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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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so eifrig, mir nichts entgehen zu lassen, daß in der
Regel einer den andern unterbrach, wenn dieser eben
seinen Spruch angefangen hatte, um mich mit etwas
aus seinem respectiven Reiche zu erfreuen. Dies
war im Anfang lächerlich, wurde aber zuletzt be-
schwerlich, denn während mich A. beim linken Arme
festhielt, und anhub: dies ist der berühmte kleine
Crocodill, der hier im Bauche einer Boa-Schlange
versteinert gefunden wurde, und hier der noch be-
rühmtere große, 6 Ellen und . . . . . . ergriff
B. mich beim rechten Arm, drehte mich herum, und
machte mich auf Mäntel aus Papageyenfedern und
den tatovirten Kopf eines Neuseeländers aufmerk-
sam, dem man im eigentlichen Verstande die Haut
über die Ohren gezogen, und wie Leder gegerbt
hatte. Einige Dilettanten empressirten sich noch da-
zwischen, mir andere Dinge vorzuzeigen, so daß ich
Argus hundert Augen hätte haben mögen, um Alles
auf einmal zu betrachten. Was mich am meisten in-
teressirte, war ein von Parry geschenktes, vollstän-
diges Canot mit Fischer-Apparat der Esquimaur.
Es ist nur aus Fischknochen und Seehundsfell ge-
macht, und von einer solchen Leichtigkeit, daß man
kaum begreift, wie es möglich ist, sich darauf dem
Meere anzuvertrauen. Obgleich ziemlich lang, ist es
in seiner größten Breite in der Mitte doch kaum
einen Fuß breit, und überall, auch von oben, ge-
schlossen wie ein Kasten, bis auf ein einziges rundes
Loch in der Mitte, worin der Esquimaur sitzt und
mit einem Doppelruder, das die Form einer Balancir-

ſo eifrig, mir nichts entgehen zu laſſen, daß in der
Regel einer den andern unterbrach, wenn dieſer eben
ſeinen Spruch angefangen hatte, um mich mit etwas
aus ſeinem reſpectiven Reiche zu erfreuen. Dies
war im Anfang lächerlich, wurde aber zuletzt be-
ſchwerlich, denn während mich A. beim linken Arme
feſthielt, und anhub: dies iſt der berühmte kleine
Crocodill, der hier im Bauche einer Boa-Schlange
verſteinert gefunden wurde, und hier der noch be-
rühmtere große, 6 Ellen und . . . . . . ergriff
B. mich beim rechten Arm, drehte mich herum, und
machte mich auf Mäntel aus Papageyenfedern und
den tatovirten Kopf eines Neuſeeländers aufmerk-
ſam, dem man im eigentlichen Verſtande die Haut
über die Ohren gezogen, und wie Leder gegerbt
hatte. Einige Dilettanten empreſſirten ſich noch da-
zwiſchen, mir andere Dinge vorzuzeigen, ſo daß ich
Argus hundert Augen hätte haben mögen, um Alles
auf einmal zu betrachten. Was mich am meiſten in-
tereſſirte, war ein von Parry geſchenktes, vollſtän-
diges Canot mit Fiſcher-Apparat der Esquimaur.
Es iſt nur aus Fiſchknochen und Seehundsfell ge-
macht, und von einer ſolchen Leichtigkeit, daß man
kaum begreift, wie es möglich iſt, ſich darauf dem
Meere anzuvertrauen. Obgleich ziemlich lang, iſt es
in ſeiner größten Breite in der Mitte doch kaum
einen Fuß breit, und überall, auch von oben, ge-
ſchloſſen wie ein Kaſten, bis auf ein einziges rundes
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[207/0223] ſo eifrig, mir nichts entgehen zu laſſen, daß in der Regel einer den andern unterbrach, wenn dieſer eben ſeinen Spruch angefangen hatte, um mich mit etwas aus ſeinem reſpectiven Reiche zu erfreuen. Dies war im Anfang lächerlich, wurde aber zuletzt be- ſchwerlich, denn während mich A. beim linken Arme feſthielt, und anhub: dies iſt der berühmte kleine Crocodill, der hier im Bauche einer Boa-Schlange verſteinert gefunden wurde, und hier der noch be- rühmtere große, 6 Ellen und . . . . . . ergriff B. mich beim rechten Arm, drehte mich herum, und machte mich auf Mäntel aus Papageyenfedern und den tatovirten Kopf eines Neuſeeländers aufmerk- ſam, dem man im eigentlichen Verſtande die Haut über die Ohren gezogen, und wie Leder gegerbt hatte. Einige Dilettanten empreſſirten ſich noch da- zwiſchen, mir andere Dinge vorzuzeigen, ſo daß ich Argus hundert Augen hätte haben mögen, um Alles auf einmal zu betrachten. Was mich am meiſten in- tereſſirte, war ein von Parry geſchenktes, vollſtän- diges Canot mit Fiſcher-Apparat der Esquimaur. Es iſt nur aus Fiſchknochen und Seehundsfell ge- macht, und von einer ſolchen Leichtigkeit, daß man kaum begreift, wie es möglich iſt, ſich darauf dem Meere anzuvertrauen. Obgleich ziemlich lang, iſt es in ſeiner größten Breite in der Mitte doch kaum einen Fuß breit, und überall, auch von oben, ge- ſchloſſen wie ein Kaſten, bis auf ein einziges rundes Loch in der Mitte, worin der Esquimaur ſitzt und mit einem Doppelruder, das die Form einer Balancir-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/223>, abgerufen am 22.12.2024.