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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Goldene Bulle 1356.
Nicht lange hernach ereignete sich der Fall, daß
der Churfürst Rudolf der II. von Sachsen (1371.)
unbeerbt starb, dessen Bruder Otto schon 1350.
mit Hinterlaßung eines Sohns Albrechts gestorben
war, der dritte Bruder Wenzel aber noch lebte.
Hier sprach selbst Carl der IV. für den dritten
Bruder, mit Zurücksetzung des Sohnes von dem
vorher verstorbenen älteren Bruder; vermuthlich,
weil man sich buchstäblich an die Worte: älte-
rer Bruder, hielt, und daher dem Bruder, der
älter an Jahren war, als des vorher verstorbenen
ältern Bruders Sohn, den Vorzug gab. Auf
gleiche Art ist es noch einmal im XVI. Jahrhun-
dert mit einem Falle in der Pfalz gehalten wor-
den, da nach Ludewigs des V. Tode nicht dessen
vorher verstorbenen Bruders Ruprechts Sohn Otto
Henrich, sondern der dritte Bruder Friedrich der II.
Churfürst wurde. (Jetzt hat man aber von der
Erbfo[i]gsordnung nach dem Rechte der Erstgebuhrt
richtigere Begriffe, daß nicht das natürliche Alter,
als worauf nur bey Senioraten zu sehen ist, son-
dern die Ordnung der Gebuhrt und der davon ab-
hangenden Linien den Ausschlag gibt; daß also
nie ein Nachgebohrner, oder wer davon abstammt,
zur Succession gelangen kann, so lange noch ein
Vorhergebohrner oder ein davon abstammender
successionsfähiger Nachkömmling vorhanden ist.
Sonst hätte nach jenen Beyspielen auf den Fall, wenn
der jetzige König in Preussen abgehen wird, nicht

der
luce migraret; -- potestas electionis -- ad senio-
rem fratrem
laicum per veram paternalem lineam
descendentem, et deinceps ad illius primogenitum
laicum deuoluatur."
Q 2

3) Goldene Bulle 1356.
Nicht lange hernach ereignete ſich der Fall, daß
der Churfuͤrſt Rudolf der II. von Sachſen (1371.)
unbeerbt ſtarb, deſſen Bruder Otto ſchon 1350.
mit Hinterlaßung eines Sohns Albrechts geſtorben
war, der dritte Bruder Wenzel aber noch lebte.
Hier ſprach ſelbſt Carl der IV. fuͤr den dritten
Bruder, mit Zuruͤckſetzung des Sohnes von dem
vorher verſtorbenen aͤlteren Bruder; vermuthlich,
weil man ſich buchſtaͤblich an die Worte: aͤlte-
rer Bruder, hielt, und daher dem Bruder, der
aͤlter an Jahren war, als des vorher verſtorbenen
aͤltern Bruders Sohn, den Vorzug gab. Auf
gleiche Art iſt es noch einmal im XVI. Jahrhun-
dert mit einem Falle in der Pfalz gehalten wor-
den, da nach Ludewigs des V. Tode nicht deſſen
vorher verſtorbenen Bruders Ruprechts Sohn Otto
Henrich, ſondern der dritte Bruder Friedrich der II.
Churfuͤrſt wurde. (Jetzt hat man aber von der
Erbfo[i]gsordnung nach dem Rechte der Erſtgebuhrt
richtigere Begriffe, daß nicht das natuͤrliche Alter,
als worauf nur bey Senioraten zu ſehen iſt, ſon-
dern die Ordnung der Gebuhrt und der davon ab-
hangenden Linien den Ausſchlag gibt; daß alſo
nie ein Nachgebohrner, oder wer davon abſtammt,
zur Succeſſion gelangen kann, ſo lange noch ein
Vorhergebohrner oder ein davon abſtammender
ſucceſſionsfaͤhiger Nachkoͤmmling vorhanden iſt.
Sonſt haͤtte nach jenen Beyſpielen auf den Fall, wenn
der jetzige Koͤnig in Preuſſen abgehen wird, nicht

der
luce migraret; — poteſtas electionis — ad ſenio-
rem fratrem
laicum per veram paternalem lineam
deſcendentem, et deinceps ad illius primogenitum
laicum deuoluatur.”
Q 2
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[243/0277] 3) Goldene Bulle 1356. Nicht lange hernach ereignete ſich der Fall, daß der Churfuͤrſt Rudolf der II. von Sachſen (1371.) unbeerbt ſtarb, deſſen Bruder Otto ſchon 1350. mit Hinterlaßung eines Sohns Albrechts geſtorben war, der dritte Bruder Wenzel aber noch lebte. Hier ſprach ſelbſt Carl der IV. fuͤr den dritten Bruder, mit Zuruͤckſetzung des Sohnes von dem vorher verſtorbenen aͤlteren Bruder; vermuthlich, weil man ſich buchſtaͤblich an die Worte: aͤlte- rer Bruder, hielt, und daher dem Bruder, der aͤlter an Jahren war, als des vorher verſtorbenen aͤltern Bruders Sohn, den Vorzug gab. Auf gleiche Art iſt es noch einmal im XVI. Jahrhun- dert mit einem Falle in der Pfalz gehalten wor- den, da nach Ludewigs des V. Tode nicht deſſen vorher verſtorbenen Bruders Ruprechts Sohn Otto Henrich, ſondern der dritte Bruder Friedrich der II. Churfuͤrſt wurde. (Jetzt hat man aber von der Erbfoigsordnung nach dem Rechte der Erſtgebuhrt richtigere Begriffe, daß nicht das natuͤrliche Alter, als worauf nur bey Senioraten zu ſehen iſt, ſon- dern die Ordnung der Gebuhrt und der davon ab- hangenden Linien den Ausſchlag gibt; daß alſo nie ein Nachgebohrner, oder wer davon abſtammt, zur Succeſſion gelangen kann, ſo lange noch ein Vorhergebohrner oder ein davon abſtammender ſucceſſionsfaͤhiger Nachkoͤmmling vorhanden iſt. Sonſt haͤtte nach jenen Beyſpielen auf den Fall, wenn der jetzige Koͤnig in Preuſſen abgehen wird, nicht der (k) (k) luce migraret; — poteſtas electionis — ad ſenio- rem fratrem laicum per veram paternalem lineam deſcendentem, et deinceps ad illius primogenitum laicum deuoluatur.” Q 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/277>, abgerufen am 22.11.2024.