Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

sich noch in seinem scharlachrothen Rock, dem Fuchs-
jägercostüme, das wie eine Livre aussieht, befand.

Ich habe noch vergessen zu sagen, daß wir zuerst
eine Tour durch die Zimmer des Schlosses gemacht
hatten, welches ebenfalls reich und schön meublirt,
und mit Familiengemälden von Vandyk, Reynolds
und Lawrence, den besten Malern Englands aus
drei verschiedenen Jahrhunderten geziert ist, vorzüg-
lich aber eine Seltenheit ganz eigenthümlicher Art
darbot, nehmlich in der Hauptpiece Vorhänge von
roth gemaltem Holz, so kunstreich in alter Zeit ge-
schnitzt, daß gewiß Rauch selbst über diesen Falten-
wurf erstaunt seyn würdet. Obgleich man mir es
sagte, konnte ich es kaum glauben, bis ich mich durch
das Gefühl überzeugte, so vollkommen täuschend war
die Nachahmung des seidnen Stoffes. Die Fransen
nur waren ächtes Gold, also grade das Umgekehrte
unsrer Theatervorhänge aus Seide mit hölzernen
Fransen. Eine andere ungewöhnliche Zierde bestand
darin, daß die Decken, in schönem Stuck, durchgän-
gig von demselben Dessein wie die Teppiche waren,
eine sehr kostbare Sache, wenn, wie zu vermuthen,
die Teppiche nach dem Muster der Plafonds haben
gewürkt werden müssen.

Die lange Fahrt durch den Park, eine gute
Stunde weit, war höchst belohnend. Der Weg
führte uns zuerst am See hin, mit einer majestä-
tischen Aussicht auf das Schloß, und dann im Walde
am Flusse fort, der viele Cascaden und kleinere
Seen bildete. Der Wald selbst bot die größte Ver-

ſich noch in ſeinem ſcharlachrothen Rock, dem Fuchs-
jägercoſtüme, das wie eine Livré ausſieht, befand.

Ich habe noch vergeſſen zu ſagen, daß wir zuerſt
eine Tour durch die Zimmer des Schloſſes gemacht
hatten, welches ebenfalls reich und ſchön meublirt,
und mit Familiengemälden von Vandyk, Reynolds
und Lawrence, den beſten Malern Englands aus
drei verſchiedenen Jahrhunderten geziert iſt, vorzüg-
lich aber eine Seltenheit ganz eigenthümlicher Art
darbot, nehmlich in der Hauptpièce Vorhänge von
roth gemaltem Holz, ſo kunſtreich in alter Zeit ge-
ſchnitzt, daß gewiß Rauch ſelbſt über dieſen Falten-
wurf erſtaunt ſeyn würdet. Obgleich man mir es
ſagte, konnte ich es kaum glauben, bis ich mich durch
das Gefühl überzeugte, ſo vollkommen täuſchend war
die Nachahmung des ſeidnen Stoffes. Die Franſen
nur waren ächtes Gold, alſo grade das Umgekehrte
unſrer Theatervorhänge aus Seide mit hölzernen
Franſen. Eine andere ungewöhnliche Zierde beſtand
darin, daß die Decken, in ſchönem Stuck, durchgän-
gig von demſelben Deſſein wie die Teppiche waren,
eine ſehr koſtbare Sache, wenn, wie zu vermuthen,
die Teppiche nach dem Muſter der Plafonds haben
gewürkt werden müſſen.

