Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Du erinnerst Dich, daß ich auf meiner frühern Ex-
cursion nach dem Norden Hatfield nur en passant von
außen sah. Jetzt fand ich auch das Innere eben so
imposant und respektabel durch seine Alterthümlich-
keit, als das Aeußere. Man tritt zuerst in eine sehr
große Halle mit Fahnen und Rüstungen, wan-
delt dann eine seltsame hölzerne Treppe hinauf,
mit Figuren von Affen, Hunden, Mönchen etc., und
gelangt von hier in eine lange, etwas schmale Gale-
rie, in der heute getanzt wurde. Die Wände dersel-
ben sind aus alter eichener Boiserie, mit altväteri-
schen silbernen Wandleuchtern, gothischen Stühlen und
rothen Rouleaus verziert. An einem Ende dieser,
wohl 130 Fuß langen Galerie ist eine Bibliothek, und
am andern Ende ein prachtvolles saalartiges Zimmer,
mit tief herabhängenden metallenen Verzierungen an
den Caissons der Decke, und einem haushohen Ka-
min, durch die Bronce-Statue des Königs Jakob
gekrönt. Die Wände sind mit weißem Atlas beklei-
det, Vorhänge, Stühle, Sopha's in Cramoisi, Sammt
und Gold. Dies Lokal war recht schön, der Ball
indeß ziemlich todt, die Gesellschaft gar zu ländlich,
Erfrischungen keineswegs im Ueberfluß, und das
Soupe nur aus einem magern Büffet bestehend. Um
2 Uhr war Alles aus, und ich sehr froh, es über-
standen zu haben, da ich mich müde und ennuyirt
nach Ruhe sehnte.

Als ich am andern Morgen ziemlich spät aufgestan-
den, und fast zu spät bei'm Frühstück erschienen war,

Briefe eines Verstorbenen IV. 18

Du erinnerſt Dich, daß ich auf meiner frühern Ex-
curſion nach dem Norden Hatfield nur en passant von
außen ſah. Jetzt fand ich auch das Innere eben ſo
impoſant und reſpektabel durch ſeine Alterthümlich-
keit, als das Aeußere. Man tritt zuerſt in eine ſehr
große Halle mit Fahnen und Rüſtungen, wan-
delt dann eine ſeltſame hölzerne Treppe hinauf,
mit Figuren von Affen, Hunden, Mönchen ꝛc., und
gelangt von hier in eine lange, etwas ſchmale Gale-
rie, in der heute getanzt wurde. Die Wände derſel-
ben ſind aus alter eichener Boiſerie, mit altväteri-
ſchen ſilbernen Wandleuchtern, gothiſchen Stühlen und
rothen Rouleaus verziert. An einem Ende dieſer,
wohl 130 Fuß langen Galerie iſt eine Bibliothek, und
am andern Ende ein prachtvolles ſaalartiges Zimmer,
mit tief herabhängenden metallenen Verzierungen an
den Caiſſons der Decke, und einem haushohen Ka-
min, durch die Bronce-Statue des Königs Jakob
gekrönt. Die Wände ſind mit weißem Atlas beklei-
det, Vorhänge, Stühle, Sopha’s in Cramoiſi, Sammt
und Gold. Dies Lokal war recht ſchön, der Ball
indeß ziemlich todt, die Geſellſchaft gar zu ländlich,
Erfriſchungen keineswegs im Ueberfluß, und das
Soupé nur aus einem magern Büffet beſtehend. Um
2 Uhr war Alles aus, und ich ſehr froh, es über-
ſtanden zu haben, da ich mich müde und ennuyirt
nach Ruhe ſehnte.

Als ich am andern Morgen ziemlich ſpät aufgeſtan-
den, und faſt zu ſpät bei’m Frühſtück erſchienen war,

