bis ein längerer Aufenthalt und "die season" mich befähigt hat, etwas ausführlicher davon zu sprechen. So lange London, hinsichtlich der großen Welt, einem Palmyra an Einsamkeit gleicht, werde ich mich mit der Beschreibung der Lokalitäten begnügen, die mir zufällig, oder denen ich absichtlich in den Weg komme.
Den 10ten Oktober.
Vor einigen Tagen benützte ich ein etwas helleres Wetter, um Chiswick, eine Villa des Herzogs von Devonshire zu besuchen, die für die eleganteste Anlage dieser Art in England gilt, und die ich vor mehreren Jahren nur oberflächlich, bei einem Feste das der Herzog gab, gesehen hatte. Die Gemälde konnte ich auch diesmal nicht betrachten, weil ein Gast das Haus bewohnte. Im Garten fand ich viel verändert, aber kaum zum Vortheil, denn es herrscht jetzt eine Mischung von Regelmäßigem und Unregel- mäßigem darin, die einen widrigen Effekt hervor- bringt. Ueberhaupt ist an mehreren Orten die häß- liche Mode in England eingerissen, den pleasure- ground fast überall nur mit einzelnen, fast reihen- weis gestellten, seltnen Bäumen zu bepflanzen, was den Rasenstücken das Ansehen von Baumschulen gibt. In den Strubs beschneidet man die Sträucher rund
bis ein längerer Aufenthalt und „die season“ mich befähigt hat, etwas ausführlicher davon zu ſprechen. So lange London, hinſichtlich der großen Welt, einem Palmyra an Einſamkeit gleicht, werde ich mich mit der Beſchreibung der Lokalitäten begnügen, die mir zufällig, oder denen ich abſichtlich in den Weg komme.
Den 10ten Oktober.
Vor einigen Tagen benützte ich ein etwas helleres Wetter, um Chiswick, eine Villa des Herzogs von Devonſhire zu beſuchen, die für die eleganteſte Anlage dieſer Art in England gilt, und die ich vor mehreren Jahren nur oberflächlich, bei einem Feſte das der Herzog gab, geſehen hatte. Die Gemälde konnte ich auch diesmal nicht betrachten, weil ein Gaſt das Haus bewohnte. Im Garten fand ich viel verändert, aber kaum zum Vortheil, denn es herrſcht jetzt eine Miſchung von Regelmäßigem und Unregel- mäßigem darin, die einen widrigen Effekt hervor- bringt. Ueberhaupt iſt an mehreren Orten die häß- liche Mode in England eingeriſſen, den pleasure- ground faſt überall nur mit einzelnen, faſt reihen- weis geſtellten, ſeltnen Bäumen zu bepflanzen, was den Raſenſtücken das Anſehen von Baumſchulen gibt. In den Strubs beſchneidet man die Sträucher rund
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0093"n="53"/>
bis ein längerer Aufenthalt und „die <hirendition="#aq">season</hi>“ mich<lb/>
befähigt hat, etwas ausführlicher davon zu ſprechen.<lb/>
So lange London, hinſichtlich der großen Welt, einem<lb/>
Palmyra an Einſamkeit gleicht, werde ich mich mit<lb/>
der Beſchreibung der Lokalitäten begnügen, die <hirendition="#g">mir</hi><lb/>
zufällig, oder denen <hirendition="#g">ich</hi> abſichtlich in den Weg<lb/>
komme.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 10ten Oktober.</hi></dateline></opener><lb/><p>Vor einigen Tagen benützte ich ein etwas helleres<lb/>
Wetter, um Chiswick, eine Villa des Herzogs von<lb/>
Devonſhire zu beſuchen, die für die eleganteſte<lb/>
Anlage dieſer Art in England gilt, und die ich vor<lb/>
mehreren Jahren nur oberflächlich, bei einem Feſte<lb/>
das der Herzog gab, geſehen hatte. Die Gemälde<lb/>
konnte ich auch diesmal nicht betrachten, weil ein<lb/>
Gaſt das Haus bewohnte. Im Garten fand ich viel<lb/>
verändert, aber kaum zum Vortheil, denn es herrſcht<lb/>
jetzt eine Miſchung von Regelmäßigem und Unregel-<lb/>
mäßigem darin, die einen widrigen Effekt hervor-<lb/>
bringt. Ueberhaupt iſt an mehreren Orten die häß-<lb/>
liche Mode in England eingeriſſen, den <hirendition="#aq">pleasure-<lb/>
ground</hi> faſt überall nur mit einzelnen, faſt reihen-<lb/>
weis geſtellten, ſeltnen Bäumen zu bepflanzen, was<lb/>
den Raſenſtücken das Anſehen von Baumſchulen gibt.<lb/>
In den Strubs beſchneidet man die Sträucher rund<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[53/0093]
bis ein längerer Aufenthalt und „die season“ mich
befähigt hat, etwas ausführlicher davon zu ſprechen.
So lange London, hinſichtlich der großen Welt, einem
Palmyra an Einſamkeit gleicht, werde ich mich mit
der Beſchreibung der Lokalitäten begnügen, die mir
zufällig, oder denen ich abſichtlich in den Weg
komme.
Den 10ten Oktober.
Vor einigen Tagen benützte ich ein etwas helleres
Wetter, um Chiswick, eine Villa des Herzogs von
Devonſhire zu beſuchen, die für die eleganteſte
Anlage dieſer Art in England gilt, und die ich vor
mehreren Jahren nur oberflächlich, bei einem Feſte
das der Herzog gab, geſehen hatte. Die Gemälde
konnte ich auch diesmal nicht betrachten, weil ein
Gaſt das Haus bewohnte. Im Garten fand ich viel
verändert, aber kaum zum Vortheil, denn es herrſcht
jetzt eine Miſchung von Regelmäßigem und Unregel-
mäßigem darin, die einen widrigen Effekt hervor-
bringt. Ueberhaupt iſt an mehreren Orten die häß-
liche Mode in England eingeriſſen, den pleasure-
ground faſt überall nur mit einzelnen, faſt reihen-
weis geſtellten, ſeltnen Bäumen zu bepflanzen, was
den Raſenſtücken das Anſehen von Baumſchulen gibt.
In den Strubs beſchneidet man die Sträucher rund
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/93>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.