Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

sich dennoch vom gemeinen Soldaten bis zu der höch-
sten Würde seines Standes emporschwang, als er ei-
nigen Freunden, die ihn fragten, wie ihm dies mög-
lich geworden, antwortete: "Nur dadurch, daß ich
nie bis morgen aufschob, was ich heute
thun konnte
. Fast in dasselbe Kapitel gehört die
Unentschlossenheit, auch ein Erbfeind so vieler Men-
schen, die ein noch berühmterer Marschall, Souva-
roff, so sehr haßte, daß er, in der Uebertreibung sei-
nes Charakters, denen sogleich seine Gunst entzog,
die ihm je auf eine Frage erwiederten: "Ich weiß
nicht."

Non mi ricordo, geht schon eher an, und meinen
Grundsätzen gemäß wende ich dies besonders auf alle
besagten Sünden an, wenn sie einmal geschehen sind.
Man muß es sich täglich wiederholen: die Vergan-
genheit ist todt, nur die Zukunft lebt.

Möge sie uns, meine geliebte Julie, immer gün-
stig erscheinen.

Dein treuer L.

ſich dennoch vom gemeinen Soldaten bis zu der höch-
ſten Würde ſeines Standes emporſchwang, als er ei-
nigen Freunden, die ihn fragten, wie ihm dies mög-
lich geworden, antwortete: „Nur dadurch, daß ich
nie bis morgen aufſchob, was ich heute
thun konnte
. Faſt in daſſelbe Kapitel gehört die
Unentſchloſſenheit, auch ein Erbfeind ſo vieler Men-
ſchen, die ein noch berühmterer Marſchall, Souva-
roff, ſo ſehr haßte, daß er, in der Uebertreibung ſei-
nes Charakters, denen ſogleich ſeine Gunſt entzog,
die ihm je auf eine Frage erwiederten: „Ich weiß
nicht.“

Non mi ricordo, geht ſchon eher an, und meinen
Grundſätzen gemäß wende ich dies beſonders auf alle
beſagten Sünden an, wenn ſie einmal geſchehen ſind.
Man muß es ſich täglich wiederholen: die Vergan-
genheit iſt todt, nur die Zukunft lebt.

Möge ſie uns, meine geliebte Julie, immer gün-
ſtig erſcheinen.

Dein treuer L.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0401" n="381"/>
&#x017F;ich dennoch vom gemeinen Soldaten bis zu der höch-<lb/>
&#x017F;ten Würde &#x017F;eines Standes empor&#x017F;chwang, als er ei-<lb/>
nigen Freunden, die ihn fragten, wie ihm dies mög-<lb/>
lich geworden, antwortete: &#x201E;Nur dadurch, daß ich<lb/><hi rendition="#g">nie bis morgen auf&#x017F;chob, was ich heute<lb/>
thun konnte</hi>. Fa&#x017F;t in da&#x017F;&#x017F;elbe Kapitel gehört die<lb/>
Unent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, auch ein Erbfeind &#x017F;o vieler Men-<lb/>
&#x017F;chen, die ein noch berühmterer Mar&#x017F;chall, Souva-<lb/>
roff, &#x017F;o &#x017F;ehr haßte, daß er, in der Uebertreibung &#x017F;ei-<lb/>
nes Charakters, denen &#x017F;ogleich &#x017F;eine Gun&#x017F;t entzog,<lb/>
die ihm je auf eine Frage erwiederten: &#x201E;Ich weiß<lb/>
nicht.&#x201C;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Non mi ricordo,</hi> geht &#x017F;chon eher an, und meinen<lb/>
Grund&#x017F;ätzen gemäß wende ich dies be&#x017F;onders auf alle<lb/>
be&#x017F;agten Sünden an, wenn &#x017F;ie einmal ge&#x017F;chehen &#x017F;ind.<lb/>
Man muß es &#x017F;ich täglich wiederholen: die Vergan-<lb/>
genheit i&#x017F;t todt, nur die Zukunft lebt.</p><lb/>
          <p>Möge &#x017F;ie uns, meine geliebte Julie, immer gün-<lb/>
&#x017F;tig er&#x017F;cheinen.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Dein treuer L.</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0401] ſich dennoch vom gemeinen Soldaten bis zu der höch- ſten Würde ſeines Standes emporſchwang, als er ei- nigen Freunden, die ihn fragten, wie ihm dies mög- lich geworden, antwortete: „Nur dadurch, daß ich nie bis morgen aufſchob, was ich heute thun konnte. Faſt in daſſelbe Kapitel gehört die Unentſchloſſenheit, auch ein Erbfeind ſo vieler Men- ſchen, die ein noch berühmterer Marſchall, Souva- roff, ſo ſehr haßte, daß er, in der Uebertreibung ſei- nes Charakters, denen ſogleich ſeine Gunſt entzog, die ihm je auf eine Frage erwiederten: „Ich weiß nicht.“ Non mi ricordo, geht ſchon eher an, und meinen Grundſätzen gemäß wende ich dies beſonders auf alle beſagten Sünden an, wenn ſie einmal geſchehen ſind. Man muß es ſich täglich wiederholen: die Vergan- genheit iſt todt, nur die Zukunft lebt. Möge ſie uns, meine geliebte Julie, immer gün- ſtig erſcheinen. Dein treuer L.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/401
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/401>, abgerufen am 22.12.2024.