Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

min darunter mit doppelter Behaglichkeit anblickte.
Ein schöner und unzweifelhafter Rubens, den Fisch-
zug Petri vorstellend, zeichnete sich durch eine Selt-
samkeit aus. Der in ein grünes Gewand gekleidete
Petrus trägt nämlich eine scharlachrothe Perücke,
und dennoch stört sie den Totaleindruck nicht. Sie
wirkt wie eine Glorie, das Licht um sich vertheilend.
Es scheint ein Kunststück des Malers, vielleicht in
Folge eines Scherzes unternommen, pour prouver
la difficulte vaincaue
. Eine sehr fleißige Landschaft
auf Holz, von unbekannter Hand, befand sich früher
in der Privatsammlung Carl des I., dessen Chiffre
und Namen, mit der Krone darüber, man auf der
Rückseite noch deutlich eingebrannt sieht. Als den
Juwel der ganzen Sammlung betrachte ich aber ein
Gemälde Rembrandt's, wie man glaubt, das Por-
trait eines asiatischen Juden, aber zugleich das Ideal
eines Solchen darstellend. Die Wirklichkeit dieser
Augen, und das Sengende ihres Blickes, ist fast er-
schreckend; das Unheimliche und doch Erhabne des
Ganzen wird noch durch die nachgedunkelte Schwärze
des übrigen Bildes vermehrt, aus welchem der glüh-
äugige Kopf, mit dem satanisch lächelnden Munde,
wie aus ägyptischer Nacht scheuchend herausschaut *).
Nach dem Frühstück produzirte man mehrere Jagd-
und Rennpferde, wo wir uns mit Reitexercizien vor

*) Wenn einer der Rothschilde so aussähe, würde er ge-
wiß König von Jerusalem, und Salomo's Thron
stünde nicht mehr leer.

min darunter mit doppelter Behaglichkeit anblickte.
Ein ſchöner und unzweifelhafter Rubens, den Fiſch-
zug Petri vorſtellend, zeichnete ſich durch eine Selt-
ſamkeit aus. Der in ein grünes Gewand gekleidete
Petrus trägt nämlich eine ſcharlachrothe Perücke,
und dennoch ſtört ſie den Totaleindruck nicht. Sie
wirkt wie eine Glorie, das Licht um ſich vertheilend.
Es ſcheint ein Kunſtſtück des Malers, vielleicht in
Folge eines Scherzes unternommen, pour prouver
la difficulté vaincûe
. Eine ſehr fleißige Landſchaft
auf Holz, von unbekannter Hand, befand ſich früher
in der Privatſammlung Carl des I., deſſen Chiffre
und Namen, mit der Krone darüber, man auf der
Rückſeite noch deutlich eingebrannt ſieht. Als den
Juwel der ganzen Sammlung betrachte ich aber ein
Gemälde Rembrandt’s, wie man glaubt, das Por-
trait eines aſiatiſchen Juden, aber zugleich das Ideal
eines Solchen darſtellend. Die Wirklichkeit dieſer
Augen, und das Sengende ihres Blickes, iſt faſt er-
ſchreckend; das Unheimliche und doch Erhabne des
Ganzen wird noch durch die nachgedunkelte Schwärze
des übrigen Bildes vermehrt, aus welchem der glüh-
äugige Kopf, mit dem ſataniſch lächelnden Munde,
wie aus ägyptiſcher Nacht ſcheuchend herausſchaut *).
Nach dem Frühſtück produzirte man mehrere Jagd-
und Rennpferde, wo wir uns mit Reitexercizien vor

