zu beruhigen, fühlt an seinen Puls und fragt: "Wo seyd ihr denn eigentlich beschädigt, hier?" "Nein, tiefer." "An der Brust?" "Nein, tiefer." "Ist Euer Bein gebrochen?" "Nein, höher." "Wo denn?" In dem Augenblick giebt aber Punch dem armen Doctor einen schallenden Schlag auf eine gewisse Par- thie, springt lachend auf und singt tanzend:
Hier ist der Fleck, wo ich verwundet, Und jetzt durch Sympathie gesundet; Ich fiel ja nur ins grüne Gras, Glaubt Esel ihr, ich sey von Glas?
Der wüthende Doctor ist, ohne ein Wort weiter zu erwiedern, weggelaufen, kömmt gleich darauf mit seinem großen Stocke mit goldnem Knopfe wieder, und indem er ausruft: "Hier, lieber Punch, bringe ich Euch heilsame Medizin, wie sie für Euch allein paßt," läßt er besagten Stock noch nachdrücklicher als Judy, wie einen Dreschflegel auf Punch'ns Schultern ar- beiten.
"O weh!" schreit dieser, "tausend Dank, ich bin ja schon gesund, ich vertrage überhaupt gar keine Medizin, sie giebt mir immer gleich Kopf- und Hüf- tenweh ...." "Ach, das ist nur, weil ihr noch eine zu geringe Dosis davon zu Euch genommen habt," unterbricht ihn der Doctor, "nehmt immer noch eine kleine Gabe, und es wird Euch gewiß besser werden."
Briefe eines Verstorbenen. III. 10
zu beruhigen, fühlt an ſeinen Puls und fragt: „Wo ſeyd ihr denn eigentlich beſchädigt, hier?“ „Nein, tiefer.“ „An der Bruſt?“ „Nein, tiefer.“ „Iſt Euer Bein gebrochen?“ „Nein, höher.“ „Wo denn?“ In dem Augenblick giebt aber Punch dem armen Doctor einen ſchallenden Schlag auf eine gewiſſe Par- thie, ſpringt lachend auf und ſingt tanzend:
Hier iſt der Fleck, wo ich verwundet, Und jetzt durch Sympathie geſundet; Ich fiel ja nur ins gruͤne Gras, Glaubt Eſel ihr, ich ſey von Glas?
Der wüthende Doctor iſt, ohne ein Wort weiter zu erwiedern, weggelaufen, kömmt gleich darauf mit ſeinem großen Stocke mit goldnem Knopfe wieder, und indem er ausruft: „Hier, lieber Punch, bringe ich Euch heilſame Medizin, wie ſie für Euch allein paßt,“ läßt er beſagten Stock noch nachdrücklicher als Judy, wie einen Dreſchflegel auf Punch’ns Schultern ar- beiten.
„O weh!“ ſchreit dieſer, „tauſend Dank, ich bin ja ſchon geſund, ich vertrage überhaupt gar keine Medizin, ſie giebt mir immer gleich Kopf- und Hüf- tenweh ....“ „Ach, das iſt nur, weil ihr noch eine zu geringe Doſis davon zu Euch genommen habt,“ unterbricht ihn der Doctor, „nehmt immer noch eine kleine Gabe, und es wird Euch gewiß beſſer werden.“
Briefe eines Verſtorbenen. III. 10
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zu beruhigen, fühlt an ſeinen Puls und fragt: „Wo
ſeyd ihr denn eigentlich beſchädigt, hier?“ „Nein,
tiefer.“ „An der Bruſt?“ „Nein, tiefer.“ „Iſt
Euer Bein gebrochen?“ „Nein, höher.“ „Wo denn?“
In dem Augenblick giebt aber Punch dem armen
Doctor einen ſchallenden Schlag auf eine gewiſſe Par-
thie, ſpringt lachend auf und ſingt tanzend:
Hier iſt der Fleck, wo ich verwundet,
Und jetzt durch Sympathie geſundet;
Ich fiel ja nur ins gruͤne Gras,
Glaubt Eſel ihr, ich ſey von Glas?
Der wüthende Doctor iſt, ohne ein Wort weiter
zu erwiedern, weggelaufen, kömmt gleich darauf mit
ſeinem großen Stocke mit goldnem Knopfe wieder, und
indem er ausruft: „Hier, lieber Punch, bringe ich
Euch heilſame Medizin, wie ſie für Euch allein paßt,“
läßt er beſagten Stock noch nachdrücklicher als Judy,
wie einen Dreſchflegel auf Punch’ns Schultern ar-
beiten.
„O weh!“ ſchreit dieſer, „tauſend Dank, ich bin
ja ſchon geſund, ich vertrage überhaupt gar keine
Medizin, ſie giebt mir immer gleich Kopf- und Hüf-
tenweh ....“ „Ach, das iſt nur, weil ihr noch
eine zu geringe Doſis davon zu Euch genommen
habt,“ unterbricht ihn der Doctor, „nehmt immer noch
eine kleine Gabe, und es wird Euch gewiß beſſer
werden.“
Briefe eines Verſtorbenen. III. 10
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/185>, abgerufen am 24.11.2024.
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