Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. werden, wie z. B. Henrich der IV. den Sachsen,insonderheit in der Gegend um Goslar, mit sei- nem dortigen Aufenthalte, und den damit ver- knüpften Beschwerden von Diensten und Lieferun- gen zur Last fiel. Das war von einer landesherr- lichen Macht eines Fürsten oder Grafen weniger zu besorgen; nicht nur, weil sie an sich mäßiger war, sondern auch weil es den Landschaften nicht an Mitteln fehlte, einem Landesherrn, wenn er despotisch regieren wollte, sich mit Nachdruck ent- gegen zu setzen, und allenfalls selbst beym Kaiser als Oberherrn noch Hülfe wider ihn zu suchen. An despotische oder auch nur unbeschränkte Regierung war ohnedem nicht zu denken. Denn so, wie man gewohnt war, daß Kaiser und Könige in wichti- gen Dingen mit ihren Reichsständen zu Rathe gien- gen; so gab es sich von selbsten, daß Fürsten und Grafen, wenn sie nun ihre Länder aus eigner Macht regieren wollten, dennoch Prälaten, Ritterschaft und Städte mit ihrem guten Rathe hören mußten. Widrigenfalls fehlte es nicht nur den Landesherren an Zwangsmitteln, um wider Willen ihrer Land- schaften etwas durchzusetzen, sondern diese hatten vielmehr mit dem Rechte der Selbsthülfe auch die Waffen in ihren Händen. So kamen daher mit dem Ursprunge der landesherrlichen Gewalt auch Landstände und Landtage in Gang. VIII. Das alles beförderte aber noch vorzüglich der Land-
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. werden, wie z. B. Henrich der IV. den Sachſen,inſonderheit in der Gegend um Goslar, mit ſei- nem dortigen Aufenthalte, und den damit ver- knuͤpften Beſchwerden von Dienſten und Lieferun- gen zur Laſt fiel. Das war von einer landesherr- lichen Macht eines Fuͤrſten oder Grafen weniger zu beſorgen; nicht nur, weil ſie an ſich maͤßiger war, ſondern auch weil es den Landſchaften nicht an Mitteln fehlte, einem Landesherrn, wenn er deſpotiſch regieren wollte, ſich mit Nachdruck ent- gegen zu ſetzen, und allenfalls ſelbſt beym Kaiſer als Oberherrn noch Huͤlfe wider ihn zu ſuchen. An deſpotiſche oder auch nur unbeſchraͤnkte Regierung war ohnedem nicht zu denken. Denn ſo, wie man gewohnt war, daß Kaiſer und Koͤnige in wichti- gen Dingen mit ihren Reichsſtaͤnden zu Rathe gien- gen; ſo gab es ſich von ſelbſten, daß Fuͤrſten und Grafen, wenn ſie nun ihre Laͤnder aus eigner Macht regieren wollten, dennoch Praͤlaten, Ritterſchaft und Staͤdte mit ihrem guten Rathe hoͤren mußten. Widrigenfalls fehlte es nicht nur den Landesherren an Zwangsmitteln, um wider Willen ihrer Land- ſchaften etwas durchzuſetzen, ſondern dieſe hatten vielmehr mit dem Rechte der Selbſthuͤlfe auch die Waffen in ihren Haͤnden. So kamen daher mit dem Urſprunge der landesherrlichen Gewalt auch Landſtaͤnde und Landtage in Gang. VIII. Das alles befoͤrderte aber noch vorzuͤglich der Land-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0242" n="208"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Mittlere Zeiten <hi rendition="#aq">a</hi>) 888-1235.</hi></fw><lb/> werden, wie z. B. Henrich der <hi rendition="#aq">IV.