Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. setzbüchern einen Hauptgegenstand der damaligenallgemeinen Studien aus. Und von diesen hohen Schulen aus verbreitete es sich hinwiederum zuse- hends immer mehr, daß man sich unvermerkt ge- wöhnte, jene beide Gesetzbücher als die einzigen Quellen aller Rechte in der Welt, oder doch im ganzen Umfange des Römischen Reichs zu schätzen, wovon man Teutschland als einen Theil, und alle übrige Europäische Länder als untergeordnete De- pendenzen ansah. VII. Nach den häufigen Zügen, die Studierens hal- genom-
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. ſetzbuͤchern einen Hauptgegenſtand der damaligenallgemeinen Studien aus. Und von dieſen hohen Schulen aus verbreitete es ſich hinwiederum zuſe- hends immer mehr, daß man ſich unvermerkt ge- woͤhnte, jene beide Geſetzbuͤcher als die einzigen Quellen aller Rechte in der Welt, oder doch im ganzen Umfange des Roͤmiſchen Reichs zu ſchaͤtzen, wovon man Teutſchland als einen Theil, und alle uͤbrige Europaͤiſche Laͤnder als untergeordnete De- pendenzen anſah. VII. Nach den haͤufigen Zuͤgen, die Studierens hal- genom-
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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
ſetzbuͤchern einen Hauptgegenſtand der damaligen
allgemeinen Studien aus. Und von dieſen hohen
Schulen aus verbreitete es ſich hinwiederum zuſe-
hends immer mehr, daß man ſich unvermerkt ge-
woͤhnte, jene beide Geſetzbuͤcher als die einzigen
Quellen aller Rechte in der Welt, oder doch im
ganzen Umfange des Roͤmiſchen Reichs zu ſchaͤtzen,
wovon man Teutſchland als einen Theil, und alle
uͤbrige Europaͤiſche Laͤnder als untergeordnete De-
pendenzen anſah.
Nach den haͤufigen Zuͤgen, die Studierens hal-
ber inſonderheit aus Teutſchland nach Bologna ge-
ſchahen, mag wohl mit einigem Unterſchiede in
den nach den Alpen zu naͤher gelegenen Laͤndern
eher, als in entfernteren Gegenden, die Wir-
kung von dem allem ſich gezeiget haben. Un-
glaublich aber iſt es, wie fruͤhzeitig, wie haͤufig,
und wie maͤchtig die beiden an ſich fremden Ge-
ſetzbuͤcher auf Teutſchland zu wirken, und deſſen
einheimiſche Gewohnheitsrechte zu verdunkeln und
zu verdraͤngen angefangen haben. Unter andern
kamen die uralthergebrachten Grundſaͤtze des
Erbfolgsrechts, vermoͤge deren ererbte Stamm-
guͤter zum Nachtheile der Nachkommen des erſten
Erwerbers nicht veraͤußert werden ſollten, und der
Mannsſtamm Toͤchter ausſchloß, beynahe in Ge-
fahr, von den ganz entgegengeſetzten Verordnun-
gen des Roͤmiſchen Rechts, das jedem Beſitzer die
freye Dispoſition uͤber ſeine Guͤter geſtattet, und
Toͤchter mit Soͤhnen gleich erben laͤßt, verdraͤnget
zu werden; womit ein großer Theil der Teutſchen
Verfaſſung, der in der Aufnahme unſerer großen
Haͤuſer beruhet, bald eine ganz andere Wendung
genom-
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