Dieser öffnete von Innen, und höchst überraschend war der Anblick, der sich jetzt vor uns entfaltete. Wir waren in einen kleinen offnen Salon getreten, dessen freistehende Säulen dichte Monatsrosen ganz bedeckten, zwischen denen wir rechts eine große Vo- liere mit Papageyen, links eine eben so ausgedehnte Hecke von Kanarienvögeln, Stieglitzen und andern kleinen Vögeln sahen, vor uns aber einen freien Rasenplatz mit einzelnen immergrünen Sträuchern, und einen Hintergrund von hohem Walde, durch den man einige ganz schmale Durchsichten auf ein fernes Dorf und einen einzelnen Kirchthurm, mit vieler Kunst menagirt hatte.
Auf diesem freien Platz rief nun der Jäger Wol- ken-von Gold-, Silber- und farbigen Fasanen, nebst einigen fremden Hühnerarten, zahmen Raben, selt- nen Tauben und anderem Geflügel zusammen, die hier ihr Futter bekamen, und sich dabei im buntesten Gewimmel umhertaumelten. Ihre verschiedenen Ma- nieren und Gebehrden, von der Leidenschaft der Be- gierde gesteigert, gaben ein ganz eigenthümliches Schauspiel; besonders possirlich betrug sich ein Gold- fasanenhahn, der gleich einem Stutzer aus alter Zeit allen Hühnern die Cour zu machen schien, und mit den allerlächerlichsten Verdrehungen und Airs, die er sich dabei gab, meinen alten B. zu solchem Lachen zwang, daß die englischen Diener, welche im Aeus- sern an sclavische Ehrfurcht vor ihren Herren gewöhnt sind, diese Freiheit mit Verwunderung betrachteten, während sie mich wenigstens eben so sehr amüsirte,
Briefe eines Verstorbenen III. 7
Dieſer öffnete von Innen, und höchſt überraſchend war der Anblick, der ſich jetzt vor uns entfaltete. Wir waren in einen kleinen offnen Salon getreten, deſſen freiſtehende Säulen dichte Monatsroſen ganz bedeckten, zwiſchen denen wir rechts eine große Vo- liere mit Papageyen, links eine eben ſo ausgedehnte Hecke von Kanarienvögeln, Stieglitzen und andern kleinen Vögeln ſahen, vor uns aber einen freien Raſenplatz mit einzelnen immergrünen Sträuchern, und einen Hintergrund von hohem Walde, durch den man einige ganz ſchmale Durchſichten auf ein fernes Dorf und einen einzelnen Kirchthurm, mit vieler Kunſt menagirt hatte.
Auf dieſem freien Platz rief nun der Jäger Wol- ken-von Gold-, Silber- und farbigen Faſanen, nebſt einigen fremden Hühnerarten, zahmen Raben, ſelt- nen Tauben und anderem Geflügel zuſammen, die hier ihr Futter bekamen, und ſich dabei im bunteſten Gewimmel umhertaumelten. Ihre verſchiedenen Ma- nieren und Gebehrden, von der Leidenſchaft der Be- gierde geſteigert, gaben ein ganz eigenthümliches Schauſpiel; beſonders poſſirlich betrug ſich ein Gold- faſanenhahn, der gleich einem Stutzer aus alter Zeit allen Hühnern die Cour zu machen ſchien, und mit den allerlächerlichſten Verdrehungen und Airs, die er ſich dabei gab, meinen alten B. zu ſolchem Lachen zwang, daß die engliſchen Diener, welche im Aeuſ- ſern an ſclaviſche Ehrfurcht vor ihren Herren gewöhnt ſind, dieſe Freiheit mit Verwunderung betrachteten, während ſie mich wenigſtens eben ſo ſehr amüſirte,
Briefe eines Verſtorbenen III. 7
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0137"n="97"/><p>Dieſer öffnete von Innen, und höchſt überraſchend<lb/>
war der Anblick, der ſich jetzt vor uns entfaltete.<lb/>
Wir waren in einen kleinen offnen Salon getreten,<lb/>