</hi> den Sachſen,<lb/> inſonderheit in der Gegend um Goslar, mit ſei-<lb/> nem dortigen Aufenthalte, und den damit ver-<lb/> knuͤpften Beſchwerden von Dienſten und Lieferun-<lb/> gen zur Laſt fiel. Das war von einer landesherr-<lb/> lichen Macht eines Fuͤrſten oder Grafen weniger<lb/> zu beſorgen; nicht nur, weil ſie an ſich maͤßiger<lb/> war, ſondern auch weil es den Landſchaften nicht<lb/> an Mitteln fehlte, einem Landesherrn, wenn er<lb/> deſpotiſch regieren wollte, ſich mit Nachdruck ent-<lb/> gegen zu ſetzen, und allenfalls ſelbſt beym Kaiſer<lb/> als Oberherrn noch Huͤlfe wider ihn zu ſuchen.<lb/> An deſpotiſche oder auch nur unbeſchraͤnkte Regierung<lb/> war ohnedem nicht zu denken. Denn ſo, wie man<lb/> gewohnt war, daß Kaiſer und Koͤnige in wichti-<lb/> gen Dingen mit ihren Reichsſtaͤnden zu Rathe gien-<lb/> gen; ſo gab es ſich von ſelbſten, daß Fuͤrſten und<lb/> Grafen, wenn ſie nun ihre Laͤnder aus eigner Macht<lb/> regieren wollten, dennoch Praͤlaten, Ritterſchaft<lb/> und Staͤdte mit ihrem guten Rathe hoͤren mußten.<lb/> Widrigenfalls fehlte es nicht nur den Landesherren<lb/> an Zwangsmitteln, um wider Willen ihrer Land-<lb/> ſchaften etwas durchzuſetzen, ſondern dieſe hatten<lb/> vielmehr mit dem Rechte der Selbſthuͤlfe auch die<lb/> Waffen in ihren Haͤnden. So kamen daher mit<lb/> dem Urſprunge der landesherrlichen Gewalt auch<lb/> Landſtaͤnde und Landtage in Gang.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">VIII.</hi> </note> <p>Das alles befoͤrderte aber noch vorzuͤglich der<lb/> Umſtand, daß ſowohl Biſchoͤfe und Praͤlaten, als<lb/> weltliche Fuͤrſten und Grafen und Herren, jene von<lb/> wegen ihrer Stiftungen, dieſe an dem, was ſie<lb/> von Familienguͤtern als Lehn oder Eigen beſaßen,<lb/><hi rendition="#fr">Einkuͤnfte</hi> gnug hatten, ohne daß ihnen erſt die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Land-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0242]
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
werden, wie z. B. Henrich der IV. den Sachſen,
inſonderheit in der Gegend um Goslar, mit ſei-
nem dortigen Aufenthalte, und den damit ver-
knuͤpften Beſchwerden von Dienſten und Lieferun-
gen zur Laſt fiel. Das war von einer landesherr-
lichen Macht eines Fuͤrſten oder Grafen weniger
zu beſorgen; nicht nur, weil ſie an ſich maͤßiger
war, ſondern auch weil es den Landſchaften nicht
an Mitteln fehlte, einem Landesherrn, wenn er
deſpotiſch regieren wollte, ſich mit Nachdruck ent-
gegen zu ſetzen, und allenfalls ſelbſt beym Kaiſer
als Oberherrn noch Huͤlfe wider ihn zu ſuchen.
An deſpotiſche oder auch nur unbeſchraͤnkte Regierung
war ohnedem nicht zu denken. Denn ſo, wie man
gewohnt war, daß Kaiſer und Koͤnige in wichti-
gen Dingen mit ihren Reichsſtaͤnden zu Rathe gien-
gen; ſo gab es ſich von ſelbſten, daß Fuͤrſten und
Grafen, wenn ſie nun ihre Laͤnder aus eigner Macht
regieren wollten, dennoch Praͤlaten, Ritterſchaft
und Staͤdte mit ihrem guten Rathe hoͤren mußten.
Widrigenfalls fehlte es nicht nur den Landesherren
an Zwangsmitteln, um wider Willen ihrer Land-
ſchaften etwas durchzuſetzen, ſondern dieſe hatten
vielmehr mit dem Rechte der Selbſthuͤlfe auch die
Waffen in ihren Haͤnden. So kamen daher mit
dem Urſprunge der landesherrlichen Gewalt auch
Landſtaͤnde und Landtage in Gang.
Das alles befoͤrderte aber noch vorzuͤglich der
Umſtand, daß ſowohl Biſchoͤfe und Praͤlaten, als
weltliche Fuͤrſten und Grafen und Herren, jene von
wegen ihrer Stiftungen, dieſe an dem, was ſie
von Familienguͤtern als Lehn oder Eigen beſaßen,
Einkuͤnfte gnug hatten, ohne daß ihnen erſt die
Land-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |