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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Carolinger im Verfall 814-888.
zen gemacht hatte, und da nach Ludewigs Tode
unter dessen in Streit begriffenen und hernach ab-
getheilten Söhnen fast von allen Seiten Angriffe
auf die Gränzen, oder unerhörte Einbrüche und
Streifereyen bis in das Innerste des Reichs er-
folgten. So gieng nicht nur das bisherige Frän-
kische Gebiet in Spanien verlohren, sondern auf
der einen Seite wurde jetzt das heutige Frankreich
alle Jahre nach einander von Normännern heim-
gesucht, die mit leichten, aber desto zahlreicheren
Schiffen die Seine und Loire hinaufzogen, und ver-
heerten, oder plünderten und mitschleppten, was
sie konnten. Auf der andern Seite geschahen auf
Teutschem Boden fast beständige Streifereyen der
Wendischen Völker, die aus allen Gegenden von
der Elbe her einbrachen, und gleiche Verwüstun-
gen anrichteten; ohne zu gedenken, was von Sa-
racenen an der Küste von Provence und Italien
geschah, und was in der Folge noch für neue Ge-
fahren von Madscharen oder Ungarn, die seit 862.
in Pannonien und 892. bis auf Teutschen Boden
vordrangen, sich der Teutschen Gränze näherten.

Diese Umstände gaben erstlich Anlaß, daß sol-VIII.
che Provinzen, die dergleichen Einbrüchen fremder
Völker am meisten ausgesetzt waren, wieder grö-
ßeren Befehlshabern anvertrauet wurden. An
statt daß Carl der Große die Herzoge nach und
nach hatte abkommen laßen, ward nun schon 847.
von Ludewig dem Teutschen wieder ein Herzog in
Thüringen zur Beschützung dieser Gränzen gegen
die Sorben-Wenden angesetzt; und unter eben
dieser Regierung war auch schon wieder ein eigner
Herzog in Sachsen, Namens Ludolf, der sein An-

den-
F

7) Carolinger im Verfall 814-888.
zen gemacht hatte, und da nach Ludewigs Tode
unter deſſen in Streit begriffenen und hernach ab-
getheilten Soͤhnen faſt von allen Seiten Angriffe
auf die Graͤnzen, oder unerhoͤrte Einbruͤche und
Streifereyen bis in das Innerſte des Reichs er-
folgten. So gieng nicht nur das bisherige Fraͤn-
kiſche Gebiet in Spanien verlohren, ſondern auf
der einen Seite wurde jetzt das heutige Frankreich
alle Jahre nach einander von Normaͤnnern heim-
geſucht, die mit leichten, aber deſto zahlreicheren
Schiffen die Seine und Loire hinaufzogen, und ver-
heerten, oder pluͤnderten und mitſchleppten, was
ſie konnten. Auf der andern Seite geſchahen auf
Teutſchem Boden faſt beſtaͤndige Streifereyen der
Wendiſchen Voͤlker, die aus allen Gegenden von
der Elbe her einbrachen, und gleiche Verwuͤſtun-
gen anrichteten; ohne zu gedenken, was von Sa-
racenen an der Kuͤſte von Provence und Italien
geſchah, und was in der Folge noch fuͤr neue Ge-
fahren von Madſcharen oder Ungarn, die ſeit 862.
in Pannonien und 892. bis auf Teutſchen Boden
vordrangen, ſich der Teutſchen Graͤnze naͤherten.

Dieſe Umſtaͤnde gaben erſtlich Anlaß, daß ſol-VIII.
che Provinzen, die dergleichen Einbruͤchen fremder
Voͤlker am meiſten ausgeſetzt waren, wieder groͤ-
ßeren Befehlshabern anvertrauet wurden. An
ſtatt daß Carl der Große die Herzoge nach und
nach hatte abkommen laßen, ward nun ſchon 847.
von Ludewig dem Teutſchen wieder ein Herzog in
Thuͤringen zur Beſchuͤtzung dieſer Graͤnzen gegen
die Sorben-Wenden angeſetzt; und unter eben
dieſer Regierung war auch ſchon wieder ein eigner
Herzog in Sachſen, Namens Ludolf, der ſein An-

den-
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[81/0115] 7) Carolinger im Verfall 814-888. zen gemacht hatte, und da nach Ludewigs Tode unter deſſen in Streit begriffenen und hernach ab- getheilten Soͤhnen faſt von allen Seiten Angriffe auf die Graͤnzen, oder unerhoͤrte Einbruͤche und Streifereyen bis in das Innerſte des Reichs er- folgten. So gieng nicht nur das bisherige Fraͤn- kiſche Gebiet in Spanien verlohren, ſondern auf der einen Seite wurde jetzt das heutige Frankreich alle Jahre nach einander von Normaͤnnern heim- geſucht, die mit leichten, aber deſto zahlreicheren Schiffen die Seine und Loire hinaufzogen, und ver- heerten, oder pluͤnderten und mitſchleppten, was ſie konnten. Auf der andern Seite geſchahen auf Teutſchem Boden faſt beſtaͤndige Streifereyen der Wendiſchen Voͤlker, die aus allen Gegenden von der Elbe her einbrachen, und gleiche Verwuͤſtun- gen anrichteten; ohne zu gedenken, was von Sa- racenen an der Kuͤſte von Provence und Italien geſchah, und was in der Folge noch fuͤr neue Ge- fahren von Madſcharen oder Ungarn, die ſeit 862. in Pannonien und 892. bis auf Teutſchen Boden vordrangen, ſich der Teutſchen Graͤnze naͤherten. Dieſe Umſtaͤnde gaben erſtlich Anlaß, daß ſol- che Provinzen, die dergleichen Einbruͤchen fremder Voͤlker am meiſten ausgeſetzt waren, wieder groͤ- ßeren Befehlshabern anvertrauet wurden. An ſtatt daß Carl der Große die Herzoge nach und nach hatte abkommen laßen, ward nun ſchon 847. von Ludewig dem Teutſchen wieder ein Herzog in Thuͤringen zur Beſchuͤtzung dieſer Graͤnzen gegen die Sorben-Wenden angeſetzt; und unter eben dieſer Regierung war auch ſchon wieder ein eigner Herzog in Sachſen, Namens Ludolf, der ſein An- den- VIII. F

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/115>, abgerufen am 26.11.2024.