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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
anwesend, und ganz anderer Meynung, als daß
man mit den Normännern auf schimpfliche Bedin-
gungen Frieden machen sollte. Als bald hernach
887887. zu Tribur (einem noch jetzt im Darmstädti-
schen Amte Rüsselsheim zwischen Oppenheim und
Mainz gelegenen Orte) eine Reichsversammlung
veranstaltet war; erschien plötzlich Arnulf mit einem
tapfern Gefolge aus Baiern und Kärnthen, und
ward bald als König ausgerufen, ohne daß Carl
der Dicke sich nur entgegensetzen konnte, wiewohl
er diesen Unfall auch nicht lange mehr überlebte
888(+ 888. Jan. 12.). So endigte sich zugleich mit
Carls des Dicken Tode der ganze rechtmäßige
Carolinger Mannsstamm; da zwar noch Carl der
Einfältige vorhanden war, dem aber der Vorwurf
wegen Unrechtmäßigkeit der Ehe seiner Mutter
entgegenstand; so daß nach dem Sturz Carls des
Dicken auch weder in Frankreich noch in Teutsch-
land auf ihn Rücksicht genommen wurde.


II.

Ganz Teutschland erkannte jetzt einmüthig Ar-
nulfen für seinen König; und nach der Verbin-
dung, worin 880. ganz Lothringen mit Teutsch-
land gekommen war, galt das auch von selbsten
für ganz Lothringen, ohne daß auch nur widrige
Bewegungen dagegen entstanden wären. Nur das
Burgundische Königreich, das an der westli-
chen Seite der Juraischen Gebirge schon im Gange
war, und an der östlichen Seite eben jetzt bey die-
ser Gelegenheit zu Stande kam, gieng ab.


III.

Die Französische Nation ließ sich zwar den
Umsturz Carls des Dicken gefallen; nahm aber
an der Thronbesteigung Arnulfs keinen Antheil,

woll-

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
anweſend, und ganz anderer Meynung, als daß
man mit den Normaͤnnern auf ſchimpfliche Bedin-
gungen Frieden machen ſollte. Als bald hernach
887887. zu Tribur (einem noch jetzt im Darmſtaͤdti-
ſchen Amte Ruͤſſelsheim zwiſchen Oppenheim und
Mainz gelegenen Orte) eine Reichsverſammlung
veranſtaltet war; erſchien ploͤtzlich Arnulf mit einem
tapfern Gefolge aus Baiern und Kaͤrnthen, und
ward bald als Koͤnig ausgerufen, ohne daß Carl
der Dicke ſich nur entgegenſetzen konnte, wiewohl
er dieſen Unfall auch nicht lange mehr uͤberlebte
888(† 888. Jan. 12.). So endigte ſich zugleich mit
Carls des Dicken Tode der ganze rechtmaͤßige
Carolinger Mannsſtamm; da zwar noch Carl der
Einfaͤltige vorhanden war, dem aber der Vorwurf
wegen Unrechtmaͤßigkeit der Ehe ſeiner Mutter
entgegenſtand; ſo daß nach dem Sturz Carls des
Dicken auch weder in Frankreich noch in Teutſch-
land auf ihn Ruͤckſicht genommen wurde.


II.

Ganz Teutſchland erkannte jetzt einmuͤthig Ar-
nulfen fuͤr ſeinen Koͤnig; und nach der Verbin-
dung, worin 880. ganz Lothringen mit Teutſch-
land gekommen war, galt das auch von ſelbſten
fuͤr ganz Lothringen, ohne daß auch nur widrige
Bewegungen dagegen entſtanden waͤren. Nur das
Burgundiſche Koͤnigreich, das an der weſtli-
chen Seite der Juraiſchen Gebirge ſchon im Gange
war, und an der oͤſtlichen Seite eben jetzt bey die-
ſer Gelegenheit zu Stande kam, gieng ab.


III.

Die Franzoͤſiſche Nation ließ ſich zwar den
Umſturz Carls des Dicken gefallen; nahm aber
an der Thronbeſteigung Arnulfs keinen Antheil,

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[100/0134] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. anweſend, und ganz anderer Meynung, als daß man mit den Normaͤnnern auf ſchimpfliche Bedin- gungen Frieden machen ſollte. Als bald hernach 887. zu Tribur (einem noch jetzt im Darmſtaͤdti- ſchen Amte Ruͤſſelsheim zwiſchen Oppenheim und Mainz gelegenen Orte) eine Reichsverſammlung veranſtaltet war; erſchien ploͤtzlich Arnulf mit einem tapfern Gefolge aus Baiern und Kaͤrnthen, und ward bald als Koͤnig ausgerufen, ohne daß Carl der Dicke ſich nur entgegenſetzen konnte, wiewohl er dieſen Unfall auch nicht lange mehr uͤberlebte († 888. Jan. 12.). So endigte ſich zugleich mit Carls des Dicken Tode der ganze rechtmaͤßige Carolinger Mannsſtamm; da zwar noch Carl der Einfaͤltige vorhanden war, dem aber der Vorwurf wegen Unrechtmaͤßigkeit der Ehe ſeiner Mutter entgegenſtand; ſo daß nach dem Sturz Carls des Dicken auch weder in Frankreich noch in Teutſch- land auf ihn Ruͤckſicht genommen wurde. 887 888 Ganz Teutſchland erkannte jetzt einmuͤthig Ar- nulfen fuͤr ſeinen Koͤnig; und nach der Verbin- dung, worin 880. ganz Lothringen mit Teutſch- land gekommen war, galt das auch von ſelbſten fuͤr ganz Lothringen, ohne daß auch nur widrige Bewegungen dagegen entſtanden waͤren. Nur das Burgundiſche Koͤnigreich, das an der weſtli- chen Seite der Juraiſchen Gebirge ſchon im Gange war, und an der oͤſtlichen Seite eben jetzt bey die- ſer Gelegenheit zu Stande kam, gieng ab. Die Franzoͤſiſche Nation ließ ſich zwar den Umſturz Carls des Dicken gefallen; nahm aber an der Thronbeſteigung Arnulfs keinen Antheil, woll-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/134>, abgerufen am 27.11.2024.