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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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durchsichtiges Eisengitter ersetzt, damit man den demü-
thig neugierigen Blick in die verbotne Herrlichkeit
werfen möge. Aber hiermit ist auch die Liberalität
des englischen Besitzers erschöpft. Da es nun heute
überdies noch Sonntag war, so gab ich gleich alle
Hoffnung auf, den mürrischen Portier zur Aus-
nahme zu bewegen, denn auf seiner Stirn war deut-
lich, Dante's umgekehrte Hölleninschrift zu lesen:
Voi che venite -- di entrare lasciate ogni spe-
ranza!

Meinen Rückweg nahm ich über die Bergstadt
Clifton, aus der man Bristol, wie in einem Abgrun-
de, unter sich liegen sieht. Die Scene wurde über-
dem sehr heiter staffirt durch die, in bunten Farben
schillernde, Menge der Kirchgänger beiderlei Ge-
schlechts, welcher ich auf allen Gassen begegnete.
Stark kontrastirte dagegen ein großes, ganz schwarz
angestrichenes Haus mit weißen Fenstern, einem un-
ermeßlichen Catafalke ähnlich. Man sagte mir, es
sey das Stadthospital, und ein Herr erbot sich, es
mir zu zeigen. Das Innere war weit anziehender
als der äußere Anstrich. Große Geräumigkeit, freund-
liche Säle, und die ausgezeichnetste Reinlichkeit, müs-
sen es zu einem sehr trostreichen Aufenthalt für
Kranke machen. Nirgends auch spürte ich den min-
desten üblen Geruch, außer in der Apotheke, nach
Pillen und Rhabarber. Die rechte Seite des Hauses
nahmen die männlichen, die linke die weiblichen Pa-
tienten ein, und in diesen beiden, den untern Theil

Briefe eines Verstorbenen. II. 18

durchſichtiges Eiſengitter erſetzt, damit man den demü-
thig neugierigen Blick in die verbotne Herrlichkeit
werfen möge. Aber hiermit iſt auch die Liberalität
des engliſchen Beſitzers erſchöpft. Da es nun heute
überdies noch Sonntag war, ſo gab ich gleich alle
Hoffnung auf, den mürriſchen Portier zur Aus-
nahme zu bewegen, denn auf ſeiner Stirn war deut-
lich, Dante’s umgekehrte Hölleninſchrift zu leſen:
Voi che venite — di entrare lasciate ogni spe-
ranza!

Meinen Rückweg nahm ich über die Bergſtadt
Clifton, aus der man Briſtol, wie in einem Abgrun-
de, unter ſich liegen ſieht. Die Scene wurde über-
dem ſehr heiter ſtaffirt durch die, in bunten Farben
ſchillernde, Menge der Kirchgänger beiderlei Ge-
ſchlechts, welcher ich auf allen Gaſſen begegnete.
Stark kontraſtirte dagegen ein großes, ganz ſchwarz
angeſtrichenes Haus mit weißen Fenſtern, einem un-
ermeßlichen Catafalke ähnlich. Man ſagte mir, es
ſey das Stadthoſpital, und ein Herr erbot ſich, es
mir zu zeigen. Das Innere war weit anziehender
als der äußere Anſtrich. Große Geräumigkeit, freund-
liche Säle, und die ausgezeichnetſte Reinlichkeit, müſ-
ſen es zu einem ſehr troſtreichen Aufenthalt für
Kranke machen. Nirgends auch ſpürte ich den min-
deſten üblen Geruch, außer in der Apotheke, nach
Pillen und Rhabarber. Die rechte Seite des Hauſes
nahmen die männlichen, die linke die weiblichen Pa-
tienten ein, und in dieſen beiden, den untern Theil

Briefe eines Verſtorbenen. II. 18
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[271/0293] durchſichtiges Eiſengitter erſetzt, damit man den demü- thig neugierigen Blick in die verbotne Herrlichkeit werfen möge. Aber hiermit iſt auch die Liberalität des engliſchen Beſitzers erſchöpft. Da es nun heute überdies noch Sonntag war, ſo gab ich gleich alle Hoffnung auf, den mürriſchen Portier zur Aus- nahme zu bewegen, denn auf ſeiner Stirn war deut- lich, Dante’s umgekehrte Hölleninſchrift zu leſen: Voi che venite — di entrare lasciate ogni spe- ranza! Meinen Rückweg nahm ich über die Bergſtadt Clifton, aus der man Briſtol, wie in einem Abgrun- de, unter ſich liegen ſieht. Die Scene wurde über- dem ſehr heiter ſtaffirt durch die, in bunten Farben ſchillernde, Menge der Kirchgänger beiderlei Ge- ſchlechts, welcher ich auf allen Gaſſen begegnete. Stark kontraſtirte dagegen ein großes, ganz ſchwarz angeſtrichenes Haus mit weißen Fenſtern, einem un- ermeßlichen Catafalke ähnlich. Man ſagte mir, es ſey das Stadthoſpital, und ein Herr erbot ſich, es mir zu zeigen. Das Innere war weit anziehender als der äußere Anſtrich. Große Geräumigkeit, freund- liche Säle, und die ausgezeichnetſte Reinlichkeit, müſ- ſen es zu einem ſehr troſtreichen Aufenthalt für Kranke machen. Nirgends auch ſpürte ich den min- deſten üblen Geruch, außer in der Apotheke, nach Pillen und Rhabarber. Die rechte Seite des Hauſes nahmen die männlichen, die linke die weiblichen Pa- tienten ein, und in dieſen beiden, den untern Theil Briefe eines Verſtorbenen. II. 18

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/293>, abgerufen am 22.11.2024.