Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.I. Alte Zeiten bis 888. Staaten zusammengesetzt ist, die, wenn man aufdie Verschiedenheit ihrer Lage, ihrer Größe, ihrer innerlichen Einrichtung und ihres ganzen Verhält- nisses sieht, einander nichts anzugehen, wenigstens in keinem andern Verhältnisse, als mehrere Euro- päische Staaten, gegen einander zu stehen scheinen. Dennoch machen sie zusammen noch immer ein Ganzes aus, das einem gemeinsamen Oberhaupte, einer gemeinschaftlichen höhern Gewalt unterwor- fen ist. Von dieser ganz besonderen Verfassung laßen sich in so weit schon in der ältesten Geschichte die ersten Keime aufsuchen, als von den ältesten Zeiten her Teutschland von mehreren Völkern be- wohnet worden, die zwar von einerley Herkunft, wie mehrere Stämme eines Hauptvolkes, gewesen seyn mögen, deren jedes jedoch für sich in völliger Freyheit und Unabhängigkeit seine eigne Einrich- tung hatte. II. So gehen die ersten glaubwürdigen Nachrich- III. Von selbigen Zeiten her machen die Römischen Tre-
I. Alte Zeiten bis 888. Staaten zuſammengeſetzt iſt, die, wenn man aufdie Verſchiedenheit ihrer Lage, ihrer Groͤße, ihrer innerlichen Einrichtung und ihres ganzen Verhaͤlt- niſſes ſieht, einander nichts anzugehen, wenigſtens in keinem andern Verhaͤltniſſe, als mehrere Euro- paͤiſche Staaten, gegen einander zu ſtehen ſcheinen. Dennoch machen ſie zuſammen noch immer ein Ganzes aus, das einem gemeinſamen Oberhaupte, einer gemeinſchaftlichen hoͤhern Gewalt unterwor- fen iſt. Von dieſer ganz beſonderen Verfaſſung laßen ſich in ſo weit ſchon in der aͤlteſten Geſchichte die erſten Keime aufſuchen, als von den aͤlteſten Zeiten her Teutſchland von mehreren Voͤlkern be- wohnet worden, die zwar von einerley Herkunft, wie mehrere Staͤmme eines Hauptvolkes, geweſen ſeyn moͤgen, deren jedes jedoch fuͤr ſich in voͤlliger Freyheit und Unabhaͤngigkeit ſeine eigne Einrich- tung hatte. II. So gehen die erſten glaubwuͤrdigen Nachrich- III. Von ſelbigen Zeiten her machen die Roͤmiſchen Tre-
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I. Alte Zeiten bis 888.
Staaten zuſammengeſetzt iſt, die, wenn man auf
die Verſchiedenheit ihrer Lage, ihrer Groͤße, ihrer
innerlichen Einrichtung und ihres ganzen Verhaͤlt-
niſſes ſieht, einander nichts anzugehen, wenigſtens
in keinem andern Verhaͤltniſſe, als mehrere Euro-
paͤiſche Staaten, gegen einander zu ſtehen ſcheinen.
Dennoch machen ſie zuſammen noch immer ein
Ganzes aus, das einem gemeinſamen Oberhaupte,
einer gemeinſchaftlichen hoͤhern Gewalt unterwor-
fen iſt. Von dieſer ganz beſonderen Verfaſſung
laßen ſich in ſo weit ſchon in der aͤlteſten Geſchichte
die erſten Keime aufſuchen, als von den aͤlteſten
Zeiten her Teutſchland von mehreren Voͤlkern be-
wohnet worden, die zwar von einerley Herkunft,
wie mehrere Staͤmme eines Hauptvolkes, geweſen
ſeyn moͤgen, deren jedes jedoch fuͤr ſich in voͤlliger
Freyheit und Unabhaͤngigkeit ſeine eigne Einrich-
tung hatte.
So gehen die erſten glaubwuͤrdigen Nachrich-
ten, die wir nur Roͤmiſchen und Griechiſchen
Schriftſtellern zu danken haben, bis auf hundert
und vierzehn Jahre vor Chriſti Gebuhrt nach unſe-
rer jetzigen Zeitrechnung zuruͤck. Mit den Angrif-
fen, welche damals von Cimbern und anderen
Teutſchen Voͤlkern gegen die Roͤmer an der Graͤnze
von Illyrien im heutigen Steiermark unternommen
wurden, fieng eine naͤhere Kenntniß dieſer Voͤlker
erſt an den Roͤmern intereſſant zu werden.
Von ſelbigen Zeiten her machen die Roͤmiſchen
Geſchichtſchreiber mehr als fuͤnfzig Teutſche Voͤlker
namhaft. Darunter ſind einige, deren Namen
noch jetzt in eben den Gegenden vorkommen, als
Tre-
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