schicken möge. Er offerirte auch das Geschenk der 500 Lst. Aber Baker blieb unerbittlich, den Ver- zweifelnden höhnisch erinnernd, "daß er dies Geld ja brauche, die Tochter auszustatten, welche," setzte er hinzu, "ihm jetzt die Wirthschaft führen könne, wenn er anders, in Folge der eingeleiteten Unter- suchung, noch eine Wirthschaft behielte. Für das Reisegeld seiner Frau brauche er aber nicht zu sor- gen, denn dies übernähme großmüthig das Gouver- nement." Das Gesetz hatte wirklich seinen Lauf, die arme Frau wurde transportirt, und ist vielleicht noch in Port Jackson. Aber die zur Wuth gebrachten Menschen, ihr Mann, Bruder und noch zwei andere, rächten ihr trauriges Schicksal, kurze Zeit darauf, durch Bakers grausame Ermordung, den sie mitten im freien Felde anfielen, gleich einem Wilde hetzten, und endlich mit mehrern Schüssen langsam erlegten. Alle wurden ergriffen und gehangen.
Solche Schaudergeschichten waren damals in dem unglücklichen Lande alltäglich, und noch jetzt kom- men ähnliche vor. Daß aber ein solcher Contrast zwischen England und Irland, unter demselben Gou- vernement statt finden, und so lange fortbestehen kann, ist für jeden Menschenfreund wahrhaft betrü- bend, um so mehr, wenn man bedenkt, daß nux un- bezwingliche Bigotterie und frühere Raubsucht, deren Beute man nicht wieder herausgeben will, die Ur- sache, 6,000,000 Menschen aber die Opfer davon sind.
ſchicken möge. Er offerirte auch das Geſchenk der 500 Lſt. Aber Baker blieb unerbittlich, den Ver- zweifelnden höhniſch erinnernd, „daß er dies Geld ja brauche, die Tochter auszuſtatten, welche,“ ſetzte er hinzu, „ihm jetzt die Wirthſchaft führen könne, wenn er anders, in Folge der eingeleiteten Unter- ſuchung, noch eine Wirthſchaft behielte. Für das Reiſegeld ſeiner Frau brauche er aber nicht zu ſor- gen, denn dies übernähme großmüthig das Gouver- nement.“ Das Geſetz hatte wirklich ſeinen Lauf, die arme Frau wurde transportirt, und iſt vielleicht noch in Port Jackſon. Aber die zur Wuth gebrachten Menſchen, ihr Mann, Bruder und noch zwei andere, rächten ihr trauriges Schickſal, kurze Zeit darauf, durch Bakers grauſame Ermordung, den ſie mitten im freien Felde anfielen, gleich einem Wilde hetzten, und endlich mit mehrern Schüſſen langſam erlegten. Alle wurden ergriffen und gehangen.
Solche Schaudergeſchichten waren damals in dem unglücklichen Lande alltäglich, und noch jetzt kom- men ähnliche vor. Daß aber ein ſolcher Contraſt zwiſchen England und Irland, unter demſelben Gou- vernement ſtatt finden, und ſo lange fortbeſtehen kann, iſt für jeden Menſchenfreund wahrhaft betrü- bend, um ſo mehr, wenn man bedenkt, daß nux un- bezwingliche Bigotterie und frühere Raubſucht, deren Beute man nicht wieder herausgeben will, die Ur- ſache, 6,000,000 Menſchen aber die Opfer davon ſind.
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ſchicken möge. Er offerirte auch das Geſchenk der
500 Lſt. Aber Baker blieb unerbittlich, den Ver-
zweifelnden höhniſch erinnernd, „daß er dies Geld
ja brauche, die Tochter auszuſtatten, welche,“ ſetzte
er hinzu, „ihm jetzt die Wirthſchaft führen könne,
wenn er anders, in Folge der eingeleiteten Unter-
ſuchung, noch eine Wirthſchaft behielte. Für das
Reiſegeld ſeiner Frau brauche er aber nicht zu ſor-
gen, denn dies übernähme großmüthig das Gouver-
nement.“ Das Geſetz hatte wirklich ſeinen Lauf, die
arme Frau wurde transportirt, und iſt vielleicht noch
in Port Jackſon. Aber die zur Wuth gebrachten
Menſchen, ihr Mann, Bruder und noch zwei andere,
rächten ihr trauriges Schickſal, kurze Zeit darauf,
durch Bakers grauſame Ermordung, den ſie mitten
im freien Felde anfielen, gleich einem Wilde hetzten,
und endlich mit mehrern Schüſſen langſam erlegten.
Alle wurden ergriffen und gehangen.
Solche Schaudergeſchichten waren damals in dem
unglücklichen Lande alltäglich, und noch jetzt kom-
men ähnliche vor. Daß aber ein ſolcher Contraſt
zwiſchen England und Irland, unter demſelben Gou-
vernement ſtatt finden, und ſo lange fortbeſtehen
kann, iſt für jeden Menſchenfreund wahrhaft betrü-
bend, um ſo mehr, wenn man bedenkt, daß nux un-
bezwingliche Bigotterie und frühere Raubſucht, deren
Beute man nicht wieder herausgeben will, die Ur-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/157>, abgerufen am 22.11.2024.
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