Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste, indem ich mich in die Seele eines Engländers
versetzte, das Zweite im Gefühl eines Deutschen!

Dieser doppelte Senat des englischen Volks, mit
allen menschlichen Schwächen, die mit unterlaufen
mögen, ist etwas höchst Großartiges -- und indem
man sein Walten von Nahem sieht, fängt man an
zu verstehen, warum die englische Nation bis jetzt
noch die erste auf der Erde ist.



Aus dem ernsten Parlament folge mir, zur Ver-
änderung, heute ins Theater.

Man führt ein Spektakelstück auf, dessen äußere
Ausschmückungen hier täuschender bewerkstelligt wer-
den als irgendwo. Nur die "Scenery," zweier Auf-
tritte will ich beschreiben.

Zwischen Felsen, im wilden Gebirge Spaniens, er-
hebt sich ein maurisches Schloß in weiter Entfernung.
Es ist Nacht, aber der Mond scheint hell am blauen
Himmel, und mischt sein blasses Licht mit den hell-
erleuchteten Fenstern des Schlosses und der Capelle.
Ein langer sich durch die Berge ziehender Weg wird
an mehreren Stellen sichtbar, und führt zuletzt, auf
hohe Mauerbogen gestützt, bis in den Vordergrund.

Jetzt schleichen vorsichtig Räuber aus den Gebü-
schen herbei, verbergen sich lauernd an der Straße,

Erſte, indem ich mich in die Seele eines Engländers
verſetzte, das Zweite im Gefühl eines Deutſchen!

Dieſer doppelte Senat des engliſchen Volks, mit
allen menſchlichen Schwächen, die mit unterlaufen
mögen, iſt etwas höchſt Großartiges — und indem
man ſein Walten von Nahem ſieht, fängt man an
zu verſtehen, warum die engliſche Nation bis jetzt
noch die erſte auf der Erde iſt.



Aus dem ernſten Parlament folge mir, zur Ver-
änderung, heute ins Theater.

Man führt ein Spektakelſtück auf, deſſen äußere
Ausſchmückungen hier täuſchender bewerkſtelligt wer-
den als irgendwo. Nur die „Scenery,“ zweier Auf-
tritte will ich beſchreiben.

Zwiſchen Felſen, im wilden Gebirge Spaniens, er-
hebt ſich ein mauriſches Schloß in weiter Entfernung.
Es iſt Nacht, aber der Mond ſcheint hell am blauen
Himmel, und miſcht ſein blaſſes Licht mit den hell-
erleuchteten Fenſtern des Schloſſes und der Capelle.
Ein langer ſich durch die Berge ziehender Weg wird
an mehreren Stellen ſichtbar, und führt zuletzt, auf
hohe Mauerbogen geſtützt, bis in den Vordergrund.

Jetzt ſchleichen vorſichtig Räuber aus den Gebü-
ſchen herbei, verbergen ſich lauernd an der Straße,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0041" n="25"/>
Er&#x017F;te, indem ich mich in die Seele eines Engländers<lb/>
ver&#x017F;etzte, das Zweite im Gefühl eines <hi rendition="#g">Deut&#x017F;chen</hi>!</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er doppelte Senat des engli&#x017F;chen Volks, mit<lb/>
allen men&#x017F;chlichen Schwächen, die mit unterlaufen<lb/>
mögen, i&#x017F;t etwas höch&#x017F;t Großartiges &#x2014; und indem<lb/>
man &#x017F;ein Walten von Nahem &#x017F;ieht, fängt man an<lb/>
zu ver&#x017F;tehen, warum die engli&#x017F;che <hi rendition="#g">Nation</hi> bis jetzt<lb/>
noch die er&#x017F;te auf der Erde i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 3ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Aus dem ern&#x017F;ten Parlament folge mir, zur Ver-<lb/>
änderung, heute ins Theater.</p><lb/>
          <p>Man führt ein Spektakel&#x017F;tück auf, de&#x017F;&#x017F;en äußere<lb/>
Aus&#x017F;chmückungen hier täu&#x017F;chender bewerk&#x017F;telligt wer-<lb/>
den als irgendwo. Nur die &#x201E;Scenery,&#x201C; zweier Auf-<lb/>
tritte will ich be&#x017F;chreiben.</p><lb/>
          <p>Zwi&#x017F;chen Fel&#x017F;en, im wilden Gebirge Spaniens, er-<lb/>
hebt &#x017F;ich ein mauri&#x017F;ches Schloß in weiter Entfernung.<lb/>
Es i&#x017F;t Nacht, aber der Mond &#x017F;cheint hell am blauen<lb/>
Himmel, und mi&#x017F;cht &#x017F;ein bla&#x017F;&#x017F;es Licht mit den hell-<lb/>
erleuchteten Fen&#x017F;tern des Schlo&#x017F;&#x017F;es und der Capelle.<lb/>
Ein langer &#x017F;ich durch die Berge ziehender Weg wird<lb/>
an mehreren Stellen &#x017F;ichtbar, und führt zuletzt, auf<lb/>
hohe Mauerbogen ge&#x017F;tützt, bis in den Vordergrund.</p><lb/>
          <p>Jetzt &#x017F;chleichen vor&#x017F;ichtig Räuber aus den Gebü-<lb/>
&#x017F;chen herbei, verbergen &#x017F;ich lauernd an der Straße,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0041] Erſte, indem ich mich in die Seele eines Engländers verſetzte, das Zweite im Gefühl eines Deutſchen! Dieſer doppelte Senat des engliſchen Volks, mit allen menſchlichen Schwächen, die mit unterlaufen mögen, iſt etwas höchſt Großartiges — und indem man ſein Walten von Nahem ſieht, fängt man an zu verſtehen, warum die engliſche Nation bis jetzt noch die erſte auf der Erde iſt. Den 3ten. Aus dem ernſten Parlament folge mir, zur Ver- änderung, heute ins Theater. Man führt ein Spektakelſtück auf, deſſen äußere Ausſchmückungen hier täuſchender bewerkſtelligt wer- den als irgendwo. Nur die „Scenery,“ zweier Auf- tritte will ich beſchreiben. Zwiſchen Felſen, im wilden Gebirge Spaniens, er- hebt ſich ein mauriſches Schloß in weiter Entfernung. Es iſt Nacht, aber der Mond ſcheint hell am blauen Himmel, und miſcht ſein blaſſes Licht mit den hell- erleuchteten Fenſtern des Schloſſes und der Capelle. Ein langer ſich durch die Berge ziehender Weg wird an mehreren Stellen ſichtbar, und führt zuletzt, auf hohe Mauerbogen geſtützt, bis in den Vordergrund. Jetzt ſchleichen vorſichtig Räuber aus den Gebü- ſchen herbei, verbergen ſich lauernd an der Straße,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/41
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/41>, abgerufen am 22.12.2024.