohl nie jene linde, von Wohlgerüchen geſchwängerte Luft, wieder einathmen würde. Ich war zu ſehr in ihrem Anblick verloren, um an leibliche Nahrung zu denken, wenn ſie nicht ſelbſt, mit aller gütigen Emſigkeit einer Haus- frau, Anſtalt gemacht hätte, uns in ihrer kleinen Hütte, ſo gut es ſich thun ließ, zu bewirthen. Man deckte nun einen Tiſch in derſelben Stube, ſo daß

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/257>, abgerufen am 21.11.2024.