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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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8) Relig. Fr. 1555. c) Klöster etc.
unmittelbaren Stiftern gehalten werden sollte,
wenn ein Bischof oder Erzbischof oder anderer Prä-
lat, oder auch nur ein Domherr sich zur Augsbur-
gischen Confession bekännte? Auch hier bestand
der evangelische Religionstheil darauf, daß eine
allgemeine Gewissensfreyheit statt finden, und also
einem jeden frey gestellt werden müßte, ob er bey
der catholischen Religion bleiben, oder zur evan-
gelischen hinübergehen wolle.

Freylich wenn man bloß auf die bischöflicheVI.
Würde, als ein Kirchenamt, sehen wollte, so schien
es dem ersten Anblick nach eben so unthunlich,
daß ein catholischer Bischof, wenn er evangelisch
würde, seine Stelle behalten könnte, als ein evan-
gelischer Pastor, wenn er catholisch würde, bey sei-
ner Pfarre bleiben könnte. In so weit hatte es
allerdings seine gute Richtigkeit, daß ein Protestant
kein catholischer der päbstlichen Hierarchie unter-
worfener Bischof seyn konnte. Allein wie unsere
Teutsche Bisthümer und Erzbisthümer nun einmal
beschaffen waren, da ihre Besitzer zugleich als
Teutsche Reichsfürsten Land und Leute zu regieren
hatten, so war vors erste in der doppelten Eigen-
schaft, die ein jeder Bischof eines Theils als Bi-
schof, aber andern Theils zugleich als Teutscher
Reichsfürst und Landesherr in seiner Person mit
einander verband, unstreitig das Verhältniß so
ungleich, daß, wenn man die Sache aufrichtig
nehmen will, wie sie ist, die bischöfliche Würde
in Teutschland in der fürstlichen und landesherr-
lichen Würde sich beynahe gänzlich verliehrt. Nicht
jene, sondern diese ist es, die unsern hohen und
niedern Adel reizt, sich darum zu bewerben. Selbst

die
D d 5

8) Relig. Fr. 1555. c) Kloͤſter ꝛc.
unmittelbaren Stiftern gehalten werden ſollte,
wenn ein Biſchof oder Erzbiſchof oder anderer Praͤ-
lat, oder auch nur ein Domherr ſich zur Augsbur-
giſchen Confeſſion bekaͤnnte? Auch hier beſtand
der evangeliſche Religionstheil darauf, daß eine
allgemeine Gewiſſensfreyheit ſtatt finden, und alſo
einem jeden frey geſtellt werden muͤßte, ob er bey
der catholiſchen Religion bleiben, oder zur evan-
geliſchen hinuͤbergehen wolle.

Freylich wenn man bloß auf die biſchoͤflicheVI.
Wuͤrde, als ein Kirchenamt, ſehen wollte, ſo ſchien
es dem erſten Anblick nach eben ſo unthunlich,
daß ein catholiſcher Biſchof, wenn er evangeliſch
wuͤrde, ſeine Stelle behalten koͤnnte, als ein evan-
geliſcher Paſtor, wenn er catholiſch wuͤrde, bey ſei-
ner Pfarre bleiben koͤnnte. In ſo weit hatte es
allerdings ſeine gute Richtigkeit, daß ein Proteſtant
kein catholiſcher der paͤbſtlichen Hierarchie unter-
worfener Biſchof ſeyn konnte. Allein wie unſere
Teutſche Biſthuͤmer und Erzbiſthuͤmer nun einmal
beſchaffen waren, da ihre Beſitzer zugleich als
Teutſche Reichsfuͤrſten Land und Leute zu regieren
hatten, ſo war vors erſte in der doppelten Eigen-
ſchaft, die ein jeder Biſchof eines Theils als Bi-
ſchof, aber andern Theils zugleich als Teutſcher
Reichsfuͤrſt und Landesherr in ſeiner Perſon mit
einander verband, unſtreitig das Verhaͤltniß ſo
ungleich, daß, wenn man die Sache aufrichtig
nehmen will, wie ſie iſt, die biſchoͤfliche Wuͤrde
in Teutſchland in der fuͤrſtlichen und landesherr-
lichen Wuͤrde ſich beynahe gaͤnzlich verliehrt. Nicht
jene, ſondern dieſe iſt es, die unſern hohen und
niedern Adel reizt, ſich darum zu bewerben. Selbſt

die
D d 5
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[425/0459] 8) Relig. Fr. 1555. c) Kloͤſter ꝛc. unmittelbaren Stiftern gehalten werden ſollte, wenn ein Biſchof oder Erzbiſchof oder anderer Praͤ- lat, oder auch nur ein Domherr ſich zur Augsbur- giſchen Confeſſion bekaͤnnte? Auch hier beſtand der evangeliſche Religionstheil darauf, daß eine allgemeine Gewiſſensfreyheit ſtatt finden, und alſo einem jeden frey geſtellt werden muͤßte, ob er bey der catholiſchen Religion bleiben, oder zur evan- geliſchen hinuͤbergehen wolle. Freylich wenn man bloß auf die biſchoͤfliche Wuͤrde, als ein Kirchenamt, ſehen wollte, ſo ſchien es dem erſten Anblick nach eben ſo unthunlich, daß ein catholiſcher Biſchof, wenn er evangeliſch wuͤrde, ſeine Stelle behalten koͤnnte, als ein evan- geliſcher Paſtor, wenn er catholiſch wuͤrde, bey ſei- ner Pfarre bleiben koͤnnte. In ſo weit hatte es allerdings ſeine gute Richtigkeit, daß ein Proteſtant kein catholiſcher der paͤbſtlichen Hierarchie unter- worfener Biſchof ſeyn konnte. Allein wie unſere Teutſche Biſthuͤmer und Erzbiſthuͤmer nun einmal beſchaffen waren, da ihre Beſitzer zugleich als Teutſche Reichsfuͤrſten Land und Leute zu regieren hatten, ſo war vors erſte in der doppelten Eigen- ſchaft, die ein jeder Biſchof eines Theils als Bi- ſchof, aber andern Theils zugleich als Teutſcher Reichsfuͤrſt und Landesherr in ſeiner Perſon mit einander verband, unſtreitig das Verhaͤltniß ſo ungleich, daß, wenn man die Sache aufrichtig nehmen will, wie ſie iſt, die biſchoͤfliche Wuͤrde in Teutſchland in der fuͤrſtlichen und landesherr- lichen Wuͤrde ſich beynahe gaͤnzlich verliehrt. Nicht jene, ſondern dieſe iſt es, die unſern hohen und niedern Adel reizt, ſich darum zu bewerben. Selbſt die VI. D d 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/459>, abgerufen am 23.11.2024.