Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.11) Fried. I.--II. 1152-1235. briefe geschah, dergleichen sich fast jede adelicheFamilie und jeder wohlhabender Bürger geben ließ (z). Das alles verschaffte den Bettelorden bald solchen Zulauf, daß fast alle Pfarrkirchen dar- über leer wurden (a), hingegen nicht leicht eine Stadt von einigem Belange übrig blieb, wo nicht ein oder ander Kloster von Dominicanern, Fran- ciscanern, oder auch von den hernach noch hinzu- gekommenen Augustinern und Carmelitern errichtet worden wäre (b). Auch unterschieden sich diese Klö- (z) Beyspiele solcher Affiliationsbriefe von 1302. 1308. 1341. finden sich in Steph. Alex. Würdtwein subsidiis diplomaticis iuris eccle- siast. tom. 1. p. 396. 404., tom. 5. p. 227. (a) "So verlohren die Bischöfe als Seelsorger ihrer Gemeinden, und jeder Dorfpriester in seinem kleinen Sprengel alle Liebe und alles Zutrauen, und endlich selbst auch alle Kenntniß der einzelnen Mitglieder ihrer Gemeinden. Alles eilte dem Pa- ter Franciscaner zu, wenn er ins Dorf kam. Das rohe Volk lachte der Seelsorge und der Ermah- nung seines Pfarrers; der Pater Franciscaner absolvirte für leichtere Strafen, oder man beich- tete wenigstens lieber bey dem, der als ein Frem- der im Orte über die Vollständigkeit und Wahrheit der Beichte minder gewiß urtheilen konnte." Spitt- ler am a. O. S. 309. (b) In der Folge kamen noch die so genann- ten Brüderschaften hinzu, da die darin vereinig- ten Brüder und Schwestern unter Direction eines der vier Bettelorden sich einander ihrer guten Werke theilhaftig machten. So entstanden die Rosenkranz- brüderschaft bey den Dominicanern, die Scapulier- brüderschaft bey den Carmelitern, die Gürtel- brüderschaft bey den Augustinern, die Kordelbrü- derschaft bey den Franciscanern, wodurch die Laien zu Beyträgen an Wachs oder Geld und Geldeswerth zu N 4
11) Fried. I.—II. 1152-1235. briefe geſchah, dergleichen ſich faſt jede adelicheFamilie und jeder wohlhabender Buͤrger geben ließ (z). Das alles verſchaffte den Bettelorden bald ſolchen Zulauf, daß faſt alle Pfarrkirchen dar- uͤber leer wurden (a), hingegen nicht leicht eine Stadt von einigem Belange uͤbrig blieb, wo nicht ein oder ander Kloſter von Dominicanern, Fran- ciſcanern, oder auch von den hernach noch hinzu- gekommenen Auguſtinern und Carmelitern errichtet worden waͤre (b). Auch unterſchieden ſich dieſe Kloͤ- (z) Beyſpiele ſolcher Affiliationsbriefe von 1302. 1308. 1341. finden ſich in Steph. Alex. Würdtwein ſubſidiis diplomaticis iuris eccle- ſiaſt. tom. 1. p. 396. 404., tom. 5. p. 227. (a) “So verlohren die Biſchoͤfe als Seelſorger ihrer Gemeinden, und jeder Dorfprieſter in ſeinem kleinen Sprengel alle Liebe und alles Zutrauen, und endlich ſelbſt auch alle Kenntniß der einzelnen Mitglieder ihrer Gemeinden. Alles eilte dem Pa- ter Franciſcaner zu, wenn er ins Dorf kam. Das rohe Volk lachte der Seelſorge und der Ermah- nung ſeines Pfarrers; der Pater Franciſcaner abſolvirte fuͤr leichtere Strafen, oder man beich- tete wenigſtens lieber bey dem, der als ein Frem- der im Orte uͤber die Vollſtaͤndigkeit und Wahrheit der Beichte minder gewiß urtheilen konnte.” Spitt- ler am a. O. S. 309. (b) In der Folge kamen noch die ſo genann- ten Bruͤderſchaften hinzu, da die darin vereinig- ten Bruͤder und Schweſtern unter Direction eines der vier Bettelorden ſich einander ihrer guten Werke theilhaftig machten. So entſtanden die Roſenkranz- bruͤderſchaft bey den Dominicanern, die Scapulier- bruͤderſchaft bey den Carmelitern, die Guͤrtel- bruͤderſchaft bey den Auguſtinern, die Kordelbruͤ- derſchaft bey den Franciſcanern, wodurch die Laien zu Beytraͤgen an Wachs oder Geld und Geldeswerth zu N 4
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11) Fried. I.—II. 1152-1235.
briefe geſchah, dergleichen ſich faſt jede adeliche
Familie und jeder wohlhabender Buͤrger geben
ließ (z). Das alles verſchaffte den Bettelorden
bald ſolchen Zulauf, daß faſt alle Pfarrkirchen dar-
uͤber leer wurden (a), hingegen nicht leicht eine
Stadt von einigem Belange uͤbrig blieb, wo nicht
ein oder ander Kloſter von Dominicanern, Fran-
ciſcanern, oder auch von den hernach noch hinzu-
gekommenen Auguſtinern und Carmelitern errichtet
worden waͤre (b). Auch unterſchieden ſich dieſe
Kloͤ-
(z) Beyſpiele ſolcher Affiliationsbriefe von
1302. 1308. 1341. finden ſich in Steph. Alex.
Würdtwein ſubſidiis diplomaticis iuris eccle-
ſiaſt. tom. 1. p. 396. 404., tom. 5. p. 227.
(a) “So verlohren die Biſchoͤfe als Seelſorger
ihrer Gemeinden, und jeder Dorfprieſter in ſeinem
kleinen Sprengel alle Liebe und alles Zutrauen,
und endlich ſelbſt auch alle Kenntniß der einzelnen
Mitglieder ihrer Gemeinden. Alles eilte dem Pa-
ter Franciſcaner zu, wenn er ins Dorf kam. Das
rohe Volk lachte der Seelſorge und der Ermah-
nung ſeines Pfarrers; der Pater Franciſcaner
abſolvirte fuͤr leichtere Strafen, oder man beich-
tete wenigſtens lieber bey dem, der als ein Frem-
der im Orte uͤber die Vollſtaͤndigkeit und Wahrheit
der Beichte minder gewiß urtheilen konnte.” Spitt-
ler am a. O. S. 309.
(b) In der Folge kamen noch die ſo genann-
ten Bruͤderſchaften hinzu, da die darin vereinig-
ten Bruͤder und Schweſtern unter Direction eines
der vier Bettelorden ſich einander ihrer guten Werke
theilhaftig machten. So entſtanden die Roſenkranz-
bruͤderſchaft bey den Dominicanern, die Scapulier-
bruͤderſchaft bey den Carmelitern, die Guͤrtel-
bruͤderſchaft bey den Auguſtinern, die Kordelbruͤ-
derſchaft bey den Franciſcanern, wodurch die Laien
zu Beytraͤgen an Wachs oder Geld und Geldeswerth
zu
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