deſſen freiſtehende Säulen dichte Monatsroſen ganz<lb/>
bedeckten, zwiſchen denen wir rechts eine große Vo-<lb/>
liere mit Papageyen, links eine eben ſo ausgedehnte<lb/>
Hecke von Kanarienvögeln, Stieglitzen und andern<lb/>
kleinen Vögeln ſahen, vor uns aber einen freien<lb/>
Raſenplatz mit einzelnen immergrünen Sträuchern,<lb/>
und einen Hintergrund von hohem Walde, durch<lb/>
den man einige ganz ſchmale Durchſichten auf ein<lb/>
fernes Dorf und einen einzelnen Kirchthurm, mit<lb/>
vieler Kunſt menagirt hatte.</p><lb/><p>Auf dieſem freien Platz rief nun der Jäger Wol-<lb/>
ken-von Gold-, Silber- und farbigen Faſanen, nebſt<lb/>
einigen fremden Hühnerarten, zahmen Raben, ſelt-<lb/>
nen Tauben und anderem Geflügel zuſammen, die<lb/>
hier ihr Futter bekamen, und ſich dabei im bunteſten<lb/>
Gewimmel umhertaumelten. Ihre verſchiedenen Ma-<lb/>
nieren und Gebehrden, von der Leidenſchaft der Be-<lb/>
gierde geſteigert, gaben ein ganz eigenthümliches<lb/>
Schauſpiel; beſonders poſſirlich betrug ſich ein Gold-<lb/>
faſanenhahn, der gleich einem Stutzer aus alter Zeit<lb/>
allen Hühnern die Cour zu machen ſchien, und mit<lb/>
den allerlächerlichſten Verdrehungen und Airs, die<lb/>
er ſich dabei gab, meinen alten B. zu ſolchem Lachen<lb/>
zwang, daß die engliſchen Diener, welche im Aeuſ-<lb/>ſern an ſclaviſche Ehrfurcht vor ihren Herren gewöhnt<lb/>ſind, dieſe Freiheit mit Verwunderung betrachteten,<lb/>
während ſie <hirendition="#g">mich</hi> wenigſtens eben ſo ſehr amüſirte,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Briefe eines Verſtorbenen <hirendition="#aq">III.</hi> 7</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[97/0137]
Dieſer öffnete von Innen, und höchſt überraſchend
war der Anblick, der ſich jetzt vor uns entfaltete.
Wir waren in einen kleinen offnen Salon getreten,
deſſen freiſtehende Säulen dichte Monatsroſen ganz
bedeckten, zwiſchen denen wir rechts eine große Vo-
liere mit Papageyen, links eine eben ſo ausgedehnte
Hecke von Kanarienvögeln, Stieglitzen und andern
kleinen Vögeln ſahen, vor uns aber einen freien
Raſenplatz mit einzelnen immergrünen Sträuchern,
und einen Hintergrund von hohem Walde, durch
den man einige ganz ſchmale Durchſichten auf ein
fernes Dorf und einen einzelnen Kirchthurm, mit
vieler Kunſt menagirt hatte.
Auf dieſem freien Platz rief nun der Jäger Wol-
ken-von Gold-, Silber- und farbigen Faſanen, nebſt
einigen fremden Hühnerarten, zahmen Raben, ſelt-
nen Tauben und anderem Geflügel zuſammen, die
hier ihr Futter bekamen, und ſich dabei im bunteſten
Gewimmel umhertaumelten. Ihre verſchiedenen Ma-
nieren und Gebehrden, von der Leidenſchaft der Be-
gierde geſteigert, gaben ein ganz eigenthümliches
Schauſpiel; beſonders poſſirlich betrug ſich ein Gold-
faſanenhahn, der gleich einem Stutzer aus alter Zeit
allen Hühnern die Cour zu machen ſchien, und mit
den allerlächerlichſten Verdrehungen und Airs, die
er ſich dabei gab, meinen alten B. zu ſolchem Lachen
zwang, daß die engliſchen Diener, welche im Aeuſ-
ſern an ſclaviſche Ehrfurcht vor ihren Herren gewöhnt
ſind, dieſe Freiheit mit Verwunderung betrachteten,
während ſie mich wenigſtens eben ſo ſehr amüſirte,
Briefe eines Verſtorbenen III. 7
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/137>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.