Euer Gott ist aber ein Mensch -- und unser Ver- stand und unsere Vernunft ist, mit der Erkenntniß der äußern Natur, und daraus abstrahirten Erfah- rung, eben die einzige wahre und ächte Offenba- rung Gottes, deren wir theilhaftig geworden sind, und die Niemand bezweifeln kann. Der Mensch ist allerdings seiner Natur nach dazu bestimmt, sich mit diesen Mitteln, durch sich selbst immer weiter fort- zubilden, und so war das Christenthum auch eine Folge dieser fortschreitenden Civilisation, wie früher (um bei diesem Zweig der Ausbildung stehen zu blei- ben) das mosaische Gesetz, später die Reformation, und ihr zweiter Akt die französische Revolution; end- lich die hieraus allgemeiner erwachsende Denk- und Preß-Freiheit, und Alles was sich jetzt, ruhiger, aber desto sicherer, durch diese Letztere bereitet. -- Wir finden also überall nur die Resultate derselben allmähligen Civilisation, von der Niemand wissen kann, wo sie stehen bleiben wird, -- aber welchen Grad sie auch erreiche, immer kann und soll sie hier nur menschlich seyn, und durch mensch- liche Mittel befördert werden.
Den 2ten.
Mein letzter und längster Besuch an diesem Mor- gen galt den lieblichen Mädchen, die ich bei Lady M . . . . . . kennen gelernt. Ich brachte ihnen ita-
Euer Gott iſt aber ein Menſch — und unſer Ver- ſtand und unſere Vernunft iſt, mit der Erkenntniß der äußern Natur, und daraus abſtrahirten Erfah- rung, eben die einzige wahre und ächte Offenba- rung Gottes, deren wir theilhaftig geworden ſind, und die Niemand bezweifeln kann. Der Menſch iſt allerdings ſeiner Natur nach dazu beſtimmt, ſich mit dieſen Mitteln, durch ſich ſelbſt immer weiter fort- zubilden, und ſo war das Chriſtenthum auch eine Folge dieſer fortſchreitenden Civiliſation, wie früher (um bei dieſem Zweig der Ausbildung ſtehen zu blei- ben) das moſaiſche Geſetz, ſpäter die Reformation, und ihr zweiter Akt die franzöſiſche Revolution; end- lich die hieraus allgemeiner erwachſende Denk- und Preß-Freiheit, und Alles was ſich jetzt, ruhiger, aber deſto ſicherer, durch dieſe Letztere bereitet. — Wir finden alſo überall nur die Reſultate derſelben allmähligen Civiliſation, von der Niemand wiſſen kann, wo ſie ſtehen bleiben wird, — aber welchen Grad ſie auch erreiche, immer kann und ſoll ſie hier nur menſchlich ſeyn, und durch menſch- liche Mittel befördert werden.
Den 2ten.
Mein letzter und längſter Beſuch an dieſem Mor- gen galt den lieblichen Mädchen, die ich bei Lady M . . . . . . kennen gelernt. Ich brachte ihnen ita-
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Euer Gott iſt aber ein Menſch — und unſer Ver-
ſtand und unſere Vernunft iſt, mit der Erkenntniß
der äußern Natur, und daraus abſtrahirten Erfah-
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rung Gottes, deren wir theilhaftig geworden ſind,
und die Niemand bezweifeln kann. Der Menſch iſt
allerdings ſeiner Natur nach dazu beſtimmt, ſich mit
dieſen Mitteln, durch ſich ſelbſt immer weiter fort-
zubilden, und ſo war das Chriſtenthum auch eine
Folge dieſer fortſchreitenden Civiliſation, wie früher
(um bei dieſem Zweig der Ausbildung ſtehen zu blei-
ben) das moſaiſche Geſetz, ſpäter die Reformation,
und ihr zweiter Akt die franzöſiſche Revolution; end-
lich die hieraus allgemeiner erwachſende Denk- und
Preß-Freiheit, und Alles was ſich jetzt, ruhiger, aber
deſto ſicherer, durch dieſe Letztere bereitet. — Wir
finden alſo überall nur die Reſultate derſelben
allmähligen Civiliſation, von der Niemand
wiſſen kann, wo ſie ſtehen bleiben wird, — aber
welchen Grad ſie auch erreiche, immer kann und
ſoll ſie hier nur menſchlich ſeyn, und durch menſch-
liche Mittel befördert werden.
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Mein letzter und längſter Beſuch an dieſem Mor-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/194>, abgerufen am 22.11.2024.
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