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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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10) Lothar. II. -- Fried. II. 1125-1235.
sen, Schwaben, Franken, benannt waren, hatte man
schon die Beyspiele der Herzoge von Zähringen und
Meran vor sich, die nur von Schlössern den Namen
führten. Jetzt schien es überhaupt ein Grundsatz zu
seyn, daß ein fürstliches Lehn wenigstens auf einer
Stadt und auf einem Schlosse haften müße (wie
hernach 1292. auch die Stadt Eschwege und das
Schloß Boineburg als der Sitz der Landgrafschaft
Hessen angegeben worden). So erläutert sich vor-
erst die von den beiden Orten Braunschweig und
Lüneburg zusammengesetzte Benennung dieses her-
zoglichen Hauses. Man würde sich aber sehr irren,
wenn man das, was 1235. deshalb vorgieng,
als eine Standeserhöhung, wie viele gräfliche Häu-
ser nachher in Fürstenstand erhoben worden, an-
sehen wollte. Hier war die Sache in einer ganz
andern Lage. Die Herren des Welfischen Hauses
behaupteten, daß ihnen der herzoglich Sächsische
Titel mit Unrecht genommen sey, und noch immer
vielmehr ihnen, als den Herren vom Hause Anhalt,
die im eigentlichen Sachsen keinen festen Fuß hat-
ten, zukäme. Sie hatten sich auch immer im
Besitz des herzoglichen Titels erhalten, und es
ward ihnen nie bestritten, daß sie nach wie vor
von Gebuhrt zum Fürstenstande gehörten. Jetzt
ward nur verglichen, daß sie nur nicht von Sach-
sen, sondern von ihren Braunschweig-Lüneburgi-
schen Erbländern den herzoglichen Titel führen soll-
ten. Ein Allodial-Herzogthum, das nur auf Erb-
gütern, nicht auf Lehngütern beruhete, ward aber
damals noch als etwas widersprechendes angesehen.
Darum mußte das Erbgut erst in Lehn verwan-
delt werden. Das war nichts weniger als eine
Standeserhöhung. So war es auch den Umstän-

den
N

10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235.
ſen, Schwaben, Franken, benannt waren, hatte man
ſchon die Beyſpiele der Herzoge von Zaͤhringen und
Meran vor ſich, die nur von Schloͤſſern den Namen
fuͤhrten. Jetzt ſchien es uͤberhaupt ein Grundſatz zu
ſeyn, daß ein fuͤrſtliches Lehn wenigſtens auf einer
Stadt und auf einem Schloſſe haften muͤße (wie
hernach 1292. auch die Stadt Eſchwege und das
Schloß Boineburg als der Sitz der Landgrafſchaft
Heſſen angegeben worden). So erlaͤutert ſich vor-
erſt die von den beiden Orten Braunſchweig und
Luͤneburg zuſammengeſetzte Benennung dieſes her-
zoglichen Hauſes. Man wuͤrde ſich aber ſehr irren,
wenn man das, was 1235. deshalb vorgieng,
als eine Standeserhoͤhung, wie viele graͤfliche Haͤu-
ſer nachher in Fuͤrſtenſtand erhoben worden, an-
ſehen wollte. Hier war die Sache in einer ganz
andern Lage. Die Herren des Welfiſchen Hauſes
behaupteten, daß ihnen der herzoglich Saͤchſiſche
Titel mit Unrecht genommen ſey, und noch immer
vielmehr ihnen, als den Herren vom Hauſe Anhalt,
die im eigentlichen Sachſen keinen feſten Fuß hat-
ten, zukaͤme. Sie hatten ſich auch immer im
Beſitz des herzoglichen Titels erhalten, und es
ward ihnen nie beſtritten, daß ſie nach wie vor
von Gebuhrt zum Fuͤrſtenſtande gehoͤrten. Jetzt
ward nur verglichen, daß ſie nur nicht von Sach-
ſen, ſondern von ihren Braunſchweig-Luͤneburgi-
ſchen Erblaͤndern den herzoglichen Titel fuͤhren ſoll-
ten. Ein Allodial-Herzogthum, das nur auf Erb-
guͤtern, nicht auf Lehnguͤtern beruhete, ward aber
damals noch als etwas widerſprechendes angeſehen.
Darum mußte das Erbgut erſt in Lehn verwan-
delt werden. Das war nichts weniger als eine
Standeserhoͤhung. So war es auch den Umſtaͤn-

den
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[193/0227] 10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235. ſen, Schwaben, Franken, benannt waren, hatte man ſchon die Beyſpiele der Herzoge von Zaͤhringen und Meran vor ſich, die nur von Schloͤſſern den Namen fuͤhrten. Jetzt ſchien es uͤberhaupt ein Grundſatz zu ſeyn, daß ein fuͤrſtliches Lehn wenigſtens auf einer Stadt und auf einem Schloſſe haften muͤße (wie hernach 1292. auch die Stadt Eſchwege und das Schloß Boineburg als der Sitz der Landgrafſchaft Heſſen angegeben worden). So erlaͤutert ſich vor- erſt die von den beiden Orten Braunſchweig und Luͤneburg zuſammengeſetzte Benennung dieſes her- zoglichen Hauſes. Man wuͤrde ſich aber ſehr irren, wenn man das, was 1235. deshalb vorgieng, als eine Standeserhoͤhung, wie viele graͤfliche Haͤu- ſer nachher in Fuͤrſtenſtand erhoben worden, an- ſehen wollte. Hier war die Sache in einer ganz andern Lage. Die Herren des Welfiſchen Hauſes behaupteten, daß ihnen der herzoglich Saͤchſiſche Titel mit Unrecht genommen ſey, und noch immer vielmehr ihnen, als den Herren vom Hauſe Anhalt, die im eigentlichen Sachſen keinen feſten Fuß hat- ten, zukaͤme. Sie hatten ſich auch immer im Beſitz des herzoglichen Titels erhalten, und es ward ihnen nie beſtritten, daß ſie nach wie vor von Gebuhrt zum Fuͤrſtenſtande gehoͤrten. Jetzt ward nur verglichen, daß ſie nur nicht von Sach- ſen, ſondern von ihren Braunſchweig-Luͤneburgi- ſchen Erblaͤndern den herzoglichen Titel fuͤhren ſoll- ten. Ein Allodial-Herzogthum, das nur auf Erb- guͤtern, nicht auf Lehnguͤtern beruhete, ward aber damals noch als etwas widerſprechendes angeſehen. Darum mußte das Erbgut erſt in Lehn verwan- delt werden. Das war nichts weniger als eine Standeserhoͤhung. So war es auch den Umſtaͤn- den N

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/227>, abgerufen am 25.11.2024.