Catastrophe erspare, da ich ihr weder helfen noch ihr Benehmen billigen konnte. Wie sie gestern die Hortikultural Gardens, besuchte auch ich heute, nämlich blos um mich von diesen unangenehmen Ein- drücken zu zerstreuen, eine große Gesellschaft bei der Marquise H .. Kaum war ich durch einige Zim- mer gegangen, als ich dem Herzog von C. in den Wurf kam, einem Prinzen, der, obgleich er sich nicht pikirt, ein Liberaler zu seyn, doch die Oeffentlichkeit sehr liebt.
Kaum wurde er mich ansichtig, als er mir schon von weitem zurief: "O P ..... was zum T .... haben Sie für Streiche gemacht? Es sieht schon in den Zeitungen, daß sich die W .... Ihretwegen ersäuft hat." ..... "Meinetwegen, E. K. H.? was für ein Mährchen!" Läugnen Sie es nur nicht, ich sah Sie ja selbst solus cum sola mit ihr im Wagen -- alle Welt ist davon unterrichtet, und ich habe es auch schon nach B. an den K. geschrieben. Nun diese fremde Sünde auf mein Conto fehlte mir noch, erwiederte ich verdrießlich. Uebrigens wissen Sie, daß dem Na- poleonischen Geschlechte nur die Engländer ver- hängnißvoll sind. Der Höchste desselben hat der gan- zen Nation die Schmach seines Todes zum ewigen Vermächtniß hinterlassen, seine arme. Nichte wird wohl nur einen einzigen englischen Dandy den un- terirdischen Mächten weihen; aber da die Nemesis, in der Weltgeschichte wie in den kleinen Lebensver- hältnissen, nie ausbleibt, so ist es wohl möglich, daß einst noch ein Buonaparte des kaiserlichen Ahnherrn
Cataſtrophe erſpare, da ich ihr weder helfen noch ihr Benehmen billigen konnte. Wie ſie geſtern die Hortikultural Gardens, beſuchte auch ich heute, nämlich blos um mich von dieſen unangenehmen Ein- drücken zu zerſtreuen, eine große Geſellſchaft bei der Marquiſe H .. Kaum war ich durch einige Zim- mer gegangen, als ich dem Herzog von C. in den Wurf kam, einem Prinzen, der, obgleich er ſich nicht pikirt, ein Liberaler zu ſeyn, doch die Oeffentlichkeit ſehr liebt.
Kaum wurde er mich anſichtig, als er mir ſchon von weitem zurief: „O P ..... was zum T .... haben Sie für Streiche gemacht? Es ſieht ſchon in den Zeitungen, daß ſich die W .... Ihretwegen erſäuft hat.“ ..... „Meinetwegen, E. K. H.? was für ein Mährchen!“ Läugnen Sie es nur nicht, ich ſah Sie ja ſelbſt solus cum sola mit ihr im Wagen — alle Welt iſt davon unterrichtet, und ich habe es auch ſchon nach B. an den K. geſchrieben. Nun dieſe fremde Sünde auf mein Conto fehlte mir noch, erwiederte ich verdrießlich. Uebrigens wiſſen Sie, daß dem Na- poleoniſchen Geſchlechte nur die Engländer ver- hängnißvoll ſind. Der Höchſte deſſelben hat der gan- zen Nation die Schmach ſeines Todes zum ewigen Vermächtniß hinterlaſſen, ſeine arme. Nichte wird wohl nur einen einzigen engliſchen Dandy den un- terirdiſchen Mächten weihen; aber da die Nemeſis, in der Weltgeſchichte wie in den kleinen Lebensver- hältniſſen, nie ausbleibt, ſo iſt es wohl möglich, daß einſt noch ein Buonaparte des kaiſerlichen Ahnherrn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0441"n="421"/>
Cataſtrophe erſpare, da ich ihr weder helfen noch<lb/>
ihr Benehmen billigen konnte. Wie <hirendition="#g">ſie</hi> geſtern die<lb/>
Hortikultural Gardens, beſuchte auch <hirendition="#g">ich</hi> heute,<lb/>
