Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

seinem Bruder trinkt; so wie auch auf der andern
Seite der Jüngere das Unglück ehrt, und seinen
eben so herzensguten und amüsanten, als alle Abend
betrunkenen Senior, es an nichts fehlen läßt. Ein
solches Verhältnißmacht Beiden Ehre, um so mehr
da, bei des Vaters Tode, die Advokaten meinten,
daß der Fall sich gar sehr zum Prozeße eigne, Beide
haben gewiß eben so klug als gut gethan, ihn zu un-
terlassen, und die Auster für sich zu behalten, statt
sie wie in der Carrikatur, vom Advokaten verzehren,
und sich selbst mit den beiden Schalen abspeisen zu
lassen.

Wir brachten den ganzen Tag mit Spazierengehen in
den herrlichen Bergpromenaden, Andere mit Schnepfen-
schießen, zu, und saßen Abends bis 2 Uhr Mor-
gens
beim Mittags-Tisch. Gleich nach aufgestell-
tem Dessert verließen uns, nach alter Art, die Da-
men und nun ging das Weintrinken an. Dann
wurde ganz spät der Caffee bei Tisch gereicht, und
ihm folgte, fast auf dem Fuße, ein ercitirendes Soupe,
aus Devils *) aller Art, frischen Austern und Pick-
les bestehend. Diese bildeten das Präludium zum

*) Diese werden, wie mein seliger Freund oft rühmte, in
Irland besonders gut zubereitet, und bestehen aus
Geflügel, das man theils trocken, mit Cayenne-
Pfeffer grillirt, theils mit einer brennend starken
Sauce, en saute, servirt.
A. d. H. für etwanige Gourmand's unter den Lesern.

ſeinem Bruder trinkt; ſo wie auch auf der andern
Seite der Jüngere das Unglück ehrt, und ſeinen
eben ſo herzensguten und amüſanten, als alle Abend
betrunkenen Senior, es an nichts fehlen läßt. Ein
ſolches Verhältnißmacht Beiden Ehre, um ſo mehr
da, bei des Vaters Tode, die Advokaten meinten,
daß der Fall ſich gar ſehr zum Prozeße eigne, Beide
haben gewiß eben ſo klug als gut gethan, ihn zu un-
terlaſſen, und die Auſter für ſich zu behalten, ſtatt
ſie wie in der Carrikatur, vom Advokaten verzehren,
und ſich ſelbſt mit den beiden Schalen abſpeiſen zu
laſſen.

Wir brachten den ganzen Tag mit Spazierengehen in
den herrlichen Bergpromenaden, Andere mit Schnepfen-
ſchießen, zu, und ſaßen Abends bis 2 Uhr Mor-
gens
beim Mittags-Tiſch. Gleich nach aufgeſtell-
tem Deſſert verließen uns, nach alter Art, die Da-
men und nun ging das Weintrinken an. Dann
wurde ganz ſpät der Caffee bei Tiſch gereicht, und
ihm folgte, faſt auf dem Fuße, ein ercitirendes Soupé,
aus Devils *) aller Art, friſchen Auſtern und Pick-
les beſtehend. Dieſe bildeten das Präludium zum

