Fenster gegenüber, eine sehr hohe, spitzige Feueresse mit einer eisernen Stange errichten, und der Gefan- genen insinuiren: diese Stange sey bestimmt, um ihren Kopf darauf zu stecken. So erzählte uns die Marquise. Die Esse steht noch, und ist jetzt dick mit Epheu überwachsen, Elisabeth aber baute, um sich an dem wohlthuenden Contrast späterer Jahre zu weiden, den neuen Pallast daneben, aus dem sie den drohenden Rauchschlund nun mit besserer Gemüths- ruhe betrachten konnte. An Kunstgegenständen ist das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei- chenalleen und Krähen, sonst öde und ohne Wasser, ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze nahe am Schloß.
Den 13ten.
In dem Hause meines Wirths befindet sich eine eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine persische, die wenigstens ziemlich barocke Dinge enthält. Die Portraite des Schachs und seines Sohnes Abbas Mirza sind das Interessanteste darin. Die gelbe mit Edelsteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs und sein enormer schwarzer Bart, repräsentiren die- sen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel. Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der Züge. Dagegen ist das Costume desselben fast zu einfach, und auch die spitze Schafmütze nicht wohl- bekommend. Der letzte persische Gesandte in Eng-
Fenſter gegenüber, eine ſehr hohe, ſpitzige Feuereſſe mit einer eiſernen Stange errichten, und der Gefan- genen inſinuiren: dieſe Stange ſey beſtimmt, um ihren Kopf darauf zu ſtecken. So erzählte uns die Marquiſe. Die Eſſe ſteht noch, und iſt jetzt dick mit Epheu überwachſen, Eliſabeth aber baute, um ſich an dem wohlthuenden Contraſt ſpäterer Jahre zu weiden, den neuen Pallaſt daneben, aus dem ſie den drohenden Rauchſchlund nun mit beſſerer Gemüths- ruhe betrachten konnte. An Kunſtgegenſtänden iſt das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei- chenalleen und Krähen, ſonſt öde und ohne Waſſer, ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze nahe am Schloß.
Den 13ten.
In dem Hauſe meines Wirths befindet ſich eine eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine perſiſche, die wenigſtens ziemlich barocke Dinge enthält. Die Portraite des Schachs und ſeines Sohnes Abbas Mirza ſind das Intereſſanteſte darin. Die gelbe mit Edelſteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs und ſein enormer ſchwarzer Bart, repräſentiren die- ſen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel. Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der Züge. Dagegen iſt das Coſtume desſelben faſt zu einfach, und auch die ſpitze Schafmütze nicht wohl- bekommend. Der letzte perſiſche Geſandte in Eng-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0294"n="278"/>
Fenſter gegenüber, eine ſehr hohe, ſpitzige Feuereſſe<lb/>
mit einer eiſernen Stange errichten, und der Gefan-<lb/>
genen inſinuiren: dieſe Stange ſey beſtimmt, um<lb/>
ihren Kopf darauf zu ſtecken. So erzählte uns die<lb/>
Marquiſe. Die Eſſe ſteht noch, und iſt jetzt dick mit<lb/>
Epheu überwachſen, Eliſabeth aber baute, um ſich<lb/>
an dem wohlthuenden Contraſt ſpäterer Jahre zu<lb/>
weiden, den neuen Pallaſt daneben, aus dem ſie den<lb/>
drohenden Rauchſchlund nun mit beſſerer Gemüths-<lb/>
ruhe betrachten konnte. An Kunſtgegenſtänden iſt<lb/>
das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei-<lb/>
chenalleen und Krähen, ſonſt öde und ohne Waſſer,<lb/>
ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze<lb/>
nahe am Schloß.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 13ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>In dem Hauſe meines Wirths befindet ſich eine<lb/>
eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine perſiſche,<lb/>
die wenigſtens ziemlich barocke Dinge enthält. Die<lb/>
Portraite des Schachs und ſeines Sohnes Abbas<lb/>
Mirza ſind das Intereſſanteſte darin. Die gelbe mit<lb/>
Edelſteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs<lb/>
und ſein enormer ſchwarzer Bart, repräſentiren die-<lb/>ſen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel.<lb/><hirendition="#g">Sein</hi> Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der<lb/>
Züge. Dagegen iſt das Coſtume desſelben faſt zu<lb/>
einfach, und auch die ſpitze Schafmütze nicht wohl-<lb/>
bekommend. Der letzte perſiſche Geſandte in Eng-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[278/0294]
Fenſter gegenüber, eine ſehr hohe, ſpitzige Feuereſſe
mit einer eiſernen Stange errichten, und der Gefan-
genen inſinuiren: dieſe Stange ſey beſtimmt, um
ihren Kopf darauf zu ſtecken. So erzählte uns die
Marquiſe. Die Eſſe ſteht noch, und iſt jetzt dick mit
Epheu überwachſen, Eliſabeth aber baute, um ſich
an dem wohlthuenden Contraſt ſpäterer Jahre zu
weiden, den neuen Pallaſt daneben, aus dem ſie den
drohenden Rauchſchlund nun mit beſſerer Gemüths-
ruhe betrachten konnte. An Kunſtgegenſtänden iſt
das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei-
chenalleen und Krähen, ſonſt öde und ohne Waſſer,
ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze
nahe am Schloß.
Den 13ten.
In dem Hauſe meines Wirths befindet ſich eine
eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine perſiſche,
die wenigſtens ziemlich barocke Dinge enthält. Die
Portraite des Schachs und ſeines Sohnes Abbas
Mirza ſind das Intereſſanteſte darin. Die gelbe mit
Edelſteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs
und ſein enormer ſchwarzer Bart, repräſentiren die-
ſen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel.
Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der
Züge. Dagegen iſt das Coſtume desſelben faſt zu
einfach, und auch die ſpitze Schafmütze nicht wohl-
bekommend. Der letzte perſiſche Geſandte in Eng-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/294>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.