Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß-
ten, nahmen demohngeachtet ihr Schicksal noch bumo-
ristischer auf als jene, denn drei davon spielten sehr
geräuschvoll, unter Späßen und Gelächter Whist mit
dem todten Mann, der vierte aber saß auf dem Fen-
sterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik studierte,
um -- französisch zu lernen! C'etait bien un phi-
losophe sans le savoir.



Gestern Abends besah ich mir zum erstenmal Vaur-
hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geschmack von
Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio-
ser. Die Illumination mit Tausenden von Lampen
in den brennendsten Farben ist ungemein prachtvoll.
Besonders schön nahmen sich colossale unter den Bäu-
men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die
Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben
Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet
wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki-
schen Muster aller Nüancen, und ein Tempel für die
Musik, von dem königl. Wappen nebst dem crest dar-
über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht
wie sonst gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, son-
dern transparent von Eisen gegossen, welches sie un-
endlich eleganter und dennoch eben so reich erscheinen
ließ.

Weiterhin breitet sich der Garten noch mit verschiede-
nen Abwechslungen und Darstellungen aus, wovon

und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß-
ten, nahmen demohngeachtet ihr Schickſal noch bumo-
riſtiſcher auf als jene, denn drei davon ſpielten ſehr
geräuſchvoll, unter Späßen und Gelächter Whiſt mit
dem todten Mann, der vierte aber ſaß auf dem Fen-
ſterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik ſtudierte,
um — franzöſiſch zu lernen! C’etait bien un phi-
losophe sans le savoir.



Geſtern Abends beſah ich mir zum erſtenmal Vaur-
hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geſchmack von
Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio-
ſer. Die Illumination mit Tauſenden von Lampen
in den brennendſten Farben iſt ungemein prachtvoll.
Beſonders ſchön nahmen ſich coloſſale unter den Bäu-
men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die
Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben
Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet
wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki-
ſchen Muſter aller Nüancen, und ein Tempel für die
Muſik, von dem königl. Wappen nebſt dem crest dar-
über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht
wie ſonſt gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, ſon-
dern transparent von Eiſen gegoſſen, welches ſie un-
endlich eleganter und dennoch eben ſo reich erſcheinen
ließ.

Weiterhin breitet ſich der Garten noch mit verſchiede-
nen Abwechslungen und Darſtellungen aus, wovon

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="76"/>
und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß-<lb/>
ten, nahmen demohngeachtet ihr Schick&#x017F;al noch bumo-<lb/>
ri&#x017F;ti&#x017F;cher auf als jene, denn drei davon &#x017F;pielten &#x017F;ehr<lb/>
geräu&#x017F;chvoll, unter Späßen und Gelächter Whi&#x017F;t mit<lb/>
dem todten Mann, der vierte aber &#x017F;aß auf dem Fen-<lb/>
&#x017F;terbrett, wo er eifrig in einer Grammatik &#x017F;tudierte,<lb/>
um &#x2014; franzö&#x017F;i&#x017F;ch zu lernen! <hi rendition="#aq">C&#x2019;etait bien un phi-<lb/>
losophe sans le savoir.</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 12ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Ge&#x017F;tern Abends be&#x017F;ah ich mir zum er&#x017F;tenmal Vaur-<lb/>
hall, ein öffentlicher Garten, in dem Ge&#x017F;chmack von<lb/>
Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio-<lb/>
&#x017F;er. Die Illumination mit Tau&#x017F;enden von Lampen<lb/>
in den brennend&#x017F;ten Farben i&#x017F;t ungemein prachtvoll.<lb/>
Be&#x017F;onders &#x017F;chön nahmen &#x017F;ich colo&#x017F;&#x017F;ale unter den Bäu-<lb/>
men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die<lb/>
Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben<lb/>
Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet<lb/>
wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki-<lb/>
&#x017F;chen Mu&#x017F;ter aller Nüancen, und ein Tempel für die<lb/>
Mu&#x017F;ik, von dem königl. Wappen neb&#x017F;t dem <hi rendition="#aq">crest</hi> dar-<lb/>
über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht<lb/>
wie &#x017F;on&#x017F;t gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, &#x017F;on-<lb/>
dern transparent von Ei&#x017F;en gego&#x017F;&#x017F;en, welches &#x017F;ie un-<lb/>
endlich eleganter und dennoch eben &#x017F;o reich er&#x017F;cheinen<lb/>
ließ.</p><lb/>
          <p>Weiterhin breitet &#x017F;ich der Garten noch mit ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen Abwechslungen und Dar&#x017F;tellungen aus, wovon<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0092] und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß- ten, nahmen demohngeachtet ihr Schickſal noch bumo- riſtiſcher auf als jene, denn drei davon ſpielten ſehr geräuſchvoll, unter Späßen und Gelächter Whiſt mit dem todten Mann, der vierte aber ſaß auf dem Fen- ſterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik ſtudierte, um — franzöſiſch zu lernen! C’etait bien un phi- losophe sans le savoir. Den 12ten. Geſtern Abends beſah ich mir zum erſtenmal Vaur- hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geſchmack von Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio- ſer. Die Illumination mit Tauſenden von Lampen in den brennendſten Farben iſt ungemein prachtvoll. Beſonders ſchön nahmen ſich coloſſale unter den Bäu- men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki- ſchen Muſter aller Nüancen, und ein Tempel für die Muſik, von dem königl. Wappen nebſt dem crest dar- über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht wie ſonſt gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, ſon- dern transparent von Eiſen gegoſſen, welches ſie un- endlich eleganter und dennoch eben ſo reich erſcheinen ließ. Weiterhin breitet ſich der Garten noch mit verſchiede- nen Abwechslungen und Darſtellungen aus, wovon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/92
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/92>, abgerufen am 22.12.2024.