ternden Jackson anzukündigen, daß die Bande gefan- gen sey, aber, fügt er, die Gruppe vor sich betrach- tend, lächelnd hinzu: "Ich mache Ihnen mein Com- pliment, daß Sie, wie ich sehe, Ihre Zeit auf eine so gute Art anzuwenden gewußt haben."
Den 26sten.
Einen recht wunderlichen Ort habe ich heute früh besucht, eine Kirche, der Areopag genannt, wo ein Geistlicher, the Reverent Mr. Taylor,gegen das Christenthum predigt, und Jedem erlaubt, öffentlich zu opponiren. Er hat von den englisch-christlichen Kirchen nur das beibehalten, daß man auch hier für seinen Platz einen Schilling bezahlen muß. Hr. Tay- lor ist gelehrt, und kein übler Redner, aber ein eben so leidenschaftlicher Schwärmer für die Zerstörung der christlichen Religion, als es so viele Andere für ihre Begründung gegeben hat. Er sagte außerordentlich starke, zuweilen wahre, oft schiefe, manchmal witzige und auch ganz unanständige Dinge. Der Saal war übrigens gedrängt voll von Zuhörern aus allen Stän- den. Hier, wo die Nation auf einer so geringen Stufe religieuser Bildung steht, begreift man wohl, daß ein solcher negativer Apostel viel Zulauf haben kann. Bei uns, wo man auf dem vernunstgemäßen Wege allmähliger Reform schon weit fortgeschritten ist, würde ein Unternehmen dieser Art die Einen mit heiligem Abscheu erfüllen, den Andern nicht
ternden Jackſon anzukündigen, daß die Bande gefan- gen ſey, aber, fügt er, die Gruppe vor ſich betrach- tend, lächelnd hinzu: „Ich mache Ihnen mein Com- pliment, daß Sie, wie ich ſehe, Ihre Zeit auf eine ſo gute Art anzuwenden gewußt haben.“
Den 26ſten.
Einen recht wunderlichen Ort habe ich heute früh beſucht, eine Kirche, der Areopag genannt, wo ein Geiſtlicher, the Reverent Mr. Taylor,gegen das Chriſtenthum predigt, und Jedem erlaubt, öffentlich zu opponiren. Er hat von den engliſch-chriſtlichen Kirchen nur das beibehalten, daß man auch hier für ſeinen Platz einen Schilling bezahlen muß. Hr. Tay- lor iſt gelehrt, und kein übler Redner, aber ein eben ſo leidenſchaftlicher Schwärmer für die Zerſtörung der chriſtlichen Religion, als es ſo viele Andere für ihre Begründung gegeben hat. Er ſagte außerordentlich ſtarke, zuweilen wahre, oft ſchiefe, manchmal witzige und auch ganz unanſtändige Dinge. Der Saal war übrigens gedrängt voll von Zuhörern aus allen Stän- den. Hier, wo die Nation auf einer ſo geringen Stufe religieuſer Bildung ſteht, begreift man wohl, daß ein ſolcher negativer Apoſtel viel Zulauf haben kann. Bei uns, wo man auf dem vernunſtgemäßen Wege allmähliger Reform ſchon weit fortgeſchritten iſt, würde ein Unternehmen dieſer Art die Einen mit heiligem Abſcheu erfüllen, den Andern nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0031"n="15"/>
ternden Jackſon anzukündigen, daß die Bande gefan-<lb/>
gen ſey, aber, fügt er, die Gruppe vor ſich betrach-<lb/>
tend, lächelnd hinzu: „Ich mache Ihnen mein Com-<lb/>
pliment, daß Sie, wie ich ſehe, Ihre Zeit auf eine ſo<lb/>
gute Art anzuwenden gewußt haben.“</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 26ſten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Einen recht wunderlichen Ort habe ich heute früh<lb/>
beſucht, eine Kirche, der Areopag genannt, wo ein<lb/>
Geiſtlicher, <hirendition="#aq">the Reverent Mr. Taylor,</hi><hirendition="#g">gegen</hi> das<lb/>
Chriſtenthum predigt, und Jedem erlaubt, öffentlich<lb/>
zu opponiren. Er hat von den engliſch-chriſtlichen<lb/>
Kirchen nur das beibehalten, daß man auch hier für<lb/>ſeinen Platz einen Schilling bezahlen muß. Hr. Tay-<lb/>
lor iſt gelehrt, und kein übler Redner, aber ein eben<lb/>ſo leidenſchaftlicher Schwärmer für die Zerſtörung der<lb/>
chriſtlichen Religion, als es ſo viele Andere für ihre<lb/>
Begründung gegeben hat. Er ſagte außerordentlich<lb/>ſtarke, zuweilen wahre, oft ſchiefe, manchmal witzige<lb/>
und auch ganz unanſtändige Dinge. Der Saal war<lb/>
übrigens gedrängt voll von Zuhörern aus allen Stän-<lb/>
den. Hier, wo die Nation auf einer ſo geringen<lb/>
Stufe religieuſer Bildung ſteht, begreift man wohl,<lb/>
daß ein ſolcher negativer Apoſtel viel Zulauf haben<lb/>
kann. Bei uns, wo man auf dem vernunſtgemäßen<lb/>
Wege allmähliger Reform ſchon weit fortgeſchritten<lb/>
iſt, würde ein Unternehmen dieſer Art die Einen<lb/>
mit heiligem Abſcheu erfüllen, den Andern nicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[15/0031]
ternden Jackſon anzukündigen, daß die Bande gefan-
gen ſey, aber, fügt er, die Gruppe vor ſich betrach-
tend, lächelnd hinzu: „Ich mache Ihnen mein Com-
pliment, daß Sie, wie ich ſehe, Ihre Zeit auf eine ſo
gute Art anzuwenden gewußt haben.“
Den 26ſten.
Einen recht wunderlichen Ort habe ich heute früh
beſucht, eine Kirche, der Areopag genannt, wo ein
Geiſtlicher, the Reverent Mr. Taylor, gegen das
Chriſtenthum predigt, und Jedem erlaubt, öffentlich
zu opponiren. Er hat von den engliſch-chriſtlichen
Kirchen nur das beibehalten, daß man auch hier für
ſeinen Platz einen Schilling bezahlen muß. Hr. Tay-
lor iſt gelehrt, und kein übler Redner, aber ein eben
ſo leidenſchaftlicher Schwärmer für die Zerſtörung der
chriſtlichen Religion, als es ſo viele Andere für ihre
Begründung gegeben hat. Er ſagte außerordentlich
ſtarke, zuweilen wahre, oft ſchiefe, manchmal witzige
und auch ganz unanſtändige Dinge. Der Saal war
übrigens gedrängt voll von Zuhörern aus allen Stän-
den. Hier, wo die Nation auf einer ſo geringen
Stufe religieuſer Bildung ſteht, begreift man wohl,
daß ein ſolcher negativer Apoſtel viel Zulauf haben
kann. Bei uns, wo man auf dem vernunſtgemäßen
Wege allmähliger Reform ſchon weit fortgeſchritten
iſt, würde ein Unternehmen dieſer Art die Einen
mit heiligem Abſcheu erfüllen, den Andern nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/31>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.