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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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sich schon oft vor meiner Phantasie wie eine dunkle
Erinnerung das reizende Bild der Burg unsrer Vä-
ter, die wir damals bewohnten, im wilden Spessart
vom Felsen herabdrohend, rund umher alte Eichen
und Tannen, und durch den Hohlweg im Thal sehe
ich den Besitzer mit seinen Reisigen der Morgensonne
entgegen ziehen (denn als Ritter stand er früher
auf. Du, gute Julie, lugst vom Söller und winkst
und wehst mit dem weißen Tuche, bis kein Stahl-
panzer mehr in den Sonnenstrahlen blinkt und nichts
Lebendes mehr sichtbar bleibt, als ein scheues Reh,
das aus dem Laube schielt, oder ein hochgeweih-
ter
-- Hirsch, der auf der Bergspitze sich ernsthaft
die Gegend beschaut.

Ein andresmal sitzen wir, nach glücklich geendeter
Fehde, beim Humpen, wie in Paris einmal beim
Champagner. Du kredenzest, ich trinke ritterlich, und
der gute Hauspfaff liest die Wunder einer Legende.
Da schallt des Zwerges Horn vom Thurme, und
zeigt ein Fähnlein an, das sich dem Burgthor nähert.
Dein ehemaliger Geliebter ist's, der aus dem gelob-
ten Lande zurückkehrt. -- Gare a toi! *)


*) Es ist historisch erwiesen, daß selbst die alten deutschen
Ritter schon die Unart hatten, sich zuweilen französischer
Floskeln zu bedienen. A. d. H.

ſich ſchon oft vor meiner Phantaſie wie eine dunkle
Erinnerung das reizende Bild der Burg unſrer Vä-
ter, die wir damals bewohnten, im wilden Speſſart
vom Felſen herabdrohend, rund umher alte Eichen
und Tannen, und durch den Hohlweg im Thal ſehe
ich den Beſitzer mit ſeinen Reiſigen der Morgenſonne
entgegen ziehen (denn als Ritter ſtand er früher
auf. Du, gute Julie, lugſt vom Söller und winkſt
und wehſt mit dem weißen Tuche, bis kein Stahl-
panzer mehr in den Sonnenſtrahlen blinkt und nichts
Lebendes mehr ſichtbar bleibt, als ein ſcheues Reh,
das aus dem Laube ſchielt, oder ein hochgeweih-
ter
— Hirſch, der auf der Bergſpitze ſich ernſthaft
die Gegend beſchaut.

Ein andresmal ſitzen wir, nach glücklich geendeter
Fehde, beim Humpen, wie in Paris einmal beim
Champagner. Du kredenzeſt, ich trinke ritterlich, und
der gute Hauspfaff liest die Wunder einer Legende.
Da ſchallt des Zwerges Horn vom Thurme, und
zeigt ein Fähnlein an, das ſich dem Burgthor nähert.
Dein ehemaliger Geliebter iſt’s, der aus dem gelob-
ten Lande zurückkehrt. — Gare à toi! *)


*) Es iſt hiſtoriſch erwieſen, daß ſelbſt die alten deutſchen
Ritter ſchon die Unart hatten, ſich zuweilen franzöſiſcher
Floskeln zu bedienen. A. d. H.
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[101/0117] ſich ſchon oft vor meiner Phantaſie wie eine dunkle Erinnerung das reizende Bild der Burg unſrer Vä- ter, die wir damals bewohnten, im wilden Speſſart vom Felſen herabdrohend, rund umher alte Eichen und Tannen, und durch den Hohlweg im Thal ſehe ich den Beſitzer mit ſeinen Reiſigen der Morgenſonne entgegen ziehen (denn als Ritter ſtand er früher auf. Du, gute Julie, lugſt vom Söller und winkſt und wehſt mit dem weißen Tuche, bis kein Stahl- panzer mehr in den Sonnenſtrahlen blinkt und nichts Lebendes mehr ſichtbar bleibt, als ein ſcheues Reh, das aus dem Laube ſchielt, oder ein hochgeweih- ter — Hirſch, der auf der Bergſpitze ſich ernſthaft die Gegend beſchaut. Ein andresmal ſitzen wir, nach glücklich geendeter Fehde, beim Humpen, wie in Paris einmal beim Champagner. Du kredenzeſt, ich trinke ritterlich, und der gute Hauspfaff liest die Wunder einer Legende. Da ſchallt des Zwerges Horn vom Thurme, und zeigt ein Fähnlein an, das ſich dem Burgthor nähert. Dein ehemaliger Geliebter iſt’s, der aus dem gelob- ten Lande zurückkehrt. — Gare à toi! *) *) Es iſt hiſtoriſch erwieſen, daß ſelbſt die alten deutſchen Ritter ſchon die Unart hatten, ſich zuweilen franzöſiſcher Floskeln zu bedienen. A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/117>, abgerufen am 22.12.2024.