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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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demselben Orte so zusammen gehäuft, angetroffen
werden. Es gibt Stellen in dieser Stadt, wo man
sich ganz in's fünfzehnte Jahrhundert versetzt glaubt,
weil man durchaus nichts als Denkmale dieser Zeit,
ohne irgend eine moderne Unterbrechung, um sich her
versammelt sieht. Viele, ja die meisten dieser alten
Colleges und Kirchen sind auch im Detail sehr schön,
alle aber wenigstens von höchst malerischer Wirkung,
und oft hat es mich gewundert, warum man nicht
manches Einzelne dieser Bauart, unter andern die
eben so schönen als zweckmäßigen, lichten Fenster, in
zwei und drei Abtheilungen, bisweilen mit großen
Erkern abwechselnd, und unsymmetrisch vertheilt, nicht
auch bei unsern modernen Wohngebäuden anwendet,
-- denn nur die Gewohnheit kann uns wohl die re-
gelmäßigen Reihen viereckiger Löcher, die wir Fenster
nennen, erträglich machen.

Ich begab mich zuerst nach dem dreihundert Jahre
alten, sogenannten Theater (aber nur für geistliche
Schauspieler bestimmt), das von einem Bischof er-
baut ist. Die eiserne Grille, die es umgibt, hat statt
der Pfeiler eine Art Termen mit den Köpfen der rö-
mischen Kaiser, ein seltsamer Einfall, der aber keinen
üblen Effekt macht. In diesem Theater, das, seinem
Ursprung gemäß, mehr einer Kirche ähnlich sieht,
wurden in neuester Zeit der russische Kaiser, der Kö-
nig von Preußen und der Prinz-Regent zu Docto-
ren creirt, wobei sie genöthigt waren, im rothen
Doctorgewande zu erscheinen. Die Portraits aller

demſelben Orte ſo zuſammen gehäuft, angetroffen
werden. Es gibt Stellen in dieſer Stadt, wo man
ſich ganz in’s fünfzehnte Jahrhundert verſetzt glaubt,
weil man durchaus nichts als Denkmale dieſer Zeit,
ohne irgend eine moderne Unterbrechung, um ſich her
verſammelt ſieht. Viele, ja die meiſten dieſer alten
Colleges und Kirchen ſind auch im Detail ſehr ſchön,
alle aber wenigſtens von höchſt maleriſcher Wirkung,
und oft hat es mich gewundert, warum man nicht
manches Einzelne dieſer Bauart, unter andern die
eben ſo ſchönen als zweckmäßigen, lichten Fenſter, in
zwei und drei Abtheilungen, bisweilen mit großen
Erkern abwechſelnd, und unſymmetriſch vertheilt, nicht
auch bei unſern modernen Wohngebäuden anwendet,
— denn nur die Gewohnheit kann uns wohl die re-
gelmäßigen Reihen viereckiger Löcher, die wir Fenſter
nennen, erträglich machen.

Ich begab mich zuerſt nach dem dreihundert Jahre
alten, ſogenannten Theater (aber nur für geiſtliche
Schauſpieler beſtimmt), das von einem Biſchof er-
baut iſt. Die eiſerne Grille, die es umgibt, hat ſtatt
der Pfeiler eine Art Termen mit den Köpfen der rö-
miſchen Kaiſer, ein ſeltſamer Einfall, der aber keinen
üblen Effekt macht. In dieſem Theater, das, ſeinem
Urſprung gemäß, mehr einer Kirche ähnlich ſieht,
wurden in neueſter Zeit der ruſſiſche Kaiſer, der Kö-
nig von Preußen und der Prinz-Regent zu Docto-
ren creirt, wobei ſie genöthigt waren, im rothen
Doctorgewande zu erſcheinen. Die Portraits aller

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[279/0325] demſelben Orte ſo zuſammen gehäuft, angetroffen werden. Es gibt Stellen in dieſer Stadt, wo man ſich ganz in’s fünfzehnte Jahrhundert verſetzt glaubt, weil man durchaus nichts als Denkmale dieſer Zeit, ohne irgend eine moderne Unterbrechung, um ſich her verſammelt ſieht. Viele, ja die meiſten dieſer alten Colleges und Kirchen ſind auch im Detail ſehr ſchön, alle aber wenigſtens von höchſt maleriſcher Wirkung, und oft hat es mich gewundert, warum man nicht manches Einzelne dieſer Bauart, unter andern die eben ſo ſchönen als zweckmäßigen, lichten Fenſter, in zwei und drei Abtheilungen, bisweilen mit großen Erkern abwechſelnd, und unſymmetriſch vertheilt, nicht auch bei unſern modernen Wohngebäuden anwendet, — denn nur die Gewohnheit kann uns wohl die re- gelmäßigen Reihen viereckiger Löcher, die wir Fenſter nennen, erträglich machen. Ich begab mich zuerſt nach dem dreihundert Jahre alten, ſogenannten Theater (aber nur für geiſtliche Schauſpieler beſtimmt), das von einem Biſchof er- baut iſt. Die eiſerne Grille, die es umgibt, hat ſtatt der Pfeiler eine Art Termen mit den Köpfen der rö- miſchen Kaiſer, ein ſeltſamer Einfall, der aber keinen üblen Effekt macht. In dieſem Theater, das, ſeinem Urſprung gemäß, mehr einer Kirche ähnlich ſieht, wurden in neueſter Zeit der ruſſiſche Kaiſer, der Kö- nig von Preußen und der Prinz-Regent zu Docto- ren creirt, wobei ſie genöthigt waren, im rothen Doctorgewande zu erſcheinen. Die Portraits aller

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/325>, abgerufen am 22.11.2024.