nämlich blos um mich von dieſen unangenehmen Ein-<lb/>
drücken zu zerſtreuen, eine große Geſellſchaft bei<lb/>
der Marquiſe H .. Kaum war ich durch einige Zim-<lb/>
mer gegangen, als ich dem Herzog von C. in den<lb/>
Wurf kam, einem Prinzen, der, obgleich er ſich nicht<lb/>
pikirt, ein Liberaler zu ſeyn, doch die Oeffentlichkeit<lb/>ſehr liebt.</p><lb/><p>Kaum wurde er mich anſichtig, als er mir ſchon<lb/>
von weitem zurief: „O P ..... was zum T .... haben<lb/>
Sie für Streiche gemacht? Es ſieht ſchon in den<lb/>
Zeitungen, daß ſich die W .... Ihretwegen erſäuft<lb/>
hat.“ ..... „Meinetwegen, E. K. H.? was für ein<lb/>
Mährchen!“ Läugnen Sie es nur nicht, ich ſah Sie<lb/>
ja ſelbſt <hirendition="#aq">solus cum sola</hi> mit ihr im Wagen — alle<lb/>
Welt iſt davon unterrichtet, und ich habe es auch<lb/>ſchon nach B. an den K. geſchrieben. Nun dieſe fremde<lb/>
Sünde auf mein Conto fehlte mir noch, erwiederte<lb/>
ich verdrießlich. Uebrigens wiſſen Sie, daß dem Na-<lb/>
poleoniſchen Geſchlechte nur <hirendition="#g">die Engländer</hi> ver-<lb/>
hängnißvoll ſind. Der Höchſte deſſelben hat der gan-<lb/>
zen Nation die Schmach ſeines Todes zum ewigen<lb/>
Vermächtniß hinterlaſſen, ſeine arme. Nichte wird<lb/>
wohl nur einen einzigen engliſchen Dandy den un-<lb/>
terirdiſchen Mächten weihen; aber da die Nemeſis,<lb/>
in der Weltgeſchichte wie in den kleinen Lebensver-<lb/>
hältniſſen, nie ausbleibt, ſo iſt es wohl möglich, daß<lb/>
einſt noch ein Buonaparte des kaiſerlichen Ahnherrn<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[421/0441]
Cataſtrophe erſpare, da ich ihr weder helfen noch
ihr Benehmen billigen konnte. Wie ſie geſtern die
Hortikultural Gardens, beſuchte auch ich heute,
nämlich blos um mich von dieſen unangenehmen Ein-
drücken zu zerſtreuen, eine große Geſellſchaft bei
der Marquiſe H .. Kaum war ich durch einige Zim-
mer gegangen, als ich dem Herzog von C. in den
Wurf kam, einem Prinzen, der, obgleich er ſich nicht
pikirt, ein Liberaler zu ſeyn, doch die Oeffentlichkeit
ſehr liebt.
Kaum wurde er mich anſichtig, als er mir ſchon
von weitem zurief: „O P ..... was zum T .... haben
Sie für Streiche gemacht? Es ſieht ſchon in den
Zeitungen, daß ſich die W .... Ihretwegen erſäuft
hat.“ ..... „Meinetwegen, E. K. H.? was für ein
Mährchen!“ Läugnen Sie es nur nicht, ich ſah Sie
ja ſelbſt solus cum sola mit ihr im Wagen — alle
Welt iſt davon unterrichtet, und ich habe es auch
ſchon nach B. an den K. geſchrieben. Nun dieſe fremde
Sünde auf mein Conto fehlte mir noch, erwiederte
ich verdrießlich. Uebrigens wiſſen Sie, daß dem Na-
poleoniſchen Geſchlechte nur die Engländer ver-
hängnißvoll ſind. Der Höchſte deſſelben hat der gan-
zen Nation die Schmach ſeines Todes zum ewigen
Vermächtniß hinterlaſſen, ſeine arme. Nichte wird
wohl nur einen einzigen engliſchen Dandy den un-
terirdiſchen Mächten weihen; aber da die Nemeſis,
in der Weltgeſchichte wie in den kleinen Lebensver-
hältniſſen, nie ausbleibt, ſo iſt es wohl möglich, daß
einſt noch ein Buonaparte des kaiſerlichen Ahnherrn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/441>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.