hat ihr Mann, in einem Anfall von Wahnsinn, sich und seine Frau grausam ermordet! hier erkenne man, wie die gerechte göttliche Strafe langsam, aber desto sicherer ihr Opfer findet. -- Ich enthalte mich aller strengen Betrachtungen, aber wer durch dieses war- nende Beispiel nicht gewitzigt wird, nicht einsieht wie strafbar und gefährlich es ist, den regelmäßigen Be- such der Kirche auch nur einmal zu versäumen -- den bedaure ich! er kann nur durch Schaden klug werden, und wohl ihm, wenn er es noch diesseits wird! --
6., Als ich meinen letzten Korb in D . . bekam.
Ich bin sehr unglücklich in der Liebe, eine Sache die schwer zu begreifen ist, aber dennoch bleibt es wahr, daß mir schon wieder einer meiner wohl an- gelegtesten Pläne mißlungen ist!
Seit lange schon liebte ich Fräulein M . . mit al- lem Feuer meines ungestümen Charakters. Ich wagte zwar nicht es ihr zu sagen, aber meine Blicke, die ich Stundenlang schmachtend auf sie heftete, sprachen zu deutlich, um nicht verstanden zu werden. Dem- ohngeachtet hatte ich meiner Angebeteten noch kaum mehr als ein spöttisches Lächeln abgewinnen können, als endlich eine wichtige Epoche, nämlich ihr achtzehn- ter Geburtstag eintrat. Ich beschloß durch eine aus- gezeichnete Galanterie jetzt ihr Herz zu bestürmen, was ich mir um so eher, und mit gutem Gewissen erlauben durfte, da ich nie andre als redliche Absich-
hat ihr Mann, in einem Anfall von Wahnſinn, ſich und ſeine Frau grauſam ermordet! hier erkenne man, wie die gerechte göttliche Strafe langſam, aber deſto ſicherer ihr Opfer findet. — Ich enthalte mich aller ſtrengen Betrachtungen, aber wer durch dieſes war- nende Beiſpiel nicht gewitzigt wird, nicht einſieht wie ſtrafbar und gefährlich es iſt, den regelmäßigen Be- ſuch der Kirche auch nur einmal zu verſäumen -- den bedaure ich! er kann nur durch Schaden klug werden, und wohl ihm, wenn er es noch dieſſeits wird! —
6., Als ich meinen letzten Korb in D . . bekam.
Ich bin ſehr unglücklich in der Liebe, eine Sache die ſchwer zu begreifen iſt, aber dennoch bleibt es wahr, daß mir ſchon wieder einer meiner wohl an- gelegteſten Pläne mißlungen iſt!
Seit lange ſchon liebte ich Fräulein M . . mit al- lem Feuer meines ungeſtümen Charakters. Ich wagte zwar nicht es ihr zu ſagen, aber meine Blicke, die ich Stundenlang ſchmachtend auf ſie heftete, ſprachen zu deutlich, um nicht verſtanden zu werden. Dem- ohngeachtet hatte ich meiner Angebeteten noch kaum mehr als ein ſpöttiſches Lächeln abgewinnen können, als endlich eine wichtige Epoche, nämlich ihr achtzehn- ter Geburtstag eintrat. Ich beſchloß durch eine aus- gezeichnete Galanterie jetzt ihr Herz zu beſtürmen, was ich mir um ſo eher, und mit gutem Gewiſſen erlauben durfte, da ich nie andre als redliche Abſich-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0082"n="58"/>
hat ihr Mann, in einem Anfall von Wahnſinn, ſich<lb/>
und ſeine Frau grauſam ermordet! hier erkenne man,<lb/>
wie die gerechte göttliche Strafe langſam, aber deſto<lb/>ſicherer ihr Opfer findet. — Ich enthalte mich aller<lb/>ſtrengen Betrachtungen, aber wer durch dieſes war-<lb/>
nende Beiſpiel nicht gewitzigt wird, nicht einſieht wie<lb/>ſtrafbar und gefährlich es iſt, den regelmäßigen Be-<lb/>ſuch der Kirche auch nur einmal zu verſäumen --<lb/>
den bedaure ich! er kann nur durch Schaden klug<lb/>
werden, und wohl ihm, wenn er es noch dieſſeits<lb/>
wird! —</p><lb/><list><item>6., Als ich meinen letzten Korb in D . . bekam.</item></list><lb/><p>Ich bin ſehr unglücklich in der Liebe, eine Sache<lb/>
die ſchwer zu begreifen iſt, aber dennoch bleibt es<lb/>
wahr, daß mir ſchon wieder einer meiner wohl an-<lb/>
gelegteſten <choice><sic>Plȧne</sic><corr>Pläne</corr></choice> mißlungen iſt!</p><lb/><p>Seit lange ſchon liebte ich Fräulein M . . mit al-<lb/>
lem Feuer meines ungeſtümen Charakters. Ich wagte<lb/>
zwar nicht es ihr zu ſagen, aber meine Blicke, die<lb/>
ich Stundenlang ſchmachtend auf ſie heftete, ſprachen<lb/>
zu deutlich, um nicht verſtanden zu werden. Dem-<lb/>
ohngeachtet hatte ich meiner Angebeteten noch kaum<lb/>
mehr als ein ſpöttiſches Lächeln abgewinnen können,<lb/>
als endlich eine wichtige Epoche, nämlich ihr achtzehn-<lb/>
ter Geburtstag eintrat. Ich beſchloß durch eine aus-<lb/>
gezeichnete Galanterie jetzt ihr Herz zu beſtürmen,<lb/>
was ich mir um ſo eher, und mit gutem Gewiſſen<lb/>
erlauben durfte, da ich nie andre als redliche Abſich-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[58/0082]
hat ihr Mann, in einem Anfall von Wahnſinn, ſich
und ſeine Frau grauſam ermordet! hier erkenne man,
wie die gerechte göttliche Strafe langſam, aber deſto
ſicherer ihr Opfer findet. — Ich enthalte mich aller
ſtrengen Betrachtungen, aber wer durch dieſes war-
nende Beiſpiel nicht gewitzigt wird, nicht einſieht wie
ſtrafbar und gefährlich es iſt, den regelmäßigen Be-
ſuch der Kirche auch nur einmal zu verſäumen --
den bedaure ich! er kann nur durch Schaden klug
werden, und wohl ihm, wenn er es noch dieſſeits
wird! —
6., Als ich meinen letzten Korb in D . . bekam.
Ich bin ſehr unglücklich in der Liebe, eine Sache
die ſchwer zu begreifen iſt, aber dennoch bleibt es
wahr, daß mir ſchon wieder einer meiner wohl an-
gelegteſten Pläne mißlungen iſt!
Seit lange ſchon liebte ich Fräulein M . . mit al-
lem Feuer meines ungeſtümen Charakters. Ich wagte
zwar nicht es ihr zu ſagen, aber meine Blicke, die
ich Stundenlang ſchmachtend auf ſie heftete, ſprachen
zu deutlich, um nicht verſtanden zu werden. Dem-
ohngeachtet hatte ich meiner Angebeteten noch kaum
mehr als ein ſpöttiſches Lächeln abgewinnen können,
als endlich eine wichtige Epoche, nämlich ihr achtzehn-
ter Geburtstag eintrat. Ich beſchloß durch eine aus-
gezeichnete Galanterie jetzt ihr Herz zu beſtürmen,
was ich mir um ſo eher, und mit gutem Gewiſſen
erlauben durfte, da ich nie andre als redliche Abſich-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/82>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.