*) Dieſe werden, wie mein ſeliger Freund oft rühmte, in
Irland beſonders gut zubereitet, und beſtehen aus
Geflügel, das man theils trocken, mit Cayenne-
Pfeffer grillirt, theils mit einer brennend ſtarken
Sauce, en sauté, ſervirt.
A. d. H. für etwanige Gourmand’s unter den Leſern.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0139" n="117"/>
&#x017F;einem Bruder trinkt; &#x017F;o wie auch auf der andern<lb/>
Seite der Jüngere das Unglück ehrt, und &#x017F;einen<lb/>
eben &#x017F;o herzensguten und amü&#x017F;anten, als alle Abend<lb/>
betrunkenen Senior, es an nichts fehlen läßt. Ein<lb/>
&#x017F;olches <choice><sic>Verha&#x0307;ltniß </sic><corr>Verhältniß</corr></choice>macht Beiden Ehre, um &#x017F;o mehr<lb/>
da, bei des Vaters Tode, die Advokaten meinten,<lb/>
daß der Fall &#x017F;ich gar &#x017F;ehr zum Prozeße eigne, Beide<lb/>
haben gewiß eben &#x017F;o klug als gut gethan, ihn zu un-<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;en, und die Au&#x017F;ter für &#x017F;ich zu behalten, &#x017F;tatt<lb/>
&#x017F;ie wie in der Carrikatur, vom Advokaten verzehren,<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t mit den beiden Schalen ab&#x017F;pei&#x017F;en zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Wir brachten den ganzen Tag mit Spazierengehen in<lb/>
den herrlichen Bergpromenaden, Andere mit Schnepfen-<lb/>
&#x017F;chießen, zu, und &#x017F;aßen <hi rendition="#g">Abends</hi> bis 2 Uhr <hi rendition="#g">Mor-<lb/>
gens</hi> beim <hi rendition="#g">Mittags</hi>-Ti&#x017F;ch. Gleich nach aufge&#x017F;tell-<lb/>
tem De&#x017F;&#x017F;ert verließen uns, nach alter Art, die Da-<lb/>
men und nun ging das Weintrinken an. Dann<lb/>
wurde ganz &#x017F;pät der Caffee bei Ti&#x017F;ch gereicht, und<lb/>
ihm folgte, fa&#x017F;t auf dem Fuße, ein ercitirendes Soup<hi rendition="#aq">é</hi>,<lb/>
aus Devils <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;e werden, wie mein &#x017F;eliger Freund oft rühmte, in<lb/>
Irland be&#x017F;onders gut zubereitet, und be&#x017F;tehen aus<lb/>
Geflügel, das man theils trocken, mit Cayenne-<lb/>
Pfeffer grillirt, theils mit einer brennend &#x017F;tarken<lb/><hi rendition="#aq">Sauce, en sauté,</hi> &#x017F;ervirt.<lb/><hi rendition="#et">A. d. H. für etwanige Gourmand&#x2019;s unter den Le&#x017F;ern.</hi></note> aller Art, fri&#x017F;chen Au&#x017F;tern und Pick-<lb/>
les be&#x017F;tehend. Die&#x017F;e bildeten das Präludium zum<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0139] ſeinem Bruder trinkt; ſo wie auch auf der andern Seite der Jüngere das Unglück ehrt, und ſeinen eben ſo herzensguten und amüſanten, als alle Abend betrunkenen Senior, es an nichts fehlen läßt. Ein ſolches Verhältnißmacht Beiden Ehre, um ſo mehr da, bei des Vaters Tode, die Advokaten meinten, daß der Fall ſich gar ſehr zum Prozeße eigne, Beide haben gewiß eben ſo klug als gut gethan, ihn zu un- terlaſſen, und die Auſter für ſich zu behalten, ſtatt ſie wie in der Carrikatur, vom Advokaten verzehren, und ſich ſelbſt mit den beiden Schalen abſpeiſen zu laſſen. Wir brachten den ganzen Tag mit Spazierengehen in den herrlichen Bergpromenaden, Andere mit Schnepfen- ſchießen, zu, und ſaßen Abends bis 2 Uhr Mor- gens beim Mittags-Tiſch. Gleich nach aufgeſtell- tem Deſſert verließen uns, nach alter Art, die Da- men und nun ging das Weintrinken an. Dann wurde ganz ſpät der Caffee bei Tiſch gereicht, und ihm folgte, faſt auf dem Fuße, ein ercitirendes Soupé, aus Devils *) aller Art, friſchen Auſtern und Pick- les beſtehend. Dieſe bildeten das Präludium zum *) Dieſe werden, wie mein ſeliger Freund oft rühmte, in Irland beſonders gut zubereitet, und beſtehen aus Geflügel, das man theils trocken, mit Cayenne- Pfeffer grillirt, theils mit einer brennend ſtarken Sauce, en sauté, ſervirt. A. d. H. für etwanige Gourmand’s unter den Leſern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/139
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/139>, abgerufen am 23.11.2024.