Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.9) Aussicht wegen d. Churf. u. Jesuit. seines Alters und nach einem 13. jährigen Novi-tiate, mithin nach einer beiderseitigen hinlänglichen Prüfung zur Profession gelaßen wurde. Und dann ward doch noch ein großer Unterschied unter den Mitgliedern der Gesellschaft gehalten, nachdem man sie mehr oder weniger in den wahren Ge- heimnissen des Ordens einzuweihen gut fand. Ihre Subordination war aber so strenge, daß ein jeder Jesuit gänzlich seinem eignen Willen ent- sagen, und dem unbeschränktesten Gehorsame gegen seine Oberen sich unterwerfen mußte. So stand stuffenweise jeder Jesuit unter seinem Rector, die- ser unter dem Provinciale, und die ganze Gesell- schaft unter dem Generale des Ordens, der zu Rom seinen Sitz, und daselbst etliche Assistenten zum Beystande hatte. Dieser General bekam zu bestimmten Zeiten, oder so oft er es verlangte, schriftliche Berichte aus allen Provinzen, worin sowohl der innere Zustand der Gesellschaft und ihrer Mitglieder als andere die Gesellschaft interessirende Personen und Vorfälle aufs genaueste geschildert wurden. Dadurch war der General im Stande, aus allen Ländern und Welttheilen Nachrichten ein- zuziehen, und Einflüsse des Ordens geltend zu machen. So hatte dieser Orden, ehe man sichs versah,XI. Bey
9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit. ſeines Alters und nach einem 13. jaͤhrigen Novi-tiate, mithin nach einer beiderſeitigen hinlaͤnglichen Pruͤfung zur Profeſſion gelaßen wurde. Und dann ward doch noch ein großer Unterſchied unter den Mitgliedern der Geſellſchaft gehalten, nachdem man ſie mehr oder weniger in den wahren Ge- heimniſſen des Ordens einzuweihen gut fand. Ihre Subordination war aber ſo ſtrenge, daß ein jeder Jeſuit gaͤnzlich ſeinem eignen Willen ent- ſagen, und dem unbeſchraͤnkteſten Gehorſame gegen ſeine Oberen ſich unterwerfen mußte. So ſtand ſtuffenweiſe jeder Jeſuit unter ſeinem Rector, die- ſer unter dem Provinciale, und die ganze Geſell- ſchaft unter dem Generale des Ordens, der zu Rom ſeinen Sitz, und daſelbſt etliche Aſſiſtenten zum Beyſtande hatte. Dieſer General bekam zu beſtimmten Zeiten, oder ſo oft er es verlangte, ſchriftliche Berichte aus allen Provinzen, worin ſowohl der innere Zuſtand der Geſellſchaft und ihrer Mitglieder als andere die Geſellſchaft intereſſirende Perſonen und Vorfaͤlle aufs genaueſte geſchildert wurden. Dadurch war der General im Stande, aus allen Laͤndern und Welttheilen Nachrichten ein- zuziehen, und Einfluͤſſe des Ordens geltend zu machen. So hatte dieſer Orden, ehe man ſichs verſah,XI. Bey
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9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit.
ſeines Alters und nach einem 13. jaͤhrigen Novi-
tiate, mithin nach einer beiderſeitigen hinlaͤnglichen
Pruͤfung zur Profeſſion gelaßen wurde. Und
dann ward doch noch ein großer Unterſchied unter
den Mitgliedern der Geſellſchaft gehalten, nachdem
man ſie mehr oder weniger in den wahren Ge-
heimniſſen des Ordens einzuweihen gut fand.
Ihre Subordination war aber ſo ſtrenge, daß
ein jeder Jeſuit gaͤnzlich ſeinem eignen Willen ent-
ſagen, und dem unbeſchraͤnkteſten Gehorſame gegen
ſeine Oberen ſich unterwerfen mußte. So ſtand
ſtuffenweiſe jeder Jeſuit unter ſeinem Rector, die-
ſer unter dem Provinciale, und die ganze Geſell-
ſchaft unter dem Generale des Ordens, der zu
Rom ſeinen Sitz, und daſelbſt etliche Aſſiſtenten
zum Beyſtande hatte. Dieſer General bekam zu
beſtimmten Zeiten, oder ſo oft er es verlangte,
ſchriftliche Berichte aus allen Provinzen, worin
ſowohl der innere Zuſtand der Geſellſchaft und ihrer
Mitglieder als andere die Geſellſchaft intereſſirende
Perſonen und Vorfaͤlle aufs genaueſte geſchildert
wurden. Dadurch war der General im Stande,
aus allen Laͤndern und Welttheilen Nachrichten ein-
zuziehen, und Einfluͤſſe des Ordens geltend zu
machen.
So hatte dieſer Orden, ehe man ſichs verſah,
in der That die Herrſchaft der Welt an ſich ge-
zogen. Kein Cabinet war ihm undurchdringlich;
keine Angelegenheit ſo groß oder klein, wo er ſich
nicht einen Zugang und Einfluß zu verſchaffen wuß-
te, wenn es ihm darum zu thun war. — Und
nun wehe dem, wer in den Umſtaͤnden war, daß
ihn der Orden ſeine Uebermacht, ſeinen Haß, ſeine
Rachſucht konnte fuͤhlen laßen!
XI.
Bey
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