Die lange Fahrt durch den Park, eine gute
Stunde weit, war höchſt belohnend. Der Weg
führte uns zuerſt am See hin, mit einer majeſtä-
tiſchen Ausſicht auf das Schloß, und dann im Walde
am Fluſſe fort, der viele Cascaden und kleinere
Seen bildete. Der Wald ſelbſt bot die größte Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="222"/>
&#x017F;ich noch in &#x017F;einem &#x017F;charlachrothen Rock, dem Fuchs-<lb/>
jägerco&#x017F;tüme, das wie eine Livr<hi rendition="#aq">é</hi> aus&#x017F;ieht, befand.</p><lb/>
          <p>Ich habe noch verge&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;agen, daß wir zuer&#x017F;t<lb/>
eine Tour durch die Zimmer des Schlo&#x017F;&#x017F;es gemacht<lb/>
hatten, welches ebenfalls reich und &#x017F;chön meublirt,<lb/>
und mit Familiengemälden von Vandyk, Reynolds<lb/>
und Lawrence, den be&#x017F;ten Malern Englands aus<lb/>
drei ver&#x017F;chiedenen Jahrhunderten geziert i&#x017F;t, vorzüg-<lb/>
lich aber <hi rendition="#g">eine</hi> Seltenheit ganz eigenthümlicher Art<lb/>
darbot, nehmlich in der Hauptpi<hi rendition="#aq">è</hi>ce Vorhänge von<lb/>
roth gemaltem Holz, &#x017F;o kun&#x017F;treich in alter Zeit ge-<lb/>
&#x017F;chnitzt, daß gewiß Rauch &#x017F;elb&#x017F;t über die&#x017F;en Falten-<lb/>
wurf er&#x017F;taunt &#x017F;eyn würdet. Obgleich man mir es<lb/>
&#x017F;agte, konnte ich es kaum glauben, bis ich mich durch<lb/>
das Gefühl überzeugte, &#x017F;o vollkommen täu&#x017F;chend war<lb/>
die Nachahmung des &#x017F;eidnen Stoffes. Die Fran&#x017F;en<lb/>
nur waren ächtes Gold, al&#x017F;o grade das Umgekehrte<lb/>
un&#x017F;rer Theatervorhänge aus Seide mit <hi rendition="#g">hölzernen</hi><lb/>
Fran&#x017F;en. Eine andere ungewöhnliche Zierde be&#x017F;tand<lb/>
darin, daß die Decken, in &#x017F;chönem Stuck, durchgän-<lb/>
gig von dem&#x017F;elben De&#x017F;&#x017F;ein wie die Teppiche waren,<lb/>
eine &#x017F;ehr ko&#x017F;tbare Sache, wenn, wie zu vermuthen,<lb/>
die Teppiche nach dem Mu&#x017F;ter der Plafonds haben<lb/>
gewürkt werden mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Die lange Fahrt durch den Park, eine gute<lb/>
Stunde weit, war höch&#x017F;t belohnend. Der Weg<lb/>
führte uns zuer&#x017F;t am See hin, mit einer maje&#x017F;tä-<lb/>
ti&#x017F;chen Aus&#x017F;icht auf das Schloß, und dann im Walde<lb/>
am Flu&#x017F;&#x017F;e fort, der viele Cascaden und kleinere<lb/>
Seen bildete. Der Wald &#x017F;elb&#x017F;t bot die größte Ver-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0238] ſich noch in ſeinem ſcharlachrothen Rock, dem Fuchs- jägercoſtüme, das wie eine Livré ausſieht, befand. Ich habe noch vergeſſen zu ſagen, daß wir zuerſt eine Tour durch die Zimmer des Schloſſes gemacht hatten, welches ebenfalls reich und ſchön meublirt, und mit Familiengemälden von Vandyk, Reynolds und Lawrence, den beſten Malern Englands aus drei verſchiedenen Jahrhunderten geziert iſt, vorzüg- lich aber eine Seltenheit ganz eigenthümlicher Art darbot, nehmlich in der Hauptpièce Vorhänge von roth gemaltem Holz, ſo kunſtreich in alter Zeit ge- ſchnitzt, daß gewiß Rauch ſelbſt über dieſen Falten- wurf erſtaunt ſeyn würdet. Obgleich man mir es ſagte, konnte ich es kaum glauben, bis ich mich durch das Gefühl überzeugte, ſo vollkommen täuſchend war die Nachahmung des ſeidnen Stoffes. Die Franſen nur waren ächtes Gold, alſo grade das Umgekehrte unſrer Theatervorhänge aus Seide mit hölzernen Franſen. Eine andere ungewöhnliche Zierde beſtand darin, daß die Decken, in ſchönem Stuck, durchgän- gig von demſelben Deſſein wie die Teppiche waren, eine ſehr koſtbare Sache, wenn, wie zu vermuthen, die Teppiche nach dem Muſter der Plafonds haben gewürkt werden müſſen. Die lange Fahrt durch den Park, eine gute Stunde weit, war höchſt belohnend. Der Weg führte uns zuerſt am See hin, mit einer majeſtä- tiſchen Ausſicht auf das Schloß, und dann im Walde am Fluſſe fort, der viele Cascaden und kleinere Seen bildete. Der Wald ſelbſt bot die größte Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/238
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/238>, abgerufen am 22.12.2024.