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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Ich sende Dir beifolgend zwei spezielle Werke über
die Vase und die Elgin'schen Antiken, mit sehr leid-
lichen Umrissen, nehme aber jetzt Abschied, um ein-
packen zu lassen, denn morgen gedenke ich nach
Newmarket zu fahren, um mich während des Pferde-
rennens einige Tage daselbst aufzuhalten.



Die Schönheit des Landes, und die ungemeine
Zierlichkeit aller Orte, durch die mein heutiger Weg
mich führte, frappirte mich von neuem auf das an-
genehmste. Diese eben so fruchtbaren als geordneten
Landschaften, diese Tausende von behaglichen und lieb-
lichen Landhäusern, auf allen Punkten der Gegend
vertheilt, dies fortwährende Gewühl von eleganten
Wagen, Reitern und wohlgekleideten Fußgängern sind
nur England eigen. Es hat aber dieses schöne Ganze
doch einen Fehler, es ist alles zu kultivirt, zu vollen-
det, deshalb immer und überall dasselbe, und folglich
auf die Länge ermüdend, ja ich kann mir sogar den-
ken, daß es endlich widerlich werden muß, wie den
Uebersatten eine duftende Schüssel voller Delikatessen
aneckelt. Dies mag auch die große Reiselust der Eng-
länder zum Theil erklären. Es ist gerade so wie im
Leben, wo der Mensch ganz ungestörtes Glück am
wenigsten vertragen kann, weßhalb der liebe Gott

Ich ſende Dir beifolgend zwei ſpezielle Werke über
die Vaſe und die Elgin’ſchen Antiken, mit ſehr leid-
lichen Umriſſen, nehme aber jetzt Abſchied, um ein-
packen zu laſſen, denn morgen gedenke ich nach
Newmarket zu fahren, um mich während des Pferde-
rennens einige Tage daſelbſt aufzuhalten.



Die Schönheit des Landes, und die ungemeine
Zierlichkeit aller Orte, durch die mein heutiger Weg
mich führte, frappirte mich von neuem auf das an-
genehmſte. Dieſe eben ſo fruchtbaren als geordneten
Landſchaften, dieſe Tauſende von behaglichen und lieb-
lichen Landhäuſern, auf allen Punkten der Gegend
vertheilt, dies fortwährende Gewühl von eleganten
Wagen, Reitern und wohlgekleideten Fußgängern ſind
nur England eigen. Es hat aber dieſes ſchöne Ganze
doch einen Fehler, es iſt alles zu kultivirt, zu vollen-
det, deshalb immer und überall daſſelbe, und folglich
auf die Länge ermüdend, ja ich kann mir ſogar den-
ken, daß es endlich widerlich werden muß, wie den
Ueberſatten eine duftende Schüſſel voller Delikateſſen
aneckelt. Dies mag auch die große Reiſeluſt der Eng-
länder zum Theil erklären. Es iſt gerade ſo wie im
Leben, wo der Menſch ganz ungeſtörtes Glück am
wenigſten vertragen kann, weßhalb der liebe Gott

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[72/0112] Ich ſende Dir beifolgend zwei ſpezielle Werke über die Vaſe und die Elgin’ſchen Antiken, mit ſehr leid- lichen Umriſſen, nehme aber jetzt Abſchied, um ein- packen zu laſſen, denn morgen gedenke ich nach Newmarket zu fahren, um mich während des Pferde- rennens einige Tage daſelbſt aufzuhalten. Newmarket den 19ten Oktober. Die Schönheit des Landes, und die ungemeine Zierlichkeit aller Orte, durch die mein heutiger Weg mich führte, frappirte mich von neuem auf das an- genehmſte. Dieſe eben ſo fruchtbaren als geordneten Landſchaften, dieſe Tauſende von behaglichen und lieb- lichen Landhäuſern, auf allen Punkten der Gegend vertheilt, dies fortwährende Gewühl von eleganten Wagen, Reitern und wohlgekleideten Fußgängern ſind nur England eigen. Es hat aber dieſes ſchöne Ganze doch einen Fehler, es iſt alles zu kultivirt, zu vollen- det, deshalb immer und überall daſſelbe, und folglich auf die Länge ermüdend, ja ich kann mir ſogar den- ken, daß es endlich widerlich werden muß, wie den Ueberſatten eine duftende Schüſſel voller Delikateſſen aneckelt. Dies mag auch die große Reiſeluſt der Eng- länder zum Theil erklären. Es iſt gerade ſo wie im Leben, wo der Menſch ganz ungeſtörtes Glück am wenigſten vertragen kann, weßhalb der liebe Gott

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/112>, abgerufen am 24.11.2024.