fallen wäre. Als er festen Fuß gefaßt, nahm er den Hut tief ab, und mit einer rührenden, wenn gleich burlesken, Frömmigkeit, rief er mit Thränen im Auge: God bless almighty God, and Glory tohim (Gott segne den allmächtigen Gott, und Glorie sey ihm!) Ohngeachtet des Unsinns, den die verdoppelte Kraft des Rausches ohne Zweifel verursachte (Gott segne Gott) so ergriff mich doch auch das innige Gefühl, und diesem wenigstens stimmte ich von ganzer Seele bei.
Den 15ten.
Lord H . . . ., den ich in London gekannt, und der eine schöne Besitzung hier in der Nähe hat, lud mich ein, einige Tage bei ihm zuzubringen, was ich nicht annehmen mochte, aber heute bei ihm zu Mit- tag speiste. Der gut gehaltne pleasureground, und das Ausgraben eines Sees, mit dem man eben be- schäftigt war, erinnerten mich zu lebhaft an das Schloß, wo Du meine Theure, jetzt hausest, um ohne Bewegung darauf blicken zu können. Wann werden wir dort uns wiedersehen, wann wieder unter den drei Linden häuslich mit den Schwänen frühstücken, die uns so zutraulich ihr Futter aus der Hand nah- men, während zahme Tauben die Brosamen auflasen, und der kleine Coco, verwundert und eifersüchtig, die zudringlichen Vögel mit den klugen Augen anblin- zelte -- ländliches Bild, über das der verknorpelte
fallen wäre. Als er feſten Fuß gefaßt, nahm er den Hut tief ab, und mit einer rührenden, wenn gleich burlesken, Frömmigkeit, rief er mit Thränen im Auge: God bless almighty God, and Glory tohim (Gott ſegne den allmächtigen Gott, und Glorie ſey ihm!) Ohngeachtet des Unſinns, den die verdoppelte Kraft des Rauſches ohne Zweifel verurſachte (Gott ſegne Gott) ſo ergriff mich doch auch das innige Gefühl, und dieſem wenigſtens ſtimmte ich von ganzer Seele bei.
Den 15ten.
Lord H . . . ., den ich in London gekannt, und der eine ſchöne Beſitzung hier in der Nähe hat, lud mich ein, einige Tage bei ihm zuzubringen, was ich nicht annehmen mochte, aber heute bei ihm zu Mit- tag ſpeiste. Der gut gehaltne pleasureground, und das Ausgraben eines Sees, mit dem man eben be- ſchäftigt war, erinnerten mich zu lebhaft an das Schloß, wo Du meine Theure, jetzt hauſeſt, um ohne Bewegung darauf blicken zu können. Wann werden wir dort uns wiederſehen, wann wieder unter den drei Linden häuslich mit den Schwänen frühſtücken, die uns ſo zutraulich ihr Futter aus der Hand nah- men, während zahme Tauben die Broſamen auflaſen, und der kleine Coco, verwundert und eiferſüchtig, die zudringlichen Vögel mit den klugen Augen anblin- zelte — ländliches Bild, über das der verknorpelte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0136"n="114"/>
fallen wäre. Als er feſten Fuß gefaßt, nahm er den<lb/>
Hut tief ab, und mit einer rührenden, wenn gleich<lb/>
burlesken, Frömmigkeit, rief er mit Thränen im<lb/>
Auge: <hirendition="#aq">God bless almighty God, and Glory tohim</hi><lb/>
(Gott ſegne den allmächtigen Gott, und Glorie ſey<lb/>
ihm!) Ohngeachtet des Unſinns, den die verdoppelte<lb/>
Kraft des Rauſches ohne Zweifel verurſachte (Gott<lb/>ſegne Gott) ſo ergriff mich doch auch das innige<lb/><hirendition="#g">Gefühl</hi>, und dieſem wenigſtens ſtimmte ich von<lb/>
ganzer Seele bei.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 15<hirendition="#sup">ten.</hi></hi></dateline></opener><lb/><p>Lord H . . . ., den ich in London gekannt, und<lb/>
der eine ſchöne Beſitzung hier in der Nähe hat, lud<lb/>
mich ein, einige Tage bei ihm zuzubringen, was ich<lb/>
nicht annehmen mochte, aber heute bei ihm zu Mit-<lb/>
tag ſpeiste. Der gut gehaltne <hirendition="#aq">pleasureground,</hi> und<lb/>
das Ausgraben eines Sees, mit dem man eben be-<lb/>ſchäftigt war, erinnerten mich zu lebhaft an das<lb/>
Schloß, wo Du meine Theure, jetzt hauſeſt, um ohne<lb/>
Bewegung darauf blicken zu können. Wann werden<lb/>
wir dort uns wiederſehen, wann wieder unter den<lb/>
drei Linden häuslich mit den Schwänen frühſtücken,<lb/>
die uns ſo zutraulich ihr Futter aus der Hand nah-<lb/>
men, während zahme Tauben die Broſamen auflaſen,<lb/>
und der kleine Coco, verwundert und eiferſüchtig, die<lb/>
zudringlichen Vögel mit den klugen Augen anblin-<lb/>
zelte — ländliches Bild, über das der verknorpelte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0136]
fallen wäre. Als er feſten Fuß gefaßt, nahm er den
Hut tief ab, und mit einer rührenden, wenn gleich
burlesken, Frömmigkeit, rief er mit Thränen im
Auge: God bless almighty God, and Glory tohim
(Gott ſegne den allmächtigen Gott, und Glorie ſey
ihm!) Ohngeachtet des Unſinns, den die verdoppelte
Kraft des Rauſches ohne Zweifel verurſachte (Gott
ſegne Gott) ſo ergriff mich doch auch das innige
Gefühl, und dieſem wenigſtens ſtimmte ich von
ganzer Seele bei.
Den 15ten.
Lord H . . . ., den ich in London gekannt, und
der eine ſchöne Beſitzung hier in der Nähe hat, lud
mich ein, einige Tage bei ihm zuzubringen, was ich
nicht annehmen mochte, aber heute bei ihm zu Mit-
tag ſpeiste. Der gut gehaltne pleasureground, und
das Ausgraben eines Sees, mit dem man eben be-
ſchäftigt war, erinnerten mich zu lebhaft an das
Schloß, wo Du meine Theure, jetzt hauſeſt, um ohne
Bewegung darauf blicken zu können. Wann werden
wir dort uns wiederſehen, wann wieder unter den
drei Linden häuslich mit den Schwänen frühſtücken,
die uns ſo zutraulich ihr Futter aus der Hand nah-
men, während zahme Tauben die Broſamen auflaſen,
und der kleine Coco, verwundert und eiferſüchtig, die
zudringlichen Vögel mit den klugen Augen anblin-
zelte — ländliches Bild, über das der verknorpelte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/136>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.