Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen,
ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte
Kamin gab keine.



Unter uns gesagt, so angenehm, so ungenirt es
auch in einem fremden Hause seyn mag, für mich ist
es immer noch zu sehr genirt, zu unwohnlich, vor
allem zu abhängig, um mich Ueberstolzen und Beque-
men recht a mon aise darin zu befinden. Dies letz-
tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier
Pfählen vollkommen, nächstdem im Reisewagen oder
im Gasthofe. Dieser Geschmack mag nicht der beste
seyn, indessen es ist einmal der Meine! Da nun so
viele Menschen eigentlich gar keinen haben, so bin ich
immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu-
frieden.

Ich werde also die Tage der Einladung nicht ganz
erschöpfen, sondern morgen mein großes Bett einem
andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen
lassen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher
dermalen sehr fashionable ist.

Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge-
fälligem Sohne die ganzen hiesigen Anlagen beritten,
die weniger auffallend durch Züge ausserordentlicher
Schönheit sind, als siegreich die schwere Probe beste-
hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-

fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen,
ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte
Kamin gab keine.



Unter uns geſagt, ſo angenehm, ſo ungenirt es
auch in einem fremden Hauſe ſeyn mag, für mich iſt
es immer noch zu ſehr genirt, zu unwohnlich, vor
allem zu abhängig, um mich Ueberſtolzen und Beque-
men recht à mon aise darin zu befinden. Dies letz-
tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier
Pfählen vollkommen, nächſtdem im Reiſewagen oder
im Gaſthofe. Dieſer Geſchmack mag nicht der beſte
ſeyn, indeſſen es iſt einmal der Meine! Da nun ſo
viele Menſchen eigentlich gar keinen haben, ſo bin ich
immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu-
frieden.

Ich werde alſo die Tage der Einladung nicht ganz
erſchöpfen, ſondern morgen mein großes Bett einem
andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen
laſſen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher
dermalen ſehr fashionable iſt.

Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge-
fälligem Sohne die ganzen hieſigen Anlagen beritten,
die weniger auffallend durch Züge auſſerordentlicher
Schönheit ſind, als ſiegreich die ſchwere Probe beſte-
hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0391" n="345"/>
fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen,<lb/>
ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte<lb/>
Kamin gab keine.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 5ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Unter uns ge&#x017F;agt, &#x017F;o angenehm, &#x017F;o ungenirt es<lb/>
auch in einem fremden Hau&#x017F;e &#x017F;eyn mag, für mich i&#x017F;t<lb/>
es immer noch zu &#x017F;ehr genirt, zu unwohnlich, vor<lb/>
allem zu abhängig, um mich Ueber&#x017F;tolzen und Beque-<lb/>
men recht <hi rendition="#aq">à mon aise</hi> darin zu befinden. Dies letz-<lb/>
tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier<lb/>
Pfählen vollkommen, näch&#x017F;tdem im Rei&#x017F;ewagen oder<lb/>
im Ga&#x017F;thofe. Die&#x017F;er Ge&#x017F;chmack mag nicht der be&#x017F;te<lb/>
&#x017F;eyn, inde&#x017F;&#x017F;en es i&#x017F;t einmal der Meine! Da nun &#x017F;o<lb/>
viele Men&#x017F;chen eigentlich gar keinen haben, &#x017F;o bin ich<lb/>
immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu-<lb/>
frieden.</p><lb/>
          <p>Ich werde al&#x017F;o die Tage der Einladung nicht ganz<lb/>
er&#x017F;chöpfen, &#x017F;ondern morgen mein großes Bett einem<lb/>
andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher<lb/>
dermalen &#x017F;ehr fashionable i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge-<lb/>
fälligem Sohne die ganzen hie&#x017F;igen Anlagen beritten,<lb/>
die weniger auffallend durch Züge au&#x017F;&#x017F;erordentlicher<lb/>
Schönheit &#x017F;ind, als &#x017F;iegreich die &#x017F;chwere Probe be&#x017F;te-<lb/>
hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0391] fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen, ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte Kamin gab keine. Den 5ten. Unter uns geſagt, ſo angenehm, ſo ungenirt es auch in einem fremden Hauſe ſeyn mag, für mich iſt es immer noch zu ſehr genirt, zu unwohnlich, vor allem zu abhängig, um mich Ueberſtolzen und Beque- men recht à mon aise darin zu befinden. Dies letz- tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier Pfählen vollkommen, nächſtdem im Reiſewagen oder im Gaſthofe. Dieſer Geſchmack mag nicht der beſte ſeyn, indeſſen es iſt einmal der Meine! Da nun ſo viele Menſchen eigentlich gar keinen haben, ſo bin ich immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu- frieden. Ich werde alſo die Tage der Einladung nicht ganz erſchöpfen, ſondern morgen mein großes Bett einem andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen laſſen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher dermalen ſehr fashionable iſt. Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge- fälligem Sohne die ganzen hieſigen Anlagen beritten, die weniger auffallend durch Züge auſſerordentlicher Schönheit ſind, als ſiegreich die ſchwere Probe beſte- hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/391
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/391>, abgerufen am 22.11.2024.