Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Alte Zeiten bis 888.
Nation vorher schon auf Teutschem Boden und in
den Niederlanden ingehabt hatte. Diese Gränzen
wurden aber schon unter Chlodowig und seinen
Söhnen durch weitere glückliche Unternehmungen
beynahe über das ganze heutige Frankreich und über
einen beträchtlichen Theil von Teutschland erweitert.


V.

Den ersten Angriff that Chlodowig selbst, nach-
dem er seine erste Eroberung in Gallien nur eini-
489germaßen befestiget hatte, schon im Jahre 489.
gegen die Thüringer. Diese mochten die Fränki-
sche Vorrückung in Gallien auf den Fuß genom-
men haben, als ob nach dem Beyspiele anderer
bisheriger Völkerzüge der bisherige Wohnsitz der
Franken auf Teutschem Boden damit erlediget wer-
den würde, und also von den Thüringern, die
nur nachrücken dürften, in Besitz genommen wer-
den könnte. Chlodowig belehrte sie aber bald eines
andern, da er die Thüringer in ihre ehemalige
Gränzen zurückwies. Ein Thüringischer König
Hermanfried vermählte sich hernach 500 mit einer
Schwestertochter des mächtigen Ostgothischen Kö-
nigs Theodorichs, dessen Schutz die Franken vor-
erst von weiteren Unternehmungen gegen die Thü-
ringer zurückhielt. Als aber Theodorich im Jahre
526. starb, und nur einen unmündigen Enkel hin-
terließ; griffen Chlodowigs Söhne noch in eben
dem Jahre die Thüringer von neuem an, und brach-
ten sie nach einem hartnäckigen Treffen an der Un-
strut ganz unter ihre Botmäßigkeit. Die Sachsen
hatten diesmal in Verbindung mit den Franken
die Thüringer zu gleicher Zeit angegriffen. Ein
Theil vom nördlichen Thüringen, das sich bisher
bis Magdeburg und Helmstädt erstreckt hatte, kam

dar-

I. Alte Zeiten bis 888.
Nation vorher ſchon auf Teutſchem Boden und in
den Niederlanden ingehabt hatte. Dieſe Graͤnzen
wurden aber ſchon unter Chlodowig und ſeinen
Soͤhnen durch weitere gluͤckliche Unternehmungen
beynahe uͤber das ganze heutige Frankreich und uͤber
einen betraͤchtlichen Theil von Teutſchland erweitert.


V.

Den erſten Angriff that Chlodowig ſelbſt, nach-
dem er ſeine erſte Eroberung in Gallien nur eini-
489germaßen befeſtiget hatte, ſchon im Jahre 489.
gegen die Thuͤringer. Dieſe mochten die Fraͤnki-
ſche Vorruͤckung in Gallien auf den Fuß genom-
men haben, als ob nach dem Beyſpiele anderer
bisheriger Voͤlkerzuͤge der bisherige Wohnſitz der
Franken auf Teutſchem Boden damit erlediget wer-
den wuͤrde, und alſo von den Thuͤringern, die
nur nachruͤcken duͤrften, in Beſitz genommen wer-
den koͤnnte. Chlodowig belehrte ſie aber bald eines
andern, da er die Thuͤringer in ihre ehemalige
Graͤnzen zuruͤckwies. Ein Thuͤringiſcher Koͤnig
Hermanfried vermaͤhlte ſich hernach 500 mit einer
Schweſtertochter des maͤchtigen Oſtgothiſchen Koͤ-
nigs Theodorichs, deſſen Schutz die Franken vor-
erſt von weiteren Unternehmungen gegen die Thuͤ-
ringer zuruͤckhielt. Als aber Theodorich im Jahre
526. ſtarb, und nur einen unmuͤndigen Enkel hin-
terließ; griffen Chlodowigs Soͤhne noch in eben
dem Jahre die Thuͤringer von neuem an, und brach-
ten ſie nach einem hartnaͤckigen Treffen an der Un-
ſtrut ganz unter ihre Botmaͤßigkeit. Die Sachſen
hatten diesmal in Verbindung mit den Franken
die Thuͤringer zu gleicher Zeit angegriffen. Ein
Theil vom noͤrdlichen Thuͤringen, das ſich bisher
bis Magdeburg und Helmſtaͤdt erſtreckt hatte, kam

