Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.Gebräuche darthun. Die Dienerschaft hält sich nie im *) Diese Penduln könnten also von einem spitzfindigen
Bedienten, je nachdem sie längere oder kürzere Zeit nachschwingen, zugleich als ein Thermo- oder Hygeo- meter der Geduld ihrer respektiven Herrschaften be- nutzt werden. A. d. H. Gebräuche darthun. Die Dienerſchaft hält ſich nie im *) Dieſe Penduln könnten alſo von einem ſpitzfindigen
Bedienten, je nachdem ſie längere oder kürzere Zeit nachſchwingen, zugleich als ein Thermo- oder Hygeo- meter der Geduld ihrer reſpektiven Herrſchaften be- nutzt werden. A. d. H. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0067" n="43"/> Gebräuche darthun. Die Dienerſchaft hält ſich nie im<lb/> Vorzimmer, hier die Halle genannt, auf, welche immer<lb/> wie die Ouverture bei einer Oper, den Charakter des<lb/> Ganzen anzudeuten ſucht. Sie iſt gewöhnlich mit Ge-<lb/><choice><sic>mȧlden</sic><corr>mälden</corr></choice> oder Statüen geſchmückt, und dient, wie die<lb/> elegante Treppe und alle übrigen Zimmer, nur zum<lb/> beliebigen Aufenthalt der Familie und Gäſte, welche<lb/> ſich lieber manchmal ſelbſt bedienen, als immer einen<lb/> ſolchen dienenden Geiſt hinter ihren Fußſtapfen wiſ-<lb/> ſen wollen. Die Bedienten ſind daher alle in einer<lb/> entfernteren großen Stube (gewöhnlich im <hi rendition="#aq">rez de<lb/> chaussée</hi>) verſammelt, wo ſie auch zuſammen, ohne<lb/> Ausnahme, männliche und weibliche, zu gleicher Zeit<lb/> eſſen, und wo alle Klingeln aus dem Hauſe eben-<lb/> falls aboutiren. Dieſe hängen in einer Reihe num-<lb/> merirt an der Wand, ſo daß man ſogleich ſehen<lb/> kann, von woher geklingelt wird; an jeder iſt noch<lb/> eine Art <hi rendition="#aq">pendulum</hi> angebracht, der ſich 10 Minuten<lb/> lang, nachdem die Klingel ſchweigt, noch fortbewegt,<lb/> um den Saumſeligen an ſeine Pflicht zu erinnern!<note place="foot" n="*)">Dieſe Penduln könnten alſo von einem ſpitzfindigen<lb/> Bedienten, je nachdem ſie längere oder kürzere Zeit<lb/> nachſchwingen, zugleich als ein Thermo- oder Hygeo-<lb/> meter der Geduld ihrer reſpektiven Herrſchaften be-<lb/> nutzt werden. <hi rendition="#et">A. d. H.</hi></note><lb/> Das weibliche Perſonal hat gleichfalls ein großes<lb/> Verſammlungszimmer, worin es, wenn nichts ande-<lb/> res vorkömmt, näht, ſtrickt und ſpinnt. Daneden<lb/> befindet ſich ein Behältniß zum reinigen der Glas-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0067]
Gebräuche darthun. Die Dienerſchaft hält ſich nie im
Vorzimmer, hier die Halle genannt, auf, welche immer
wie die Ouverture bei einer Oper, den Charakter des
Ganzen anzudeuten ſucht. Sie iſt gewöhnlich mit Ge-
mälden oder Statüen geſchmückt, und dient, wie die
elegante Treppe und alle übrigen Zimmer, nur zum
beliebigen Aufenthalt der Familie und Gäſte, welche
ſich lieber manchmal ſelbſt bedienen, als immer einen
ſolchen dienenden Geiſt hinter ihren Fußſtapfen wiſ-
ſen wollen. Die Bedienten ſind daher alle in einer
entfernteren großen Stube (gewöhnlich im rez de
chaussée) verſammelt, wo ſie auch zuſammen, ohne
Ausnahme, männliche und weibliche, zu gleicher Zeit
eſſen, und wo alle Klingeln aus dem Hauſe eben-
falls aboutiren. Dieſe hängen in einer Reihe num-
merirt an der Wand, ſo daß man ſogleich ſehen
kann, von woher geklingelt wird; an jeder iſt noch
eine Art pendulum angebracht, der ſich 10 Minuten
lang, nachdem die Klingel ſchweigt, noch fortbewegt,
um den Saumſeligen an ſeine Pflicht zu erinnern! *)
Das weibliche Perſonal hat gleichfalls ein großes
Verſammlungszimmer, worin es, wenn nichts ande-
res vorkömmt, näht, ſtrickt und ſpinnt. Daneden
befindet ſich ein Behältniß zum reinigen der Glas-
*) Dieſe Penduln könnten alſo von einem ſpitzfindigen
Bedienten, je nachdem ſie längere oder kürzere Zeit
nachſchwingen, zugleich als ein Thermo- oder Hygeo-
meter der Geduld ihrer reſpektiven Herrſchaften be-
nutzt werden. A. d. H.
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