auf welchem Boden am besten später alles aufblüht, was man hinsäen will. Ich begnüge mich daher sehr gern ganz allein mit einer zärtlichen Freundschaft, besonders wenn ich sie, so wie hier, im Blicke sanf- ter, schmachtender, blauer Augen lesen kann, ein purpurrother Perlenmund sie ausspricht, und eine sammtne Hand vom schönsten Ebenmaß sie durch ih- ren warmen Druck bekräftigt. Zu diesem Portrait brauchst Du nur noch den Unschulds-Ausdruck einer Taube, langes, dunkelbraun gelocktes Haar, eine schlanke mittlere Taille, und den schönsten englischen Teint hinzuzufügen -- so hast Du Lady R ... vor Dir, ganz wie sie leibt und lebt.
Duncaster, den 16ten.
Ich hätte bald von London datirt, so schnell habe ich die 180 Meilen bis hier in 20 Stunden zurückge- legt, und dennoch Zeit genug übrig behalten, um zwei berühmte Schlösser und Parks aus Elisabeths Zeit, wenn auch nur flüchtig, zu besehen.
Das eine, Hatfield, welches ihr selbst zugehörte, und was sie oft bewohnte, ist weniger prachtvoll, als das zweite, Burleighhouse, welches ihr berühmter Minister Cecil sich erbaute. Hatfield ist von Ziegeln aufgeführt, nur die Fenstereinfassungen, Mauerkan- ten und Creneaux von Sandstein. Die Verhältnisse sind gut und großartig. Park und Gärten bieten
auf welchem Boden am beſten ſpäter alles aufblüht, was man hinſäen will. Ich begnüge mich daher ſehr gern ganz allein mit einer zärtlichen Freundſchaft, beſonders wenn ich ſie, ſo wie hier, im Blicke ſanf- ter, ſchmachtender, blauer Augen leſen kann, ein purpurrother Perlenmund ſie ausſpricht, und eine ſammtne Hand vom ſchönſten Ebenmaß ſie durch ih- ren warmen Druck bekräftigt. Zu dieſem Portrait brauchſt Du nur noch den Unſchulds-Ausdruck einer Taube, langes, dunkelbraun gelocktes Haar, eine ſchlanke mittlere Taille, und den ſchönſten engliſchen Teint hinzuzufügen — ſo haſt Du Lady R … vor Dir, ganz wie ſie leibt und lebt.
Duncaſter, den 16ten.
Ich hätte bald von London datirt, ſo ſchnell habe ich die 180 Meilen bis hier in 20 Stunden zurückge- legt, und dennoch Zeit genug übrig behalten, um zwei berühmte Schlöſſer und Parks aus Eliſabeths Zeit, wenn auch nur flüchtig, zu beſehen.
Das eine, Hatfield, welches ihr ſelbſt zugehörte, und was ſie oft bewohnte, iſt weniger prachtvoll, als das zweite, Burleighhouſe, welches ihr berühmter Miniſter Cecil ſich erbaute. Hatfield iſt von Ziegeln aufgeführt, nur die Fenſtereinfaſſungen, Mauerkan- ten und Créneaux von Sandſtein. Die Verhältniſſe ſind gut und großartig. Park und Gärten bieten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0184"n="168"/>
auf welchem Boden am beſten ſpäter alles aufblüht,<lb/>
was man hinſäen will. Ich begnüge mich daher ſehr<lb/>
gern ganz allein mit einer zärtlichen Freundſchaft,<lb/>
beſonders wenn ich ſie, ſo wie hier, im Blicke ſanf-<lb/>
ter, ſchmachtender, blauer Augen leſen kann, ein<lb/>
purpurrother Perlenmund ſie ausſpricht, und eine<lb/>ſammtne Hand vom ſchönſten Ebenmaß ſie durch ih-<lb/>
ren warmen Druck bekräftigt. Zu dieſem Portrait<lb/>
brauchſt Du nur noch den Unſchulds-Ausdruck einer<lb/>
Taube, langes, dunkelbraun gelocktes Haar, eine<lb/>ſchlanke mittlere Taille, und den ſchönſten engliſchen<lb/>
Teint hinzuzufügen —ſo haſt Du Lady R … vor<lb/>
Dir, ganz wie ſie leibt und lebt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Duncaſter, den 16ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Ich hätte bald von London datirt, ſo ſchnell habe<lb/>
ich die 180 Meilen bis hier in 20 Stunden zurückge-<lb/>
legt, und dennoch Zeit genug übrig behalten, um<lb/>
zwei berühmte Schlöſſer und Parks aus Eliſabeths<lb/>
Zeit, wenn auch nur flüchtig, zu beſehen.</p><lb/><p>Das eine, Hatfield, welches ihr ſelbſt zugehörte,<lb/>
und was ſie oft bewohnte, iſt weniger prachtvoll, als<lb/>
das zweite, Burleighhouſe, welches ihr berühmter<lb/>
Miniſter Cecil ſich erbaute. Hatfield iſt von Ziegeln<lb/>
aufgeführt, nur die Fenſtereinfaſſungen, Mauerkan-<lb/>
ten und Cr<hirendition="#aq">é</hi>neaux von Sandſtein. Die Verhältniſſe<lb/>ſind gut und großartig. Park und Gärten bieten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[168/0184]
auf welchem Boden am beſten ſpäter alles aufblüht,
was man hinſäen will. Ich begnüge mich daher ſehr
gern ganz allein mit einer zärtlichen Freundſchaft,
beſonders wenn ich ſie, ſo wie hier, im Blicke ſanf-
ter, ſchmachtender, blauer Augen leſen kann, ein
purpurrother Perlenmund ſie ausſpricht, und eine
ſammtne Hand vom ſchönſten Ebenmaß ſie durch ih-
ren warmen Druck bekräftigt. Zu dieſem Portrait
brauchſt Du nur noch den Unſchulds-Ausdruck einer
Taube, langes, dunkelbraun gelocktes Haar, eine
ſchlanke mittlere Taille, und den ſchönſten engliſchen
Teint hinzuzufügen — ſo haſt Du Lady R … vor
Dir, ganz wie ſie leibt und lebt.
Duncaſter, den 16ten.
Ich hätte bald von London datirt, ſo ſchnell habe
ich die 180 Meilen bis hier in 20 Stunden zurückge-
legt, und dennoch Zeit genug übrig behalten, um
zwei berühmte Schlöſſer und Parks aus Eliſabeths
Zeit, wenn auch nur flüchtig, zu beſehen.
Das eine, Hatfield, welches ihr ſelbſt zugehörte,
und was ſie oft bewohnte, iſt weniger prachtvoll, als
das zweite, Burleighhouſe, welches ihr berühmter
Miniſter Cecil ſich erbaute. Hatfield iſt von Ziegeln
aufgeführt, nur die Fenſtereinfaſſungen, Mauerkan-
ten und Créneaux von Sandſtein. Die Verhältniſſe
ſind gut und großartig. Park und Gärten bieten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/184>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.