immer Bisthümer nur nach seinem Gutfinden be- setzte.
IV.
(Doch so blieb die Sache kaum noch hundert Jahre. Da hernach selbst einige Kaiserwahlen streitig ausfielen, und von zwey Herren, deren jeder sich die Kaiserwürde zueignete, in ebenmäßig vor- gefallenen streitigen Bischofswahlen der eine diesem, der andere einem andern die Belehnung ertheilen, und damit die bischöfliche Würde zuwenden wollte; so trat der Pabst ins Mittel, und eignete sich die Entscheidung zu; mit so glücklichem Erfolge, daß seitdem ein ganz umgekehrtes Herkommen bis auf den heutigen Tag daraus erwuchs. Denn nun- mehr hat ein Teutscher Bischof nicht unmittelbar nach seiner Wahl, sondern erst nach erhaltener päbstlicher Bestätigung die Belehnung beym Kai- ser zu suchen, wozu selbst ein päbstliches Schrei- ben ihn dem Kaiser empfiehlt. Wenn also jetzt, wie noch vor einigen Jahren der Fall zu Lüttich war, in einer streitigen Wahl ein Theil z. B. einen Sächsischen Prinzen, ein anderer einen Grafen von Outremont wehlet; so wird die Entscheidung nicht erst vom Kaiser, sondern nur vom Pabste erwartet. Derjenige, den der Pabst bestätiget, sieht es jetzt als ein ausgemachtes Recht an, daß ihm nunmehr auch die kaiserliche Belehnung nicht versagt wer- den kann. So hat der Pabst über den Kaiser, die geistliche Macht über die weltliche, auch in diesem Stücke, zwar nicht auf einmal, aber doch in Gefolg eines von langer Hand gemachten, nie außer Acht gelaßenen Entwurfs, am Ende den Sieg davon getragen.)
Da
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
immer Biſthuͤmer nur nach ſeinem Gutfinden be- ſetzte.
IV.
(Doch ſo blieb die Sache kaum noch hundert Jahre. Da hernach ſelbſt einige Kaiſerwahlen ſtreitig ausfielen, und von zwey Herren, deren jeder ſich die Kaiſerwuͤrde zueignete, in ebenmaͤßig vor- gefallenen ſtreitigen Biſchofswahlen der eine dieſem, der andere einem andern die Belehnung ertheilen, und damit die biſchoͤfliche Wuͤrde zuwenden wollte; ſo trat der Pabſt ins Mittel, und eignete ſich die Entſcheidung zu; mit ſo gluͤcklichem Erfolge, daß ſeitdem ein ganz umgekehrtes Herkommen bis auf den heutigen Tag daraus erwuchs. Denn nun- mehr hat ein Teutſcher Biſchof nicht unmittelbar nach ſeiner Wahl, ſondern erſt nach erhaltener paͤbſtlicher Beſtaͤtigung die Belehnung beym Kai- ſer zu ſuchen, wozu ſelbſt ein paͤbſtliches Schrei- ben ihn dem Kaiſer empfiehlt. Wenn alſo jetzt, wie noch vor einigen Jahren der Fall zu Luͤttich war, in einer ſtreitigen Wahl ein Theil z. B. einen Saͤchſiſchen Prinzen, ein anderer einen Grafen von Outremont wehlet; ſo wird die Entſcheidung nicht erſt vom Kaiſer, ſondern nur vom Pabſte erwartet. Derjenige, den der Pabſt beſtaͤtiget, ſieht es jetzt als ein ausgemachtes Recht an, daß ihm nunmehr auch die kaiſerliche Belehnung nicht verſagt wer- den kann. So hat der Pabſt uͤber den Kaiſer, die geiſtliche Macht uͤber die weltliche, auch in dieſem Stuͤcke, zwar nicht auf einmal, aber doch in Gefolg eines von langer Hand gemachten, nie außer Acht gelaßenen Entwurfs, am Ende den Sieg davon getragen.)
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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
immer Biſthuͤmer nur nach ſeinem Gutfinden be-
ſetzte.
(Doch ſo blieb die Sache kaum noch hundert
Jahre. Da hernach ſelbſt einige Kaiſerwahlen
ſtreitig ausfielen, und von zwey Herren, deren jeder
ſich die Kaiſerwuͤrde zueignete, in ebenmaͤßig vor-
gefallenen ſtreitigen Biſchofswahlen der eine dieſem,
der andere einem andern die Belehnung ertheilen,
und damit die biſchoͤfliche Wuͤrde zuwenden wollte;
ſo trat der Pabſt ins Mittel, und eignete ſich die
Entſcheidung zu; mit ſo gluͤcklichem Erfolge, daß
ſeitdem ein ganz umgekehrtes Herkommen bis auf
den heutigen Tag daraus erwuchs. Denn nun-
mehr hat ein Teutſcher Biſchof nicht unmittelbar
nach ſeiner Wahl, ſondern erſt nach erhaltener
paͤbſtlicher Beſtaͤtigung die Belehnung beym Kai-
ſer zu ſuchen, wozu ſelbſt ein paͤbſtliches Schrei-
ben ihn dem Kaiſer empfiehlt. Wenn alſo jetzt,
wie noch vor einigen Jahren der Fall zu Luͤttich
war, in einer ſtreitigen Wahl ein Theil z. B. einen
Saͤchſiſchen Prinzen, ein anderer einen Grafen von
Outremont wehlet; ſo wird die Entſcheidung nicht
erſt vom Kaiſer, ſondern nur vom Pabſte erwartet.
Derjenige, den der Pabſt beſtaͤtiget, ſieht es jetzt
als ein ausgemachtes Recht an, daß ihm nunmehr
auch die kaiſerliche Belehnung nicht verſagt wer-
den kann. So hat der Pabſt uͤber den Kaiſer,
die geiſtliche Macht uͤber die weltliche, auch in
dieſem Stuͤcke, zwar nicht auf einmal, aber doch
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davon getragen.)
Da
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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