dar-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Alte Zeiten bis 888.</hi></fw><lb/>
Nation vorher &#x017F;chon auf Teut&#x017F;chem Boden und in<lb/>
den Niederlanden ingehabt hatte. Die&#x017F;e Gra&#x0364;nzen<lb/>
wurden aber &#x017F;chon unter Chlodowig und &#x017F;einen<lb/>
So&#x0364;hnen durch weitere glu&#x0364;ckliche Unternehmungen<lb/>
beynahe u&#x0364;ber das ganze heutige Frankreich und u&#x0364;ber<lb/>
einen betra&#x0364;chtlichen Theil von Teut&#x017F;chland erweitert.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">V.</hi> </note>
          <p>Den er&#x017F;ten Angriff that Chlodowig &#x017F;elb&#x017F;t, nach-<lb/>
dem er &#x017F;eine er&#x017F;te Eroberung in Gallien nur eini-<lb/><note place="left">489</note>germaßen befe&#x017F;tiget hatte, &#x017F;chon im Jahre 489.<lb/>
gegen die Thu&#x0364;ringer. Die&#x017F;e mochten die Fra&#x0364;nki-<lb/>
&#x017F;che Vorru&#x0364;ckung in Gallien auf den Fuß genom-<lb/>
men haben, als ob nach dem Bey&#x017F;piele anderer<lb/>
bisheriger Vo&#x0364;lkerzu&#x0364;ge der bisherige Wohn&#x017F;itz der<lb/>
Franken auf Teut&#x017F;chem Boden damit erlediget wer-<lb/>
den wu&#x0364;rde, und al&#x017F;o von den Thu&#x0364;ringern, die<lb/>
nur nachru&#x0364;cken du&#x0364;rften, in Be&#x017F;itz genommen wer-<lb/>
den ko&#x0364;nnte. Chlodowig belehrte &#x017F;ie aber bald eines<lb/>
andern, da er die Thu&#x0364;ringer in ihre ehemalige<lb/>
Gra&#x0364;nzen zuru&#x0364;ckwies. Ein Thu&#x0364;ringi&#x017F;cher Ko&#x0364;nig<lb/>
Hermanfried verma&#x0364;hlte &#x017F;ich hernach 500 mit einer<lb/>
Schwe&#x017F;tertochter des ma&#x0364;chtigen O&#x017F;tgothi&#x017F;chen Ko&#x0364;-<lb/>
nigs Theodorichs, de&#x017F;&#x017F;en Schutz die Franken vor-<lb/>
er&#x017F;t von weiteren Unternehmungen gegen die Thu&#x0364;-<lb/>
ringer zuru&#x0364;ckhielt. Als aber Theodorich im Jahre<lb/>
526. &#x017F;tarb, und nur einen unmu&#x0364;ndigen Enkel hin-<lb/>
terließ; griffen Chlodowigs So&#x0364;hne noch in eben<lb/>
dem Jahre die Thu&#x0364;ringer von neuem an, und brach-<lb/>
ten &#x017F;ie nach einem hartna&#x0364;ckigen Treffen an der Un-<lb/>
&#x017F;trut ganz unter ihre Botma&#x0364;ßigkeit. Die Sach&#x017F;en<lb/>
hatten diesmal in Verbindung mit den Franken<lb/>
die Thu&#x0364;ringer zu gleicher Zeit angegriffen. Ein<lb/>
Theil vom no&#x0364;rdlichen Thu&#x0364;ringen, das &#x017F;ich bisher<lb/>
bis Magdeburg und Helm&#x017F;ta&#x0364;dt er&#x017F;treckt hatte, kam<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dar-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0060] I. Alte Zeiten bis 888. Nation vorher ſchon auf Teutſchem Boden und in den Niederlanden ingehabt hatte. Dieſe Graͤnzen wurden aber ſchon unter Chlodowig und ſeinen Soͤhnen durch weitere gluͤckliche Unternehmungen beynahe uͤber das ganze heutige Frankreich und uͤber einen betraͤchtlichen Theil von Teutſchland erweitert. Den erſten Angriff that Chlodowig ſelbſt, nach- dem er ſeine erſte Eroberung in Gallien nur eini- germaßen befeſtiget hatte, ſchon im Jahre 489. gegen die Thuͤringer. Dieſe mochten die Fraͤnki- ſche Vorruͤckung in Gallien auf den Fuß genom- men haben, als ob nach dem Beyſpiele anderer bisheriger Voͤlkerzuͤge der bisherige Wohnſitz der Franken auf Teutſchem Boden damit erlediget wer- den wuͤrde, und alſo von den Thuͤringern, die nur nachruͤcken duͤrften, in Beſitz genommen wer- den koͤnnte. Chlodowig belehrte ſie aber bald eines andern, da er die Thuͤringer in ihre ehemalige Graͤnzen zuruͤckwies. Ein Thuͤringiſcher Koͤnig Hermanfried vermaͤhlte ſich hernach 500 mit einer Schweſtertochter des maͤchtigen Oſtgothiſchen Koͤ- nigs Theodorichs, deſſen Schutz die Franken vor- erſt von weiteren Unternehmungen gegen die Thuͤ- ringer zuruͤckhielt. Als aber Theodorich im Jahre 526. ſtarb, und nur einen unmuͤndigen Enkel hin- terließ; griffen Chlodowigs Soͤhne noch in eben dem Jahre die Thuͤringer von neuem an, und brach- ten ſie nach einem hartnaͤckigen Treffen an der Un- ſtrut ganz unter ihre Botmaͤßigkeit. Die Sachſen hatten diesmal in Verbindung mit den Franken die Thuͤringer zu gleicher Zeit angegriffen. Ein Theil vom noͤrdlichen Thuͤringen, das ſich bisher bis Magdeburg und Helmſtaͤdt erſtreckt hatte, kam dar- 489

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/60
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/60>, abgerufen am 21.11.2024.