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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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nichts zu wünschen übrig läßt; die Dienerschaft ist
stets da, wenn man sie braucht, und drängt sich doch
nicht auf, der Wirth selbst aber erscheint gewöhnlich
beim Anfang des Dines, um sich zu erkundigen, ob
man mit allem zufrieden sey, kurz man vermißt in
einem guten Gasthofe hier nichts, was der wohl-
habende gereiste Privatmann in seinem eignen Hause
besitzt, und wird vielleicht noch mit mehr Aufmerk-
samkeit bedient. Freilich ist die Rechnung dem an-
gemessen, und auch die Waiters müssen ziemlich eben
so hoch wie eigne Diener bezahlt werden. In den
ersten Hotels ist ein Kellner, für seine Person allein,
mit weniger als zwei Pfund Trinkgeld die Woche
durchaus nicht zufrieden. Die Trinkgelder sind über-
haupt in England mehr als irgendwo an der Tages-
ordnung, und werden mit seltner Unverschämtheit,
selbst in der Kirche eingefordert.

Ich besuchte heute einige Bazars, die seit den letzten
Jahren immer mehr überhand nehmen, und den
Käufern viel Bequemlichkeit darbieten. Der soge-
nannte Pferde-Bazar ist im größten Maßstabe er-
baut, und versammelt täglich eine sehr bunte Menge.
Er nimmt mehrere weitläuftige Gebäude ein, wo in
endlosen langen Gallerien und Sälen zuerst viele
Hunderte von Wagen und Geschirren aller Art, neue
und alte, aber auch die letztern wie neue aufgefrischt)
fast zu allen Preisen ausgestellt sind. In andern
Zimmern werden Porcellain-Waaren, Putz, Cristall,
Spiegel, Quincaillerie, Spielsachen, sogar tropische
Vögel und Schmetterlings-Sammlungen etc. feil ge-

Briefe eines Verstorbenen III. 4

nichts zu wünſchen übrig läßt; die Dienerſchaft iſt
ſtets da, wenn man ſie braucht, und drängt ſich doch
nicht auf, der Wirth ſelbſt aber erſcheint gewöhnlich
beim Anfang des Dinés, um ſich zu erkundigen, ob
man mit allem zufrieden ſey, kurz man vermißt in
einem guten Gaſthofe hier nichts, was der wohl-
habende gereiste Privatmann in ſeinem eignen Hauſe
beſitzt, und wird vielleicht noch mit mehr Aufmerk-
ſamkeit bedient. Freilich iſt die Rechnung dem an-
gemeſſen, und auch die Waiters müſſen ziemlich eben
ſo hoch wie eigne Diener bezahlt werden. In den
erſten Hotels iſt ein Kellner, für ſeine Perſon allein,
mit weniger als zwei Pfund Trinkgeld die Woche
durchaus nicht zufrieden. Die Trinkgelder ſind über-
haupt in England mehr als irgendwo an der Tages-
ordnung, und werden mit ſeltner Unverſchämtheit,
ſelbſt in der Kirche eingefordert.

Ich beſuchte heute einige Bazars, die ſeit den letzten
Jahren immer mehr überhand nehmen, und den
Käufern viel Bequemlichkeit darbieten. Der ſoge-
nannte Pferde-Bazar iſt im größten Maßſtabe er-
baut, und verſammelt täglich eine ſehr bunte Menge.
Er nimmt mehrere weitläuftige Gebäude ein, wo in
endloſen langen Gallerien und Sälen zuerſt viele
Hunderte von Wagen und Geſchirren aller Art, neue
und alte, aber auch die letztern wie neue aufgefriſcht)
faſt zu allen Preiſen ausgeſtellt ſind. In andern
Zimmern werden Porcellain-Waaren, Putz, Criſtall,
Spiegel, Quincaillerie, Spielſachen, ſogar tropiſche
Vögel und Schmetterlings-Sammlungen ꝛc. feil ge-

Briefe eines Verſtorbenen III. 4
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[49/0089] nichts zu wünſchen übrig läßt; die Dienerſchaft iſt ſtets da, wenn man ſie braucht, und drängt ſich doch nicht auf, der Wirth ſelbſt aber erſcheint gewöhnlich beim Anfang des Dinés, um ſich zu erkundigen, ob man mit allem zufrieden ſey, kurz man vermißt in einem guten Gaſthofe hier nichts, was der wohl- habende gereiste Privatmann in ſeinem eignen Hauſe beſitzt, und wird vielleicht noch mit mehr Aufmerk- ſamkeit bedient. Freilich iſt die Rechnung dem an- gemeſſen, und auch die Waiters müſſen ziemlich eben ſo hoch wie eigne Diener bezahlt werden. In den erſten Hotels iſt ein Kellner, für ſeine Perſon allein, mit weniger als zwei Pfund Trinkgeld die Woche durchaus nicht zufrieden. Die Trinkgelder ſind über- haupt in England mehr als irgendwo an der Tages- ordnung, und werden mit ſeltner Unverſchämtheit, ſelbſt in der Kirche eingefordert. Ich beſuchte heute einige Bazars, die ſeit den letzten Jahren immer mehr überhand nehmen, und den Käufern viel Bequemlichkeit darbieten. Der ſoge- nannte Pferde-Bazar iſt im größten Maßſtabe er- baut, und verſammelt täglich eine ſehr bunte Menge. Er nimmt mehrere weitläuftige Gebäude ein, wo in endloſen langen Gallerien und Sälen zuerſt viele Hunderte von Wagen und Geſchirren aller Art, neue und alte, aber auch die letztern wie neue aufgefriſcht) faſt zu allen Preiſen ausgeſtellt ſind. In andern Zimmern werden Porcellain-Waaren, Putz, Criſtall, Spiegel, Quincaillerie, Spielſachen, ſogar tropiſche Vögel und Schmetterlings-Sammlungen ꝛc. feil ge- Briefe eines Verſtorbenen III. 4

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/89>, abgerufen am 21.11.2024.