einen Einfluß auf einen Vorfall, wovon selbst eine königliche Thronfolge und ein großer Theil der gan- zen folgenden Geschichte abhieng.
XX.
Der König Lothar derII., von dem der Na- me Lothringen noch jetzt in einem Theile der von ihm beherrschten Länder übrig ist, hatte geglaubt Ursachen zu haben, sich von seiner Gemahlinn 864Thietberg scheiden zu laßen. Die Erzbischöfe von Trier und Cölln hatten auf einer Synode zu Metz diese Ehescheidung gebilliget. Darauf nahm der König eine andere Gemahlinn Waldrade, mit der er einen Sohn Hugo erzeugte, der also sein Thron- folger gewesen seyn würde, weil von der Thietberg kein Sohn vorhanden war. Allein die verstoßene Königinn wandte sich nach Rom. Der Pabst nahm die Appellation an; vernichtete nicht nur den Aus- spruch der Synode zu Metz, sondern setzte so gar die beiden Erzbischöfe von Trier und Cölln, weil sie sich der Appellation widersetzten, ab; und nöthigte den König, die Waldrade wieder zu entlaßen, und die Thietberg als Königinn wieder aufzunehmen. Also konnte sein Sohn Hugo, den er mit der Waldrade erzeugt hatte, auch nicht sein Erbe seyn. Sondern Lothringen ward mit Lothars des II. Tode ein erledigtes Erbtheil; an statt, daß, wenn kein Pseudoisidor gewesen wäre, vielleicht noch jetzt ein Stamm von nurgedachtem Hugo übrig seyn könn- te, der die dreyfache Vertheilung des Fränkischen Reichs nach dem Verdünischen Vertrage von 843. fortgeführt hätte, wovon jetzt in den beiden Rei- chen Teutschland und Frankreich nur noch zwey Theile übrig sind.
Nach
I. Alte Zeiten bis 888.
einen Einfluß auf einen Vorfall, wovon ſelbſt eine koͤnigliche Thronfolge und ein großer Theil der gan- zen folgenden Geſchichte abhieng.
XX.
Der Koͤnig Lothar derII., von dem der Na- me Lothringen noch jetzt in einem Theile der von ihm beherrſchten Laͤnder uͤbrig iſt, hatte geglaubt Urſachen zu haben, ſich von ſeiner Gemahlinn 864Thietberg ſcheiden zu laßen. Die Erzbiſchoͤfe von Trier und Coͤlln hatten auf einer Synode zu Metz dieſe Eheſcheidung gebilliget. Darauf nahm der Koͤnig eine andere Gemahlinn Waldrade, mit der er einen Sohn Hugo erzeugte, der alſo ſein Thron- folger geweſen ſeyn wuͤrde, weil von der Thietberg kein Sohn vorhanden war. Allein die verſtoßene Koͤniginn wandte ſich nach Rom. Der Pabſt nahm die Appellation an; vernichtete nicht nur den Aus- ſpruch der Synode zu Metz, ſondern ſetzte ſo gar die beiden Erzbiſchoͤfe von Trier und Coͤlln, weil ſie ſich der Appellation widerſetzten, ab; und noͤthigte den Koͤnig, die Waldrade wieder zu entlaßen, und die Thietberg als Koͤniginn wieder aufzunehmen. Alſo konnte ſein Sohn Hugo, den er mit der Waldrade erzeugt hatte, auch nicht ſein Erbe ſeyn. Sondern Lothringen ward mit Lothars des II. Tode ein erledigtes Erbtheil; an ſtatt, daß, wenn kein Pſeudoiſidor geweſen waͤre, vielleicht noch jetzt ein Stamm von nurgedachtem Hugo uͤbrig ſeyn koͤnn- te, der die dreyfache Vertheilung des Fraͤnkiſchen Reichs nach dem Verduͤniſchen Vertrage von 843. fortgefuͤhrt haͤtte, wovon jetzt in den beiden Rei- chen Teutſchland und Frankreich nur noch zwey Theile uͤbrig ſind.
Nach
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I. Alte Zeiten bis 888.
einen Einfluß auf einen Vorfall, wovon ſelbſt eine
koͤnigliche Thronfolge und ein großer Theil der gan-
zen folgenden Geſchichte abhieng.
Der Koͤnig Lothar der II., von dem der Na-
me Lothringen noch jetzt in einem Theile der von
ihm beherrſchten Laͤnder uͤbrig iſt, hatte geglaubt
Urſachen zu haben, ſich von ſeiner Gemahlinn
Thietberg ſcheiden zu laßen. Die Erzbiſchoͤfe von
Trier und Coͤlln hatten auf einer Synode zu Metz
dieſe Eheſcheidung gebilliget. Darauf nahm der
Koͤnig eine andere Gemahlinn Waldrade, mit der
er einen Sohn Hugo erzeugte, der alſo ſein Thron-
folger geweſen ſeyn wuͤrde, weil von der Thietberg
kein Sohn vorhanden war. Allein die verſtoßene
Koͤniginn wandte ſich nach Rom. Der Pabſt nahm
die Appellation an; vernichtete nicht nur den Aus-
ſpruch der Synode zu Metz, ſondern ſetzte ſo gar
die beiden Erzbiſchoͤfe von Trier und Coͤlln, weil ſie
ſich der Appellation widerſetzten, ab; und noͤthigte
den Koͤnig, die Waldrade wieder zu entlaßen, und
die Thietberg als Koͤniginn wieder aufzunehmen.
Alſo konnte ſein Sohn Hugo, den er mit der
Waldrade erzeugt hatte, auch nicht ſein Erbe ſeyn.
Sondern Lothringen ward mit Lothars des II. Tode
ein erledigtes Erbtheil; an ſtatt, daß, wenn kein
Pſeudoiſidor geweſen waͤre, vielleicht noch jetzt ein
Stamm von nurgedachtem Hugo uͤbrig ſeyn koͤnn-
te, der die dreyfache Vertheilung des Fraͤnkiſchen
Reichs nach dem Verduͤniſchen Vertrage von 843.
fortgefuͤhrt haͤtte, wovon jetzt in den beiden Rei-
chen Teutſchland und Frankreich nur noch zwey
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/128>, abgerufen am 27.11.2024.
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