*) Wenn einer der Rothſchilde ſo ausſähe, würde er ge-
wiß König von Jeruſalem, und Salomo’s Thron
ſtünde nicht mehr leer.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0286" n="262"/>
min darunter mit doppelter Behaglichkeit anblickte.<lb/>
Ein &#x017F;chöner und unzweifelhafter Rubens, den Fi&#x017F;ch-<lb/>
zug Petri vor&#x017F;tellend, zeichnete &#x017F;ich durch eine Selt-<lb/>
&#x017F;amkeit aus. Der in ein grünes Gewand gekleidete<lb/>
Petrus trägt nämlich eine <hi rendition="#g">&#x017F;charlachr</hi>othe Perücke,<lb/>
und dennoch &#x017F;tört &#x017F;ie den Totaleindruck nicht. Sie<lb/>
wirkt wie eine Glorie, das Licht um &#x017F;ich vertheilend.<lb/>
Es &#x017F;cheint ein Kun&#x017F;t&#x017F;tück des Malers, vielleicht in<lb/>
Folge eines Scherzes unternommen, <hi rendition="#aq">pour prouver<lb/>
la difficulté vaincûe</hi>. Eine &#x017F;ehr fleißige Land&#x017F;chaft<lb/>
auf Holz, von unbekannter Hand, befand &#x017F;ich früher<lb/>
in der Privat&#x017F;ammlung Carl des <hi rendition="#aq">I.</hi>, de&#x017F;&#x017F;en Chiffre<lb/>
und Namen, mit der Krone darüber, man auf der<lb/>
Rück&#x017F;eite noch deutlich eingebrannt &#x017F;ieht. Als den<lb/>
Juwel der ganzen Sammlung betrachte ich aber ein<lb/>
Gemälde Rembrandt&#x2019;s, wie man glaubt, das Por-<lb/>
trait eines a&#x017F;iati&#x017F;chen Juden, aber zugleich das Ideal<lb/>
eines Solchen dar&#x017F;tellend. Die Wirklichkeit die&#x017F;er<lb/>
Augen, und das Sengende ihres Blickes, i&#x017F;t fa&#x017F;t er-<lb/>
&#x017F;chreckend; das Unheimliche und doch Erhabne des<lb/>
Ganzen wird noch durch die nachgedunkelte Schwärze<lb/>
des übrigen Bildes vermehrt, aus welchem der glüh-<lb/>
äugige Kopf, mit dem &#x017F;atani&#x017F;ch lächelnden Munde,<lb/>
wie aus ägypti&#x017F;cher Nacht &#x017F;cheuchend heraus&#x017F;chaut <note place="foot" n="*)">Wenn einer der Roth&#x017F;childe &#x017F;o aus&#x017F;ähe, würde er ge-<lb/>
wiß König von Jeru&#x017F;alem, und Salomo&#x2019;s Thron<lb/>
&#x017F;tünde nicht mehr leer.</note>.<lb/>
Nach dem Früh&#x017F;tück produzirte man mehrere Jagd-<lb/>
und Rennpferde, wo wir uns mit Reitexercizien vor<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0286] min darunter mit doppelter Behaglichkeit anblickte. Ein ſchöner und unzweifelhafter Rubens, den Fiſch- zug Petri vorſtellend, zeichnete ſich durch eine Selt- ſamkeit aus. Der in ein grünes Gewand gekleidete Petrus trägt nämlich eine ſcharlachrothe Perücke, und dennoch ſtört ſie den Totaleindruck nicht. Sie wirkt wie eine Glorie, das Licht um ſich vertheilend. Es ſcheint ein Kunſtſtück des Malers, vielleicht in Folge eines Scherzes unternommen, pour prouver la difficulté vaincûe. Eine ſehr fleißige Landſchaft auf Holz, von unbekannter Hand, befand ſich früher in der Privatſammlung Carl des I., deſſen Chiffre und Namen, mit der Krone darüber, man auf der Rückſeite noch deutlich eingebrannt ſieht. Als den Juwel der ganzen Sammlung betrachte ich aber ein Gemälde Rembrandt’s, wie man glaubt, das Por- trait eines aſiatiſchen Juden, aber zugleich das Ideal eines Solchen darſtellend. Die Wirklichkeit dieſer Augen, und das Sengende ihres Blickes, iſt faſt er- ſchreckend; das Unheimliche und doch Erhabne des Ganzen wird noch durch die nachgedunkelte Schwärze des übrigen Bildes vermehrt, aus welchem der glüh- äugige Kopf, mit dem ſataniſch lächelnden Munde, wie aus ägyptiſcher Nacht ſcheuchend herausſchaut *). Nach dem Frühſtück produzirte man mehrere Jagd- und Rennpferde, wo wir uns mit Reitexercizien vor *) Wenn einer der Rothſchilde ſo ausſähe, würde er ge- wiß König von Jeruſalem, und Salomo’s Thron ſtünde nicht mehr leer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/286
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/286>, abgerufen am 22.11.2024.