und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß- ten, nahmen demohngeachtet ihr Schicksal noch bumo- ristischer auf als jene, denn drei davon spielten sehr geräuschvoll, unter Späßen und Gelächter Whist mit dem todten Mann, der vierte aber saß auf dem Fen- sterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik studierte, um -- französisch zu lernen! C'etait bien un phi- losophe sans le savoir.
Den 12ten.
Gestern Abends besah ich mir zum erstenmal Vaur- hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geschmack von Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio- ser. Die Illumination mit Tausenden von Lampen in den brennendsten Farben ist ungemein prachtvoll. Besonders schön nahmen sich colossale unter den Bäu- men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki- schen Muster aller Nüancen, und ein Tempel für die Musik, von dem königl. Wappen nebst dem crest dar- über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht wie sonst gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, son- dern transparent von Eisen gegossen, welches sie un- endlich eleganter und dennoch eben so reich erscheinen ließ.
Weiterhin breitet sich der Garten noch mit verschiede- nen Abwechslungen und Darstellungen aus, wovon
und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß- ten, nahmen demohngeachtet ihr Schickſal noch bumo- riſtiſcher auf als jene, denn drei davon ſpielten ſehr geräuſchvoll, unter Späßen und Gelächter Whiſt mit dem todten Mann, der vierte aber ſaß auf dem Fen- ſterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik ſtudierte, um — franzöſiſch zu lernen! C’etait bien un phi- losophe sans le savoir.
Den 12ten.
Geſtern Abends beſah ich mir zum erſtenmal Vaur- hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geſchmack von Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio- ſer. Die Illumination mit Tauſenden von Lampen in den brennendſten Farben iſt ungemein prachtvoll. Beſonders ſchön nahmen ſich coloſſale unter den Bäu- men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki- ſchen Muſter aller Nüancen, und ein Tempel für die Muſik, von dem königl. Wappen nebſt dem crest dar- über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht wie ſonſt gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, ſon- dern transparent von Eiſen gegoſſen, welches ſie un- endlich eleganter und dennoch eben ſo reich erſcheinen ließ.
Weiterhin breitet ſich der Garten noch mit verſchiede- nen Abwechslungen und Darſtellungen aus, wovon
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0092"n="76"/>
und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß-<lb/>
ten, nahmen demohngeachtet ihr Schickſal noch bumo-<lb/>
riſtiſcher auf als jene, denn drei davon ſpielten ſehr<lb/>
geräuſchvoll, unter Späßen und Gelächter Whiſt mit<lb/>
dem todten Mann, der vierte aber ſaß auf dem Fen-<lb/>ſterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik ſtudierte,<lb/>
um — franzöſiſch zu lernen! <hirendition="#aq">C’etait bien un phi-<lb/>
losophe sans le savoir.</hi></p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 12ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Geſtern Abends beſah ich mir zum erſtenmal Vaur-<lb/>
hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geſchmack von<lb/>
Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio-<lb/>ſer. Die Illumination mit Tauſenden von Lampen<lb/>
in den brennendſten Farben iſt ungemein prachtvoll.<lb/>
Beſonders ſchön nahmen ſich coloſſale unter den Bäu-<lb/>
men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die<lb/>
Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben<lb/>
Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet<lb/>
wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki-<lb/>ſchen Muſter aller Nüancen, und ein Tempel für die<lb/>
Muſik, von dem königl. Wappen nebſt dem <hirendition="#aq">crest</hi> dar-<lb/>
über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht<lb/>
wie ſonſt gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, ſon-<lb/>
dern transparent von Eiſen gegoſſen, welches ſie un-<lb/>
endlich eleganter und dennoch eben ſo reich erſcheinen<lb/>
ließ.</p><lb/><p>Weiterhin breitet ſich der Garten noch mit verſchiede-<lb/>
nen Abwechslungen und Darſtellungen aus, wovon<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[76/0092]
und ihr Lebensende in wenig Wochen erwarten muß-
ten, nahmen demohngeachtet ihr Schickſal noch bumo-
riſtiſcher auf als jene, denn drei davon ſpielten ſehr
geräuſchvoll, unter Späßen und Gelächter Whiſt mit
dem todten Mann, der vierte aber ſaß auf dem Fen-
ſterbrett, wo er eifrig in einer Grammatik ſtudierte,
um — franzöſiſch zu lernen! C’etait bien un phi-
losophe sans le savoir.
Den 12ten.
Geſtern Abends beſah ich mir zum erſtenmal Vaur-
hall, ein öffentlicher Garten, in dem Geſchmack von
Tivoli in Paris, aber weit glänzender und grandio-
ſer. Die Illumination mit Tauſenden von Lampen
in den brennendſten Farben iſt ungemein prachtvoll.
Beſonders ſchön nahmen ſich coloſſale unter den Bäu-
men aufgehangene Blumen-Bouquets aus, wo die
Blumen von rothen, blauen, violetten und gelben
Lampen, die Blätter und Stiele von grünen gebildet
wurden, dann Kronleuchter von einem bunten türki-
ſchen Muſter aller Nüancen, und ein Tempel für die
Muſik, von dem königl. Wappen nebſt dem crest dar-
über gekrönt. Mehrere Triumphbögen waren nicht
wie ſonſt gewöhnlich, von Brettern aufgeführt, ſon-
dern transparent von Eiſen gegoſſen, welches ſie un-
endlich eleganter und dennoch eben ſo reich erſcheinen
ließ.
Weiterhin breitet ſich der Garten noch mit verſchiede-
nen Abwechslungen und Darſtellungen aus, wovon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/92>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.