barkeit erweckte. Auch Gomez hatte einen Sohn, der, gleich Edward Lynch, der Abgott seiner Fami- lie und der Liebling der Stadt war, jedoch im Cha- rakter, wie im Aeußern, von Jenem gänzlich ver- schieden. Schön waren Beyde, doch Edward mehr dem Apollo, Gonzalvo, mehr dem Johannes zu ver- gleichen. Der Eine erschien wie ein Felsen mit Blumen bekränzt, der andere wie ein duftender Ro- senhügel, vom Sturme bedroht. Heidnische Tugen- den schmückten Jenen, christliche Demuth diesen. Die üppige Gestalt verrieth mehr Weichheit als Thatkraft, die schmachtenden dunkelblauen Augen mehr Sehnsucht und Liebe, als Kühnheit und Stolz; sanfte Melancholie überschattete sein Gesicht, und ein Zug wollüstigen Leidens zuckte um den schwellen- den Mund, den nur selten ein halb verschämtes Lächeln umspielte, wie eine laue Welle über Koral- len und Perlen gleitet. Diesen Formen entsprechend war auch sein Inneres, liebend und duldend, von ernster und schwermüthiger Heiterkeit; stets mehr nach innen als außen gewandt, zog er Einsamkeit dem Geräusch und Gewühl der Menschen vor, schloß sich aber mit der tiefsten Innigkeit denjenigen an, welche ihm Wohlwollen und Freundschaft be- wiesen. So war er im Innersten seines Gemüths von einem Feuer erwärmt, das, gleich dem eines Vulkans, der für verheerenden Ausbruch zu tief liegt, nur der darüber gebreiteten Erde größere Fruchtbarkeit verleiht, und sie schöner als jeden an- dern Ort in zartes Grün und brennende Blumen-
barkeit erweckte. Auch Gomez hatte einen Sohn, der, gleich Edward Lynch, der Abgott ſeiner Fami- lie und der Liebling der Stadt war, jedoch im Cha- rakter, wie im Aeußern, von Jenem gänzlich ver- ſchieden. Schön waren Beyde, doch Edward mehr dem Apollo, Gonzalvo, mehr dem Johannes zu ver- gleichen. Der Eine erſchien wie ein Felſen mit Blumen bekränzt, der andere wie ein duftender Ro- ſenhügel, vom Sturme bedroht. Heidniſche Tugen- den ſchmückten Jenen, chriſtliche Demuth dieſen. Die üppige Geſtalt verrieth mehr Weichheit als Thatkraft, die ſchmachtenden dunkelblauen Augen mehr Sehnſucht und Liebe, als Kühnheit und Stolz; ſanfte Melancholie überſchattete ſein Geſicht, und ein Zug wollüſtigen Leidens zuckte um den ſchwellen- den Mund, den nur ſelten ein halb verſchämtes Lächeln umſpielte, wie eine laue Welle über Koral- len und Perlen gleitet. Dieſen Formen entſprechend war auch ſein Inneres, liebend und duldend, von ernſter und ſchwermüthiger Heiterkeit; ſtets mehr nach innen als außen gewandt, zog er Einſamkeit dem Geräuſch und Gewühl der Menſchen vor, ſchloß ſich aber mit der tiefſten Innigkeit denjenigen an, welche ihm Wohlwollen und Freundſchaft be- wieſen. So war er im Innerſten ſeines Gemüths von einem Feuer erwärmt, das, gleich dem eines Vulkans, der für verheerenden Ausbruch zu tief liegt, nur der darüber gebreiteten Erde größere Fruchtbarkeit verleiht, und ſie ſchöner als jeden an- dern Ort in zartes Grün und brennende Blumen-
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barkeit erweckte. Auch Gomez hatte einen Sohn,
der, gleich Edward Lynch, der Abgott ſeiner Fami-
lie und der Liebling der Stadt war, jedoch im Cha-
rakter, wie im Aeußern, von Jenem gänzlich ver-
ſchieden. Schön waren Beyde, doch Edward mehr
dem Apollo, Gonzalvo, mehr dem Johannes zu ver-
gleichen. Der Eine erſchien wie ein Felſen mit
Blumen bekränzt, der andere wie ein duftender Ro-
ſenhügel, vom Sturme bedroht. Heidniſche Tugen-
den ſchmückten Jenen, chriſtliche Demuth dieſen.
Die üppige Geſtalt verrieth mehr Weichheit als
Thatkraft, die ſchmachtenden dunkelblauen Augen
mehr Sehnſucht und Liebe, als Kühnheit und Stolz;
ſanfte Melancholie überſchattete ſein Geſicht, und
ein Zug wollüſtigen Leidens zuckte um den ſchwellen-
den Mund, den nur ſelten ein halb verſchämtes
Lächeln umſpielte, wie eine laue Welle über Koral-
len und Perlen gleitet. Dieſen Formen entſprechend
war auch ſein Inneres, liebend und duldend, von
ernſter und ſchwermüthiger Heiterkeit; ſtets mehr
nach innen als außen gewandt, zog er Einſamkeit
dem Geräuſch und Gewühl der Menſchen vor,
ſchloß ſich aber mit der tiefſten Innigkeit denjenigen
an, welche ihm Wohlwollen und Freundſchaft be-
wieſen. So war er im Innerſten ſeines Gemüths
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/295>, abgerufen am 21.11.2024.
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