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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
bey ganz verschiedenen Gütern, die sie unter sich
vertheilten, häufig geschah, konnten in nachherigen
Successionsfällen entfernte Stammsvettern vor
Töchtern eines erloschenen männlichen Stamms
kein Vorzugsrecht, oder vielmehr gar kein Erbfolgs-
recht behaupten. So kam z. B. nach Abgang der
Grafen von Sain ihre Grafschaft nicht an die
Grafen von Sponheim, ob diese gleich ihre wahre
Stammsvettern waren, sondern durch Töchter an
ganz andere Häuser; -- (ganz anders, als wie in
unseren Zeiten nach Abgang des marggräflichen
Hauses Badenbaden das Haus Badendurlach ge-
erbt hat, oder wie auf den Fall, wenn das Haus
Anhalt-Zerbst abgehen sollte, die drey übrigen Li-
nien des Hauses Anhalt zur Erbfolge im Zerbsti-
schen Landesantheile berechtiget seyn werden. Eben
darum war nach Abgang des Hauses Baiern im
Jahre 1777. die Frage so wichtig, ob zwischen den
ehemaligen Stammvätern der Häuser Pfalz und
Baiern eine Todtheilung vorgegangen sey? wovon
freylich sowohl aus den Hausverträgen als aus der
beybehaltenen Gemeinschaft des Geschlechtsnamens
und Wappens sich das Gegentheil ergab.)


VI.

Selbst der Gebrauch der Wappen war des-
wegen von dieser Zeit an wichtig, weil sie unge-
fähr zu gleicher Zeit mit den von den Schlössern oder
Ländern angenommenen Geschlechtsnamen gleich-
mäßig erblich wurden. Nur alsdann, wenn meh-
rere Herren eines Hauses nach erfolgten Todthei-
lungen aufhörten, eine Gemeinschaft der Stamm-
güter und die Befugniß der gegenseitigen künfti-
gen Erbfolge unter einander zu unterhalten, hörte
auch die Gemeinschaft des Wappens auf. Außer-

dem

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
bey ganz verſchiedenen Guͤtern, die ſie unter ſich
vertheilten, haͤufig geſchah, konnten in nachherigen
Succeſſionsfaͤllen entfernte Stammsvettern vor
Toͤchtern eines erloſchenen maͤnnlichen Stamms
kein Vorzugsrecht, oder vielmehr gar kein Erbfolgs-
recht behaupten. So kam z. B. nach Abgang der
Grafen von Sain ihre Grafſchaft nicht an die
Grafen von Sponheim, ob dieſe gleich ihre wahre
Stammsvettern waren, ſondern durch Toͤchter an
ganz andere Haͤuſer; — (ganz anders, als wie in
unſeren Zeiten nach Abgang des marggraͤflichen
Hauſes Badenbaden das Haus Badendurlach ge-
erbt hat, oder wie auf den Fall, wenn das Haus
Anhalt-Zerbſt abgehen ſollte, die drey uͤbrigen Li-
nien des Hauſes Anhalt zur Erbfolge im Zerbſti-
ſchen Landesantheile berechtiget ſeyn werden. Eben
darum war nach Abgang des Hauſes Baiern im
Jahre 1777. die Frage ſo wichtig, ob zwiſchen den
ehemaligen Stammvaͤtern der Haͤuſer Pfalz und
Baiern eine Todtheilung vorgegangen ſey? wovon
freylich ſowohl aus den Hausvertraͤgen als aus der
beybehaltenen Gemeinſchaft des Geſchlechtsnamens
und Wappens ſich das Gegentheil ergab.)


VI.

Selbſt der Gebrauch der Wappen war des-
wegen von dieſer Zeit an wichtig, weil ſie unge-
faͤhr zu gleicher Zeit mit den von den Schloͤſſern oder
Laͤndern angenommenen Geſchlechtsnamen gleich-
maͤßig erblich wurden. Nur alsdann, wenn meh-
rere Herren eines Hauſes nach erfolgten Todthei-
lungen aufhoͤrten, eine Gemeinſchaft der Stamm-
guͤter und die Befugniß der gegenſeitigen kuͤnfti-
gen Erbfolge unter einander zu unterhalten, hoͤrte
auch die Gemeinſchaft des Wappens auf. Außer-

dem
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[168/0202] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. bey ganz verſchiedenen Guͤtern, die ſie unter ſich vertheilten, haͤufig geſchah, konnten in nachherigen Succeſſionsfaͤllen entfernte Stammsvettern vor Toͤchtern eines erloſchenen maͤnnlichen Stamms kein Vorzugsrecht, oder vielmehr gar kein Erbfolgs- recht behaupten. So kam z. B. nach Abgang der Grafen von Sain ihre Grafſchaft nicht an die Grafen von Sponheim, ob dieſe gleich ihre wahre Stammsvettern waren, ſondern durch Toͤchter an ganz andere Haͤuſer; — (ganz anders, als wie in unſeren Zeiten nach Abgang des marggraͤflichen Hauſes Badenbaden das Haus Badendurlach ge- erbt hat, oder wie auf den Fall, wenn das Haus Anhalt-Zerbſt abgehen ſollte, die drey uͤbrigen Li- nien des Hauſes Anhalt zur Erbfolge im Zerbſti- ſchen Landesantheile berechtiget ſeyn werden. Eben darum war nach Abgang des Hauſes Baiern im Jahre 1777. die Frage ſo wichtig, ob zwiſchen den ehemaligen Stammvaͤtern der Haͤuſer Pfalz und Baiern eine Todtheilung vorgegangen ſey? wovon freylich ſowohl aus den Hausvertraͤgen als aus der beybehaltenen Gemeinſchaft des Geſchlechtsnamens und Wappens ſich das Gegentheil ergab.) Selbſt der Gebrauch der Wappen war des- wegen von dieſer Zeit an wichtig, weil ſie unge- faͤhr zu gleicher Zeit mit den von den Schloͤſſern oder Laͤndern angenommenen Geſchlechtsnamen gleich- maͤßig erblich wurden. Nur alsdann, wenn meh- rere Herren eines Hauſes nach erfolgten Todthei- lungen aufhoͤrten, eine Gemeinſchaft der Stamm- guͤter und die Befugniß der gegenſeitigen kuͤnfti- gen Erbfolge unter einander zu unterhalten, hoͤrte auch die Gemeinſchaft des Wappens auf. Außer- dem

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/202>, abgerufen am 24.11.2024.