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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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der andern Seite den Berg erstiegen, und frug mich
nur, ohne sich aufzuhalten, angelegentlich, wie weit
der Gasthof, und wie der Weg beschaffen sey? So-
bald ich ihm meine Nachrichten mitgetheilt, eilte er
singend und trällernd die Felsen hinab, und ent-
schwand bald meinen Blicken. Ich kritzelte unterdeß
meinen Namen, neben tausend andern, auf einen
großen Stein, und ergriff dann das Kuhborn, wel-
ches mir der Gastwirth als Trinkgeschirr mitgegeben
hatte, und befahl meinem Führer, den Stöpsel der
Champagnerflasche zu lösen. Sie mußte ungewöhn-
lich viel fixe Luft enthalten, denn der Pfropf flog hö-
her, als die Säule unter der wir standen, und Du
kannst daher, ohne Münchhausen etwas abzuborgen,
mit gutem Gewissen versichern, daß als ich am
17. Juli Deine Gesundheit trank, der Champagner-
stöpsel gegen 4000 Fuß hoch über die Meeresfläche
geflogen sey. So wie das Kuhhorn überschäumend
gefüllt war, rief ich mit Stentorstimme in die Dun-
kelheit hinein: Hoch lebe Julie, mit neunmal neun
(nach englischer Manier). Dreimal leerte ich darauf
den animalischen Becher, und wahrlich, durstig und
erschöpft wie ich Ursach hatte zu seyn, hat mir nie
in meinem Leben Champagner besser geschmeckt. Nach
vollendeter Libation aber betete ich von Herzen. Es
waren nicht Worte -- aber innige Gefühle, unter
denen der Wunsch lebhaft hervortrat, daß es doch
Gottes Wille seyn möge, es Dir auf Erden gut er-
gehen zu lassen, und dann auch mir -- if possible --
und siehe! ein zierliches Lamm kam durch die Wol-

der andern Seite den Berg erſtiegen, und frug mich
nur, ohne ſich aufzuhalten, angelegentlich, wie weit
der Gaſthof, und wie der Weg beſchaffen ſey? So-
bald ich ihm meine Nachrichten mitgetheilt, eilte er
ſingend und trällernd die Felſen hinab, und ent-
ſchwand bald meinen Blicken. Ich kritzelte unterdeß
meinen Namen, neben tauſend andern, auf einen
großen Stein, und ergriff dann das Kuhborn, wel-
ches mir der Gaſtwirth als Trinkgeſchirr mitgegeben
hatte, und befahl meinem Führer, den Stöpſel der
Champagnerflaſche zu löſen. Sie mußte ungewöhn-
lich viel fixe Luft enthalten, denn der Pfropf flog hö-
her, als die Säule unter der wir ſtanden, und Du
kannſt daher, ohne Münchhauſen etwas abzuborgen,
mit gutem Gewiſſen verſichern, daß als ich am
17. Juli Deine Geſundheit trank, der Champagner-
ſtöpſel gegen 4000 Fuß hoch über die Meeresfläche
geflogen ſey. So wie das Kuhhorn überſchäumend
gefüllt war, rief ich mit Stentorſtimme in die Dun-
kelheit hinein: Hoch lebe Julie, mit neunmal neun
(nach engliſcher Manier). Dreimal leerte ich darauf
den animaliſchen Becher, und wahrlich, durſtig und
erſchöpft wie ich Urſach hatte zu ſeyn, hat mir nie
in meinem Leben Champagner beſſer geſchmeckt. Nach
vollendeter Libation aber betete ich von Herzen. Es
waren nicht Worte — aber innige Gefühle, unter
denen der Wunſch lebhaft hervortrat, daß es doch
Gottes Wille ſeyn möge, es Dir auf Erden gut er-
gehen zu laſſen, und dann auch mir — if possible
und ſiehe! ein zierliches Lamm kam durch die Wol-

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[70/0094] der andern Seite den Berg erſtiegen, und frug mich nur, ohne ſich aufzuhalten, angelegentlich, wie weit der Gaſthof, und wie der Weg beſchaffen ſey? So- bald ich ihm meine Nachrichten mitgetheilt, eilte er ſingend und trällernd die Felſen hinab, und ent- ſchwand bald meinen Blicken. Ich kritzelte unterdeß meinen Namen, neben tauſend andern, auf einen großen Stein, und ergriff dann das Kuhborn, wel- ches mir der Gaſtwirth als Trinkgeſchirr mitgegeben hatte, und befahl meinem Führer, den Stöpſel der Champagnerflaſche zu löſen. Sie mußte ungewöhn- lich viel fixe Luft enthalten, denn der Pfropf flog hö- her, als die Säule unter der wir ſtanden, und Du kannſt daher, ohne Münchhauſen etwas abzuborgen, mit gutem Gewiſſen verſichern, daß als ich am 17. Juli Deine Geſundheit trank, der Champagner- ſtöpſel gegen 4000 Fuß hoch über die Meeresfläche geflogen ſey. So wie das Kuhhorn überſchäumend gefüllt war, rief ich mit Stentorſtimme in die Dun- kelheit hinein: Hoch lebe Julie, mit neunmal neun (nach engliſcher Manier). Dreimal leerte ich darauf den animaliſchen Becher, und wahrlich, durſtig und erſchöpft wie ich Urſach hatte zu ſeyn, hat mir nie in meinem Leben Champagner beſſer geſchmeckt. Nach vollendeter Libation aber betete ich von Herzen. Es waren nicht Worte — aber innige Gefühle, unter denen der Wunſch lebhaft hervortrat, daß es doch Gottes Wille ſeyn möge, es Dir auf Erden gut er- gehen zu laſſen, und dann auch mir — if possible — und ſiehe! ein zierliches Lamm kam durch die Wol-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/94>, abgerufen am 21.11.2024.