Briefe eines Verſtorbenen IV. 18
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0289" n="273"/>
          <p>Du erinner&#x017F;t Dich, daß ich auf meiner frühern Ex-<lb/>
cur&#x017F;ion nach dem Norden Hatfield nur <hi rendition="#aq">en passant</hi> von<lb/>
außen &#x017F;ah. Jetzt fand ich auch das Innere eben &#x017F;o<lb/>
impo&#x017F;ant und re&#x017F;pektabel durch &#x017F;eine Alterthümlich-<lb/>
keit, als das Aeußere. Man tritt zuer&#x017F;t in eine &#x017F;ehr<lb/>
große Halle mit Fahnen und Rü&#x017F;tungen, wan-<lb/>
delt dann eine &#x017F;elt&#x017F;ame hölzerne Treppe hinauf,<lb/>
mit Figuren von Affen, Hunden, Mönchen &#xA75B;c., und<lb/>
gelangt von hier in eine lange, etwas &#x017F;chmale Gale-<lb/>
rie, in der heute getanzt wurde. Die Wände der&#x017F;el-<lb/>
ben &#x017F;ind aus alter eichener Boi&#x017F;erie, mit altväteri-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;ilbernen Wandleuchtern, gothi&#x017F;chen Stühlen und<lb/>
rothen Rouleaus verziert. An einem Ende die&#x017F;er,<lb/>
wohl 130 Fuß langen Galerie i&#x017F;t eine Bibliothek, und<lb/>
am andern Ende ein prachtvolles &#x017F;aalartiges Zimmer,<lb/>
mit tief herabhängenden metallenen Verzierungen an<lb/>
den Cai&#x017F;&#x017F;ons der Decke, und einem haushohen Ka-<lb/>
min, durch die Bronce-Statue des Königs Jakob<lb/>
gekrönt. Die Wände &#x017F;ind mit weißem Atlas beklei-<lb/>
det, Vorhänge, Stühle, Sopha&#x2019;s in Cramoi&#x017F;i, Sammt<lb/>
und Gold. Dies Lokal war recht &#x017F;chön, der Ball<lb/>
indeß ziemlich todt, die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gar zu ländlich,<lb/>
Erfri&#x017F;chungen keineswegs im Ueberfluß, und das<lb/>
Soup<hi rendition="#aq">é</hi> nur aus einem magern Büffet be&#x017F;tehend. Um<lb/>
2 Uhr war Alles aus, und ich &#x017F;ehr froh, es über-<lb/>
&#x017F;tanden zu haben, da ich mich müde und ennuyirt<lb/>
nach Ruhe &#x017F;ehnte.</p><lb/>
          <p>Als ich am andern Morgen ziemlich &#x017F;pät aufge&#x017F;tan-<lb/>
den, und fa&#x017F;t zu &#x017F;pät bei&#x2019;m Früh&#x017F;tück er&#x017F;chienen war,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Briefe eines Ver&#x017F;torbenen <hi rendition="#aq">IV.</hi> 18</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0289] Du erinnerſt Dich, daß ich auf meiner frühern Ex- curſion nach dem Norden Hatfield nur en passant von außen ſah. Jetzt fand ich auch das Innere eben ſo impoſant und reſpektabel durch ſeine Alterthümlich- keit, als das Aeußere. Man tritt zuerſt in eine ſehr große Halle mit Fahnen und Rüſtungen, wan- delt dann eine ſeltſame hölzerne Treppe hinauf, mit Figuren von Affen, Hunden, Mönchen ꝛc., und gelangt von hier in eine lange, etwas ſchmale Gale- rie, in der heute getanzt wurde. Die Wände derſel- ben ſind aus alter eichener Boiſerie, mit altväteri- ſchen ſilbernen Wandleuchtern, gothiſchen Stühlen und rothen Rouleaus verziert. An einem Ende dieſer, wohl 130 Fuß langen Galerie iſt eine Bibliothek, und am andern Ende ein prachtvolles ſaalartiges Zimmer, mit tief herabhängenden metallenen Verzierungen an den Caiſſons der Decke, und einem haushohen Ka- min, durch die Bronce-Statue des Königs Jakob gekrönt. Die Wände ſind mit weißem Atlas beklei- det, Vorhänge, Stühle, Sopha’s in Cramoiſi, Sammt und Gold. Dies Lokal war recht ſchön, der Ball indeß ziemlich todt, die Geſellſchaft gar zu ländlich, Erfriſchungen keineswegs im Ueberfluß, und das Soupé nur aus einem magern Büffet beſtehend. Um 2 Uhr war Alles aus, und ich ſehr froh, es über- ſtanden zu haben, da ich mich müde und ennuyirt nach Ruhe ſehnte. Als ich am andern Morgen ziemlich ſpät aufgeſtan- den, und faſt zu ſpät bei’m Frühſtück erſchienen war, Briefe eines Verſtorbenen IV. 18

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/289
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/289>, abgerufen am 23.12.2024.