Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. zogen waren. Die evangelischen Fürsten warenaber auch weit entfernt, sich eine eigenwillige un- beschränkte Gewalt in diesen Sachen über ihre Un- terthanen anzumaßen. Sie thaten nichts als mit Zuziehung gelehrter angesehener Theologen und mit ausdrücklicher oder stillschweigender Einwilligung ihrer Landschaften und Unterthanen. III. So ließ der Landgraf von Hessen in seinem IV. In Sachsen gab der Churfürst Johann bald sisto-
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. zogen waren. Die evangeliſchen Fuͤrſten warenaber auch weit entfernt, ſich eine eigenwillige un- beſchraͤnkte Gewalt in dieſen Sachen uͤber ihre Un- terthanen anzumaßen. Sie thaten nichts als mit Zuziehung gelehrter angeſehener Theologen und mit ausdruͤcklicher oder ſtillſchweigender Einwilligung ihrer Landſchaften und Unterthanen. III. So ließ der Landgraf von Heſſen in ſeinem IV. In Sachſen gab der Churfuͤrſt Johann bald ſiſto-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0408" n="374"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Neuere Zeit. Carl <hi rendition="#aq">V.</hi> 1519-1558.</hi></fw><lb/> zogen waren. Die evangeliſchen Fuͤrſten waren<lb/> aber auch weit entfernt, ſich eine eigenwillige un-<lb/> beſchraͤnkte Gewalt in dieſen Sachen uͤber ihre Un-<lb/> terthanen anzumaßen. Sie thaten nichts als mit<lb/> Zuziehung gelehrter angeſehener Theologen und mit<lb/> ausdruͤcklicher oder ſtillſchweigender Einwilligung<lb/> ihrer Landſchaften und Unterthanen.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">III.</hi> </note> <p>So ließ der Landgraf von <hi rendition="#fr">Heſſen</hi> in ſeinem<lb/> Lande eine Synode halten, wo berathſchlaget wurde,<lb/> wie jetzt die Kirchenverfaſſung in Heſſen der Bibel<lb/> gemaͤß am beſten einzurichten ſeyn moͤchte. Der Land-<lb/> graf ſelbſt war dabey zwar anweſend, ſchrieb aber<lb/> nichts vor, ſondern genehmigte nur die Schluͤſſe der<lb/> Synode. Dieſe gab ſelbſt ihre Schluͤſſe nicht<lb/> fuͤr Befehle, ſondern fuͤr ſolche Rathſchlaͤge aus,<lb/> wie ſie jetzt glaubte, daß ſie dem Worte Gottes am<lb/> gemaͤßeſten waͤren, ohne daß man ſie fuͤr unver-<lb/> aͤnderlich zu halten begehrte.</p><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </note> <p>In <hi rendition="#fr">Sachſen</hi> gab der Churfuͤrſt Johann bald<lb/> nach Antritt ſeiner Regierung uͤber einige ſchon vor-<lb/> genommene Veraͤnderungen ſeinen Beyfall zu erken-<lb/> nen, und ließ jetzt ferner geſchehen, daß evangeli-<lb/> ſche Prediger unter ſeinem landesfuͤrſtlichen Anſe-<lb/> hen ordinirt wurden, und mit Abſchaffung der<lb/> Meſſe das Abendmahl in Teutſcher Sprache hielten.<lb/> Er ließ eine Kirchenordnung abfaſſen, und eine<lb/> Kirchenviſitation durch mehrere geiſtliche und welt-<lb/> liche Raͤthe im ganzen Lande veranſtalten, die be-<lb/> ſonders dafuͤr ſorgen mußte, daß an allen Orten<lb/> ſoviel moͤglich tuͤchtige Pfarrer und Schullehrer<lb/> angeſtellt wurden, und der Gottesdienſt in gehoͤ-<lb/> rige Ordnung kam. Zuletzt wurde ein eignes Con-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſiſto-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [374/0408]
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
zogen waren. Die evangeliſchen Fuͤrſten waren
aber auch weit entfernt, ſich eine eigenwillige un-
beſchraͤnkte Gewalt in dieſen Sachen uͤber ihre Un-
terthanen anzumaßen. Sie thaten nichts als mit
Zuziehung gelehrter angeſehener Theologen und mit
ausdruͤcklicher oder ſtillſchweigender Einwilligung
ihrer Landſchaften und Unterthanen.
So ließ der Landgraf von Heſſen in ſeinem
Lande eine Synode halten, wo berathſchlaget wurde,
wie jetzt die Kirchenverfaſſung in Heſſen der Bibel
gemaͤß am beſten einzurichten ſeyn moͤchte. Der Land-
graf ſelbſt war dabey zwar anweſend, ſchrieb aber
nichts vor, ſondern genehmigte nur die Schluͤſſe der
Synode. Dieſe gab ſelbſt ihre Schluͤſſe nicht
fuͤr Befehle, ſondern fuͤr ſolche Rathſchlaͤge aus,
wie ſie jetzt glaubte, daß ſie dem Worte Gottes am
gemaͤßeſten waͤren, ohne daß man ſie fuͤr unver-
aͤnderlich zu halten begehrte.
In Sachſen gab der Churfuͤrſt Johann bald
nach Antritt ſeiner Regierung uͤber einige ſchon vor-
genommene Veraͤnderungen ſeinen Beyfall zu erken-
nen, und ließ jetzt ferner geſchehen, daß evangeli-
ſche Prediger unter ſeinem landesfuͤrſtlichen Anſe-
hen ordinirt wurden, und mit Abſchaffung der
Meſſe das Abendmahl in Teutſcher Sprache hielten.
Er ließ eine Kirchenordnung abfaſſen, und eine
Kirchenviſitation durch mehrere geiſtliche und welt-
liche Raͤthe im ganzen Lande veranſtalten, die be-
ſonders dafuͤr ſorgen mußte, daß an allen Orten
ſoviel moͤglich tuͤchtige Pfarrer und Schullehrer
angeſtellt wurden, und der Gottesdienſt in gehoͤ-
rige Ordnung kam. Zuletzt wurde ein eignes Con-
ſiſto-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |