mehrere, allenfalls endlich alle Kreise mit ihrer vereinigten Macht zusammentreten.
IX.
Noch ward die Kreisverfassung unter Carl dem V. dazu benutzt, daß die Unterhaltung des Cam- mergerichts, als eine immer fortgehende Besteu- rung, auf sämmtliche Reichsstände nach ihrer Ein- theilung in zehn Kreise vertheilet blieb. Mit ande- ren Beyträgen an Volk und Geld, die etwa in Kriegs- oder Friedenszeiten von Reichs wegen er- fordert werden, kam unter dieser Regierung eine ganz andere sehr zufällig veranlaßte Einrichtung in Gang. Gleich auf Carls erstem Reichstage zu Worms ward zum Behuf eines Römerzuges, den Carl damals vor hatte, eine gewisse Anzahl Mann- schaft zu Pferde und zu Fuß bewilliget, und zu dem Ende ein Verzeichniß der Stände oder eine so ge- nannte Reichsmatrikel entworfen, worin genau bestimmt war, wie viel Mann zu Roß und zu Fuß ein jeder Reichsstand stellen sollte. Jedem Chur- fürsten waren z. B. 60. Mann zu Roß, und 277. zu Fuß angesetzt (nur Böhmen 400. zu Roß, und 600. zu Fuß), und so verhältnißmäßig den geistli- chen und weltlichen Fürsten, Prälaten, Grafen und Reichsstädten; unter andern Lothringen, Hes- sen, Würtenberg, Holstein eben soviel wie den Churfürsten; Baiern, Oesterreich, Burgund, Braunschweig-Lüneburg noch mehr; anderen desto weniger.
X.
Der damalige Römerzug gieng nun nicht vor sich. Als aber im Jahre 1535. zur Belagerung der von Wiedertäufern besetzten Stadt Münster eine Reichshülfe in Frage kam; beschloß der Reichs-
ab-
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
mehrere, allenfalls endlich alle Kreiſe mit ihrer vereinigten Macht zuſammentreten.
IX.
Noch ward die Kreisverfaſſung unter Carl dem V. dazu benutzt, daß die Unterhaltung des Cam- mergerichts, als eine immer fortgehende Beſteu- rung, auf ſaͤmmtliche Reichsſtaͤnde nach ihrer Ein- theilung in zehn Kreiſe vertheilet blieb. Mit ande- ren Beytraͤgen an Volk und Geld, die etwa in Kriegs- oder Friedenszeiten von Reichs wegen er- fordert werden, kam unter dieſer Regierung eine ganz andere ſehr zufaͤllig veranlaßte Einrichtung in Gang. Gleich auf Carls erſtem Reichstage zu Worms ward zum Behuf eines Roͤmerzuges, den Carl damals vor hatte, eine gewiſſe Anzahl Mann- ſchaft zu Pferde und zu Fuß bewilliget, und zu dem Ende ein Verzeichniß der Staͤnde oder eine ſo ge- nannte Reichsmatrikel entworfen, worin genau beſtimmt war, wie viel Mann zu Roß und zu Fuß ein jeder Reichsſtand ſtellen ſollte. Jedem Chur- fuͤrſten waren z. B. 60. Mann zu Roß, und 277. zu Fuß angeſetzt (nur Boͤhmen 400. zu Roß, und 600. zu Fuß), und ſo verhaͤltnißmaͤßig den geiſtli- chen und weltlichen Fuͤrſten, Praͤlaten, Grafen und Reichsſtaͤdten; unter andern Lothringen, Heſ- ſen, Wuͤrtenberg, Holſtein eben ſoviel wie den Churfuͤrſten; Baiern, Oeſterreich, Burgund, Braunſchweig-Luͤneburg noch mehr; anderen deſto weniger.
X.
Der damalige Roͤmerzug gieng nun nicht vor ſich. Als aber im Jahre 1535. zur Belagerung der von Wiedertaͤufern beſetzten Stadt Muͤnſter eine Reichshuͤlfe in Frage kam; beſchloß der Reichs-
ab-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0488"n="454"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Neuere Zeit. Carl <hirendition="#aq">V.</hi> 1519-1558.</hi></fw><lb/>
mehrere, allenfalls endlich alle Kreiſe mit ihrer<lb/>
vereinigten Macht zuſammentreten.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">IX.</hi></note><p>Noch ward die Kreisverfaſſung unter Carl dem<lb/><hirendition="#aq">V.</hi> dazu benutzt, daß die <hirendition="#fr">Unterhaltung des Cam-<lb/>
mergerichts,</hi> als eine immer fortgehende Beſteu-<lb/>
rung, auf ſaͤmmtliche Reichsſtaͤnde nach ihrer Ein-<lb/>
theilung in zehn Kreiſe vertheilet blieb. Mit ande-<lb/>
ren Beytraͤgen an Volk und Geld, die etwa in<lb/>
Kriegs- oder Friedenszeiten von Reichs wegen er-<lb/>
fordert werden, kam unter dieſer Regierung eine<lb/>
ganz andere ſehr zufaͤllig veranlaßte Einrichtung in<lb/>
Gang. Gleich auf Carls erſtem Reichstage zu<lb/>
Worms ward zum Behuf eines Roͤmerzuges, den<lb/>
Carl damals vor hatte, eine gewiſſe Anzahl Mann-<lb/>ſchaft zu Pferde und zu Fuß bewilliget, und zu dem<lb/>
Ende ein Verzeichniß der Staͤnde oder eine ſo ge-<lb/>
nannte <hirendition="#fr">Reichsmatrikel</hi> entworfen, worin genau<lb/>
beſtimmt war, wie viel Mann zu Roß und zu Fuß<lb/>
ein jeder Reichsſtand ſtellen ſollte. Jedem Chur-<lb/>
fuͤrſten waren z. B. 60. Mann zu Roß, und 277.<lb/>
zu Fuß angeſetzt (nur Boͤhmen 400. zu Roß, und<lb/>
600. zu Fuß), und ſo verhaͤltnißmaͤßig den geiſtli-<lb/>
chen und weltlichen Fuͤrſten, Praͤlaten, Grafen<lb/>
und Reichsſtaͤdten; unter andern Lothringen, Heſ-<lb/>ſen, Wuͤrtenberg, Holſtein eben ſoviel wie den<lb/>
Churfuͤrſten; Baiern, Oeſterreich, Burgund,<lb/>
Braunſchweig-Luͤneburg noch mehr; anderen deſto<lb/>
weniger.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">X.</hi></note><p>Der damalige Roͤmerzug gieng nun nicht vor<lb/>ſich. Als aber im Jahre 1535. zur Belagerung<lb/>
der von Wiedertaͤufern beſetzten Stadt Muͤnſter<lb/>
eine Reichshuͤlfe in Frage kam; beſchloß der Reichs-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ab-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[454/0488]
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
mehrere, allenfalls endlich alle Kreiſe mit ihrer
vereinigten Macht zuſammentreten.
Noch ward die Kreisverfaſſung unter Carl dem
V. dazu benutzt, daß die Unterhaltung des Cam-
mergerichts, als eine immer fortgehende Beſteu-
rung, auf ſaͤmmtliche Reichsſtaͤnde nach ihrer Ein-
theilung in zehn Kreiſe vertheilet blieb. Mit ande-
ren Beytraͤgen an Volk und Geld, die etwa in
Kriegs- oder Friedenszeiten von Reichs wegen er-
fordert werden, kam unter dieſer Regierung eine
ganz andere ſehr zufaͤllig veranlaßte Einrichtung in
Gang. Gleich auf Carls erſtem Reichstage zu
Worms ward zum Behuf eines Roͤmerzuges, den
Carl damals vor hatte, eine gewiſſe Anzahl Mann-
ſchaft zu Pferde und zu Fuß bewilliget, und zu dem
Ende ein Verzeichniß der Staͤnde oder eine ſo ge-
nannte Reichsmatrikel entworfen, worin genau
beſtimmt war, wie viel Mann zu Roß und zu Fuß
ein jeder Reichsſtand ſtellen ſollte. Jedem Chur-
fuͤrſten waren z. B. 60. Mann zu Roß, und 277.
zu Fuß angeſetzt (nur Boͤhmen 400. zu Roß, und
600. zu Fuß), und ſo verhaͤltnißmaͤßig den geiſtli-
chen und weltlichen Fuͤrſten, Praͤlaten, Grafen
und Reichsſtaͤdten; unter andern Lothringen, Heſ-
ſen, Wuͤrtenberg, Holſtein eben ſoviel wie den
Churfuͤrſten; Baiern, Oeſterreich, Burgund,
Braunſchweig-Luͤneburg noch mehr; anderen deſto
weniger.
Der damalige Roͤmerzug gieng nun nicht vor
ſich. Als aber im Jahre 1535. zur Belagerung
der von Wiedertaͤufern beſetzten Stadt Muͤnſter
eine Reichshuͤlfe in Frage kam; beſchloß der Reichs-
ab-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/488>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.